Christian Heermann
  

Villa »Shatterhand.«

   

Die Villa »Shatterhand.« wurde von der 1867 in Oberlößnitz gegründeten Baufirma der Gebrüder Moritz und Gustav Ludwig Ziller errichtet. Das Unternehmen erwarb sich Verdienste um die Gestaltung der gesamten Lößnitz. Zu den zahlreichen privaten und öffentlichen Bauwerken gehört unter anderem die Friedensburg (1870/71). Ein Werbeinserat offerierte ein breites Angebot: »Atelier für Architektur, Ausführung von Neubauten und Reparaturen in bekannter solider Weise. Verkauf von Bauplätzen und fertigen modern eingerichteten Villen in verschiedenen Lagen und Preisen. Vermiethung von Wohnungen.«

1890 war vom Rat der Gemeinde Radebeul für die betreffende, bis dahin als Ackerland, stellenweise auch zum Weinbau genutzte Feldmark ein Bebauungsplan konzipiert worden. An der projektierten Straße XI, der späteren Kirchstraße, kaufte die Firma Ziller im Jahr darauf 2.120 m2 Bauland, auf dem zwischen Frühjahr 1893 und August 1894 jene Villa mit asymmetrischer Vorderfront entstand, die Karl Mays Heim werden sollte. Aber noch über ein Jahr blieb das Gebäude ungenutzt.

Am 17. November 1895 kam May mit der Firma Ziller vertraglich überein, das Anwesen für 37.300 Mark zu erwerben; der Grundbuch-Eintrag erfolgte am 30. Dezember 1895. Bereits per 23. Dezember 1895 erhielt das befreundete Hamburger Ehepaar Felber Post:

»Kauf einer neuen Villa! Großer Umzug und neue Einrichtung! …« – mit der Absenderangabe ›Oberlößnitz, Dresden, Villa »Shatterhand.«‹. Der Name des Domizils wurde also umgehend kreiert und prangte in goldenen Lettern schon bald an der Fassade.

Nach den Feiertagen erfolgte am 14. Januar 1896 beim Gemeindeamt Radebeul die polizeiliche Anmeldung in der Kirchstraße 5.
 

Villa Shatterhand

  
Für das Ehepaar May begann der glücklichste Abschnitt des Lebens. »Gerade zu dieser Zeit stand unser Glück auf der Höhe«, erinnerte sich Frau Emma später. »Es verging kein Abend, wo wir uns nicht beim Gutenachtsagen, in voller Glückseligkeit die Worte zu riefen: ›Hühnelchen, die Villa ist unser. Kein Mensch kann sie uns rauben.‹ Wir freuten uns wie ein paar Kinder über ihre Puppenstube. Ja, ja das waren selige goldene Zeiten.«

Im Erdgeschoss, nach der Kirchstraße zu, befanden sich Salon (Empfangszimmer) und Wohnzimmer mit einer vorgelagerten Veranda in Holzkonstruktion mit großen Glasfenstern, dahinter das Esszimmer mit einer zweiten Veranda an der Gartenseite und die Küche. Im Obergeschoss waren, von der Straßenfront aus gesehen, links die Bibliothek und rechts das Arbeitszimmer mit der Tür zum offenen Balkon, im hinteren Teil das Schlafzimmer mit einem weiteren Balkon und, über der Küche, ein nicht näher beschriebenes ›Cabinett‹. Von 1903 bis 1909 wohnte in diesem Raum vermutlich Wilhelmine Beibler, die Mutter von Mays zweiter Frau. Das mit je zwei Zimmern und Kammern ausgebaute Dachgeschoss war für die Unterkunft des Dienstmädchens und von Gästen vorgesehen.

Zu den ersten der vielen Gäste, die die Villa »Shatterhand.« besuchten, gehörte der Linzer Jurastudent und Amateurfotograf Alois Schießer. Er stand seit 1893 mit May in Verbindung und wurde zu den Osterferien 1896 nach Radebeul eingeladen. Vor einer Kulisse im Garten und im Haus soll er insgesamt 101 Fotos aufgenommen haben – May als Old Shatterhand oder Kara Ben Nemsi oder ›in Civilkleidung‹ sowie Ansichten von der Bibliothek und vom Arbeitszimmer. Aus diesen Bildern wie aus Berichten weiterer Besucher lässt sich manches zum Interieur rekonstruieren.
 

