So
»Jetzt geh' i zum Soala Und kaf ma an Strick,
Bind 's Diandl am Buckl Trog's überall mit.«
Ein >G'sangl< aus der Heimat! Hier in Dschidda!
wird er eingeführt.
Kurz darauf stellt er sich als
„Violinist, Komiker, Schiffskoch, Privatsekretär, bookkeeper, Ehemann, merchant, Witwer, Rentier und jetzt Tourist nach Hause“
vor; der wunderbar-gallige Spruch „So steil sind die Karrieren“ fällt mir dazu ein.
Was thun Sie hier in Dschidda?«
»Nichts. Und Sie?«
»Nichts. Wollen wir einander helfen?«
»Natürlich, wenn es Ihnen nämlich recht ist!«
So sprechen die beiden eifrigen Menschen miteinander …
Dann gehen sie essen, Albani lädt zu sich ein:
„Hier ein Topf mit Apfelschnitten, gestern Abend in der Kaffeemaschine gekocht; es ist das Beste, was man in dieser Hitze genießen kann. Hier zwei Pfannkuchen, dort in der Tabaksbüchse gebacken - Jeder einen. Da noch ein Rest englisches Weizenbrot - ein Bißchen altbacken, geht aber noch. Sie haben gute Zähne, wie ich sehe. Dazu diese halbe Bombaywurst - riecht vielleicht ein wenig, thut aber nichts. In dieser Flasche ist echter, alter Cognac; wenn auch kein Wein, aber immer besser als Wasser; ein Glas habe ich nicht mehr, ist aber auch nicht nothwendig.“
Menschlichkeit und Lebensfreude zählen halt weit, weit mehr als „gehobenes Ambiente“, „Stil“ und was dergleichen mehr ist. „Wir aßen mit Lust“ heißt es dann auch kurz darauf. Und in Sachen Eigennutz, materielles Denken usw. gehen die beiden wie folgt miteinander um:
Sie rauchen?«
»Gern.«
»Hier! Es sind nur noch elf Stück; die theilen wir - Sie zehne und ich eine.«
»Oder umgekehrt!«
»Geht nicht.«
»Wollen es abwarten.«
Das sind „Kleinigkeiten“, aber sehr wesentliche, vielsagende. Das ist Karl May. Wie wir ihn von Gartow oder auch anderswo kennen.
Nach Schilderung des, sagen wir, bunten Lebenslaufs seines Gegenübers vermerkt Kara Ben May:
Der Mann gefiel mir. Er gab sich so, wie er war. Reich konnte er wohl nicht genannt werden; er machte auf mich den Eindruck eines Mannes, der grad so viel hat, als er braucht, und der damit auch herzlich zufrieden ist.
Die beiden reiten dann unter anderem noch in die Wüste und erleben Abenteuer; allein diese Kennlern-, Bewirtungs- und Eßszene gehört für mein Empfinden in all ihrer Schlichtheit zu den schönsten Stellen in Mays Gesamtwerk. Weil sich halt eine ganze Weltanschauung darin vermittelt.
Möglicherweise ist einer der zahlreichen Albanis in Mays Heimatort Vorbild für diese Figur, welcher genau, mag die Forschung herausfinden, hier tut es eher nichts zur Sache.
Warum nun diese kleine Würdigung des Martin Albani ? Nun, ich las heute etwas von wegen „Albani erfüllt die Funktion des "Comic Relief" eines Shakespeare'schen Narren“, und als ich das sah, habe ich gedacht, Nein, Martin Albani, die Schublade ist Dir nun wirklich zu klein, da kriegst Du ja keine Luft drin, wart', ich helf' Dir ein bisserl.

*
Im vierten Band des Zyklus, in den Schluchten des Balkan, begegnen wir Albani noch einmal wieder. Nicht nur das geographische Umfeld, die ganze Farbe der Erzählerei ist anders geworden in diesem Buch, insgesamt dunkler, unfroher. Und so erscheint auch Albani nur noch eher als ein müder gewordener Schatten des früheren, Lebensfreude-geprägten; sang- und klanglos trennen sich in Menlik seine und des Ich-Erzählers Wege, und die Betrachtungsweise des letzteren ist auch nicht mehr so recht die, die sie einmal war:
Er war ein leichtlebiger, unvorsichtiger Mensch, und leider hat er nicht lange mehr gejodelt. Von dieser Reise ist er freilich glücklich zurückgekehrt, hat aber kurze Zeit darauf während des Badens im Meere seinen Tod gefunden.
Friede seinem Andenken.
