Noch ein Aspekt ist erwähnenswert in Zusammenhang mit der Art der Schilderung der Snuffles in Silberlöwe I, bzw. ich möchte noch einmal etwas ausführlicher auf ihn zurückkommen.
Old Shatterhand hat Winnetou verloren, fühlt sich in existentieller Weise einsam und trifft, nach längerer Zeit der äußeren wie inneren Einsamkeit, wieder auf Menschen. Und zwar auf welche, die einen guten Ruf als Westmänner haben, die in seinem Hirn & Empfinden „positiv besetzt“ sind. „Das ist ja gerade der Witz (des öfteren bei Karl May), dass er immer wieder von Leuten,
auf die er eigentlich recht große Stücke hält, enttäuscht wird. Das ist ja viel interessanter als würden die von Anfang an platt als dumm und unfähig dargestellt“ schrieb ich schon seinerzeit zu Beginn des Threads.
Und auch diese – fähigen ! gut beleumundeten ! – Menschen („Wenn ich in der letzten Zeit nicht in der Stimmung gewesen war, eine Kameradschaft herbeizuwünschen, so hatte ich jetzt doch nichts dagegen, mit diesen Männern zusammenzutreffen. Sie waren grundehrliche Menschen und dabei so interessante Charaktere, daß es sich schon verlohnte, eine Strecke mit ihnen zusammenzureiten“) erweisen sich als „unzulänglich“ … (wie der Mensch halt ist. Jeder. Unzulänglich. Natürlich auch Old Shatterhand selber, der einmal mehr eigene Anteile im Außen gespiegelt sieht. Zwischen alles können und nichts können gibt es ja bekanntlich noch ein paar Abstufungen, ganz so digital oder schwarz-weiß wie viele das der Einfachheit halber offenbar gerne hätten ist die Welt halt nicht … „Ich hatte von den beiden Snuffles zwar als von ganz guten Westmännern gehört, doch zwischen Westmann und Westmann ist ein Unterschied. Mochten sie sich in gewöhnlichen und meinetwegen zuweilen auch in ungewöhnlichen Verhältnissen bewährt haben, hier galt es mehr als Ungewöhnliches“, also nicht einfach nur „unfähig und hilflos“ und fertig, wie z.B. Ulrich Schmid schreibt („Das Werk Karl Mays 1895-1905“).)
Nach dem Verlust Winnetous folgt also eine weitere Des-Illusionierung (da es sicher genug Leut’ gibt die diese Schreibweise für einen Fehler oder ein Versehen halten (oder sie gar nicht bemerken …), sei ihnen verraten, daß ich auf die eigentliche Wortbedeutung aufmerksam machen möchte (die anderen denen das klar war werden jetzt denken na jetzt will er sich aber ’n bisschen wichtig machen; das kommt dabei raus wenn man sich bissel Mühe gibt, das, was man meint, herüberzubringen …

)), deren Erfahrung (Erfahrung bezieht sich auf Des-Illusionierung, immer hübsch aufpassen mit den Klammern …) bei Büchner mit den Worten „Der Mensch ist allein, und der Mitmensch reicht keine helfende Hand“ und bei Kafka (einem Affen in den Mund gelegt …) mit „… denn alle Begleitung hielt sich, um im Bilde zu bleiben, weit von der Barriere“ ausgedrückt und noch woanders in eingängiger Weise nächtens in einem Garten geschildert wird. Diese [zunächst, vermeintlich …] bittere Erfahrung macht hier auch Old Shatterhand, sie helfen ihm nicht, die Westmänner, sie stören ihn, machen ihm Scherereien, er muß ihnen helfen statt sie ihm, um den Schlamassel, den sie immer wieder anrichten, in Grenzen zu halten helfen, anstatt weiterzukommen, obwohl, auch diese Erfahrungen gehören halt zum „Weiterkommen“ …
Und, sehr wichtig, er „ist ihnen nicht böse“ (die betreffende, in der Hinsicht ganz eindeutige Passage beim Abschied voneinander habe ich ja bereits im ersten Beitrag des Threads zitiert) und ist auch für sich nicht allzu verbittert oder negativ gestimmt, will sagen, er geht (ist) wenn man so will einen Schritt weiter, das ist eben nicht mehr nur die Erfahrung des letzten Endes Alleinseins (oder auch All-ein-seins …), sondern auch ihre [friedvolle, widerstands- & wertungsfreie] Akzeptanz.
Walther Ilmer (wie auch Marlies Bugmann oben im Thread, 'point of no return') hat darauf hingewiesen (im KMG-Reprint zu Silberlöwe I/II), daß die quälend lang-atmige (von langem Atem …) Passage am Anfang von Silberlöwe I eben auch Ausdruck der Krisis Karl Mays zum Zeitpunkt ihres Entstehens ist, ein Lebensgefühl widerspiegelt, eine Bewusstseins-Krisis. (Ich schreibe Krisis statt Krise um anzudeuten daß Krise oder auch Krisis eben letzten Endes nichts „Negatives“ ist, sondern ein Wandlungsprozeß, laut Wikipedia „eine problematische, mit einem Wendepunkt verknüpfte Entscheidungssituation“.) Die in literarischer Form dann dahingehend Konsequenzen zeitigt, daß er dann hinübergeht, in den Orient, zur Werk-Gesamtschau … Westen – Orient – „Persien“ …