Karl May in seinem Arbeitszimmer 

  
Das Arbeitszimmer war exotisch eingerichtet. Ein ausgestopfter Löwe zog die Blicke auf sich, ein Elchkopf mit Schaufelgeweih und andere Jagdtrophäen, Waffen und Kamelzaumzeug und vieles mehr zierte die Wände, über dem Schreibtisch hing eine bunte indianische Decke. Auch Winnetous Silberbüchse und den Bärentöter, die der Dresdner Büchsenmacher Oskar Max Fuchs 1896 anfertigte, konnte man bestaunen; der Henrystutzen kam erst 1902 durch Kauf hinzu. In der Bibliothek reichten die Regale bis knapp zur Decke, ein Tisch in der Mitte war mit Bücherstapeln bedeckt.
 

Pavillon

  
Auf »Sonderwunsch« hatte der Architekt Paul Ziller im Garten der Villa »Shatterhand.« noch 1896 auf einem »künstlichen Gebirge« einen kleinen chinesischen Pavillon bauen lassen (1974 wegen Baufälligkeit abgebrochen). Der in unmittelbarer Nähe stehende Brunnenengel war erst 1919 von dem Bildhauer Paul Peterich zur Erinnerung an die steinernen Engel in Mays Werk ›Der Mir von Dschinnistan‹ geschaffen worden; auch er verschwand 1974, wurde jedoch 2018 originalgetreu wiedererrichtet.

Als Karl May die Villa »Shatterhand.« bezog, stand die ›Old Shatterhand-Legende‹ in voller Blüte. Haus wie parkähnlich gestalteter Garten wurden Zeugen gastfreundschaftlicher Partys, etliche Bilder zeigen rund 20 Freunde und Besucher, Klara und Richard Plöhn sind in der Regel dabei. In einem Brief vom Oktober 1897 berichtete Emma May von 26 Teilnehmern an der abendlichen Tischrunde und von 30 Personen, die zu einem Feuerwerk im Garten geladen wurden.

Da Leser in wachsenden Scharen anströmten, bat May schon im August 1896 im Nachwort zum dritten Band der Buchausgabe ›Im Lande des Mahdi‹ dringend, »die kleine Mühe nicht zu scheuen, sondern vorkommenden Falles sich und mir den Gefallen zu thun, durch einige anfragende oder benachrichtigende Worte dafür zu sorgen, dass der Besuch kein vergeblicher wird!« An der Gartentür besagt eine Tafel: »Besuche von Fremden werden nur nach vorheriger schriftlicher Anmeldung empfangen.« Leseranfragen wurden ab 1896 mit vorgedruckten Briefen beantwortet.

Bis zum Beginn der Orientreise setzte sich das turbulente Treiben fort. Danach veränderte sich durch Mays Neuorientierung manches an der Ausgestaltung der Villa. Zahlreiche Gegenstände und Waffen aus dem Arbeitszimmer und Neuerwerbungen von der Reise kamen ins Vestibül, manches auch in den ›Orient‹ einem Zelt, das im heutigen Karl-May-Hain stand. Auch eine Flurecke der oberen Etage der Villa war mit Exotica geschmückt. Im neugestalteten Arbeitszimmer sorgten schwere Fenstervorhänge und eine orientalische Lampe für einen recht düsteren Eindruck.

Nach der Scheidung und Verheiratung mit Klara, verw. Plöhn, am 30.3.1903, gab es in der Villa »Shatterhand.« eine neue Hausfrau. Zahllose unschöne Szenen der letzten Monate, aus welchen Gründen auch immer, gehörten der Vergangenheit an.

Im Juni 1903 waren Karl May und Sascha Schneider in dessen Meißner Atelier zum ersten Mal zusammengetroffen. Wann der Maler seinen ersten Besuch in der Villa »Shatterhand.« machte (vermutlich im Oktober 1903), ließ sich nicht mehr feststellen. Aber noch im gleichen Jahr schuf er das Ölgemälde ›Der Chodem‹ oder ›Das Gewissen‹ (schwarz-weiß, 240 x 210 cm), das fortan die Besucher im Empfangssalon beeindruckte. Denselben Raum schmückten auch die Schneidersehen Kartons ›Sterbende Menschheit‹ (1903), ›Christus und Mohammed‹ (1904), ›Abu Kital‹ (1906) und ›Marah Durimeh‹ (1907). Im Jahre 1904 kam Sascha Schneider noch einige Male in die Villa »Shatterhand.«, nach seinem Umzug nach Weimar (Oktober 1904) vermutlich letztmalig im Juni 1905. Zahlreiche Briefe (bis 1910) dokumentieren eine für beide fruchtbare Freundschaft.

