markus hat geschrieben:
"Ein Schreiber? O jazik, o wehe, und ich habe dich für einen tapfern Beduinen gehalten! Was ist ein Schreiber? - Ein Schreiber ist kein Mann; ein Schreiber ist ein Mensch, welcher Federn ißt und Tinte trinkt; ein Schreiber hat kein Blut, kein Herz, keinen Mut, kein - - -"
In "Satan und Ischariot" kriegt er (u.a.)
Nun, ich habe im Fremdenbuche gefunden, daß Sie Escritor sind, und weiß, daß es in diesem Fache meist nur verkommene Existenzen gibt.
um die Ohren. Er weiß schon, was die Leut' so denken, th'is clear.
markus hat geschrieben: Man bemerke die Widersprüchlichkeit in Kara Ben Nemsis Aussage...
"Aber warum sagst du jedem, daß du ein Ungläubiger bist?"
"Darf man sich fürchten, die Wahrheit zu sagen?"
"Nein; aber du bist ja bereits auf dem Wege, ein Gläubiger zu werden. Wir sind auf dem Wasser, welches die Franken Bar-el-Hamra, das rote Meer nennen: dort liegt Medina und weiter nach rechts Mekka, die Städte des Propheten. Ich werde alle beide besuchen, und du, was wirst du tun?"
Er sprach die Frage offen aus, welche ich mir während der letzten Tage bereits heimlich vorgelegt hatte. Dem Christen, welcher sich nach Mekka oder Medina wagt, droht der Tod; so steht es in den Büchern zu lesen. Ist es wirklich so schlimm? Muß man hingehen und sagen, daß man ein Christ sei? Ist nicht vielleicht ein Unterschied zu machen zwischen einer ruhigeren Zeit und jenen Tagen, an welchen die großen Pilgerkarawanen eintreffen und der Fanatismus seinen Siedepunkt erreicht? Ich hatte oft gelesen, daß ein Ungläubiger keine Moschee betreten dürfe, und war dann später in verschiedenen Moscheen selbst gewesen. Konnte es mit dem Betreten der heiligen Städte nicht ähnlich sein? Ich hatte überhaupt den Orient in vielen, vielen Beziehungen ganz anders, und zwar nüchterner gefunden, als man sich ihn gewöhnlich vorzustellen pflegt, und konnte gar nicht recht glauben, daß ein kurzer, vielleicht nur stundenlanger Besuch in Mekka wirklich so furchtbar gefährlich sei. Der Türke hatte mich für einen Beduinen gehalten; es stand sehr zu vermuten, daß auch andere dieselbe Meinung von mir hegen würden. Und dennoch konnte ich zu keinem Entschluß kommen.

Eine direkte Widersprüchlichkeit sehe ich da nicht, eher eine Ambivalenz. (Die sehe ich sehr oft bei ihm ... und halte sie auch für durchaus angemessen. Eine "klare Linie" mag zwar positiv klingen, ist aber, wenn man's recht bedenkt, eher etwas für schlichte Gemüter ...) Er sagt ja nicht "Man darf sich nicht fürchten, die Wahrheit zu sagen !" sondern er sagt "Darf man sich fürchten, die Wahrheit zu sagen?", fragt sich das gewissermaßen selbst, beleuchtet die Dinge, auch dieses, mal mehr von dieser, mal mehr von jener Seite.
Dieser Tage habe ich mich übrigens erstmals gefragt, ob auch die Mekka-Episode auf einer anderen Leseebene zusätzlich noch für etwas anderes stehen mag, irgendein Erlebnis in der Heimat, vielleicht in Glauchau ? Irgend etwas mit dem Touch des 'Verbotenen', was auch zunächst verheißungsvoller erschien als es dann wirklich war, und was nach kurzem, unspektakulärem Verlauf schneller vorbei war als es angefangen hatte, und von dem außer großem Geschrei und Aufhebens, das andere machten, letztlich nicht allzuviel haften blieb ...