Einen der folgenschwersten Besuche gab es am 2. Mai 1904 in der Villa. In Gegenwart seines Freundes Max Dittrich empfing Karl May Rudolf Lebius, der sich nach dem versagten Darlehenswunsch zum bösartigsten Gegner des Schriftstellers entwickelte. In der folgenden Zeit musste May, wenn er Post oder Zeitungen zugestellt bekam, stets bangen, welchem neuerlichen Schlag er sich ausgesetzt sah. Am 4. Juli 1906 notierte Klara May ins Tagebuch: … mein Geburtstag, war ein furchtbarer Tag für mich. Wieder ein Lebiusartikel über Karl. Giebt es da gar keine Rettung? Ist man ohne jeden Schulz? Womit haben wir solche Folter verdient? …« Viele ähnliche Eintragungen bekunden die angstvolle Stimmung im Heim des geplagten Mannes.

Den schlimmsten Tag in der Villa »Shatterhand.« erlebte May am 9. November 1907. An jenem Sonnabend fand im Zuge des vom Münchmeyer-Anwalt Gerlach provozierten Meineid-Verfahrens eine Haussuchung statt. Untersuchungsrichter Larras und Staatsanwalt Seyfert (ein Schulfreund Gerlachs) vom Landesgericht Dresden und vier »Criminalgendarmen« durchwühlten acht Stunden lang alle Räume zwischen Keller und Dach und stellten sicher, was vielleicht einen ›Beweis‹ zum Meineid erbringen konnte – Briefe, Manuskripte, Verträge und und und: »Die sofortige Anfertigung eines Verzeichnisses der in Gewahrsam genommenen Gegenstände war bei deren großer Anzahl unausführbar«, hieß es im amtlichen Bericht.

Die Aktion hatte für May verheerende Folgen. Obwohl er keine ›Beweise‹ – mit der Konsequenz einer Zuchthausstrafe – befürchten musste, dann ja auch »mangels Beweises außer Verfolgung gesetzt« wurde, erlitt er einen Nervenzusammenbruch, von dem er sich nur langsam erholte.

Wenn sich Karl May in die allegorischen Reiseerzählungen flüchten konnte, brachte ihm das noch Stunden der Befriedigung. Andere Arbeiten jedoch wurden von seelischer Pein begleitet, so die in der Dresdner Druckerei gedruckten ›Prozeßschriften‹ (1905, 1909, aber auch jene von 1910 und 1911) oder die Selbstbiografie ›Mein Leben und Streben‹ (1910), vor allem jedoch die Handschrift ›Frau Pollmer, eine psychologische Studie‹, die nach der Haussuchung verfasst wurde. Die psychischen Qualen beim Niederschreiben werden bei den unsachlich wirkenden Haßausbrüchen vorstellbar. Immerhin schrieb May zur selben Zeit am ›’Mir von Dschinnistan‹.

Dieser Wechsel spiegelt sich auch in Klara Mays Tagebuch wider, wobei aber letztendlich das Negative durchschlägt: »Wie unendlich viel Liebe doch zu uns in’s Haus kommt. Wie sehr der Kummer an uns nagt … Wir sind am Ende unserer Kraft.« So zum Jahresbeginn 1908. Und am Ende von 1909: »Trauriger Abschluß des schönen Jahres. Viel, viel Freude und ebensoviel Leid.«

In den ersten Maitagen von 1910 kam Egon Erwin Kisch in die Villa »Shatterhand.«, nachdem er bereits am 14. April in der deutschsprachigen Prager ›Bohemia‹ einen warmherzigen Verteidigungsbeitrag für May geschrieben hatte. Der junge Lokalreporter und der 43 Jahre ältere Schriftsteller führten ein vertrauensvolles Gespräch – Grundlage für einen weiteren Artikel von Kisch für die ›Bohemia‹ vom 15. Mai, mit dem er den damals umfangreichsten wie sachkundigsten Beitrag zur Unterstützung Mays lieferte. Er hatte aber auch einen Mann gesehen, dessen »Lächeln vom hippokratischen Zug erbarmungslos durchstrichen wird.«

Mays Porträts der letzten Jahre zeigen den erschreckenden körperlichen Verfall. Im Zimmer im ersten Stockwerk zur Gartenseite der Villa »Shatterhand.« starb Karl May gegen 20 Uhr am 30. März 1912, seinem neunten Hochzeitstag mit Klara. Sie allein war in der Todesstunde zugegen.

Das Testament vom 8. März 1908 bestimmte Klara May zur Universalerbin, und nach ihrem Tode sollte alles »der mildthätigen Stiftung, die ich mit ihr besprochen habe, zufallen.« Klara May errichtete diese ›Karl May-Stifung‹ aber schon wenige Monate nach dem Tode des Schriftstellers. Die Urkunde vom 15. Februar 1913 bestimmte das Ministerium für Kultus und öffentlichen Unterricht in Dresden zum Stifungsvorstand. Durch Erbverträge vom 11. bzw. 23. Dezember 1913 und vom 26. Januar 1926 und durch ihr Testament vom 7. April 1941 mit Nachtrag vom 5. Mai 1942 erbte die Stiftung das gesamte von Karl und Klara May hinterlassene Vermögen einschließlich des literarischen Nachlasses und der Urheberrechte an den Werken. Zur Nutzung dieser Rechte war bereits am 1. Juli 1913 der Verlag der Karl-May-Stiftung (Fehsenfeld & Co.) gegründet worden, der ab 1. Januar 1915 den Namen Karl-May-Verlag Radebeul führte. Da schon 1917 durch die vom Verlag überwiesenen Beträge das Stiftungsvermögen mehr als 1000 Mark Jahreszinsen erbrachte, konnte man die ersten Spenden verteilen. Durch die Stiftung sollten in Not geratene Schriftsteller, Journalisten und Redakteure unterstützt werden. In einer zweiten Stufe waren Mittel zur Ausbildungsförderung vorgesehen.

Klara May blieb als Besitzerin in der Villa »Shatterhand.« bis zu ihrem Tode am 31. Dezember 1944 wohnen. Am 12. Dezember 1944 übertrug sie das Gebäude notariell an die Karl-May-Stiftung. Von den Besuchern, die noch zu ihren Lebzeiten in das Haus kamen, war Bertha von Suttner (12. Februar 1913) wohl die prominenteste Persönlichkeit.

Die Ansicht des Gebäudes hat sich einige Male verändert. So musste 1925 die hölzerne Veranda an der Straßenseite einer massiven Ausführung weichen, wobei auch die Zwischenwand zum Wohnzimmer verschwand. Der einstmals offene Balkon vor dem Arbeitszimmer in der ersten Etage wurde 1928 verglast und 1931 mit einem massiven Aufbau versehen. Im gleichen Jahr ersetzte man auch die offene Holzveranda an der Gartenseite durch einen massiven Bau mit großen Fensterflächen. Von 1950 bis 1984 befand sich darüber noch ein Aufbau mit gleichfalls großen Fenstern. Dieser Raum war im Rahmen eines Programmes zur Schaffung von Arbeits- und Wohnraum für Künstler entstanden.

Am 2. April 1960 erschienen vor dem Notar Michalicka des Staatlichen Notariats Dresden (Land) die Herren Hans Berninger und Dr. Camillo Harth als Vertreter der »Karl-May-Stiftung zu Dresden« – ausgewiesen unter anderem durch eine Vollmacht des damaligen Rates des Bezirkes Dresden – und Lothar Schmid – in eigener Sache wie in Vertretung von Katharina, Joachim und Roland Schmid zu Bamberg – und erklärten »sich darüber einig, dass der Karl-May-Stiftung keinerlei Urheber- oder Verlags- oder Persönlichkeitsrechte an irgendwelchen Werken Karl Mays oder sonstigem literarischen oder sonstigem schriftlichen Nachlass des Genannten zustehen, dass vielmehr alle diese Rechte einschließlich aller Bearbeitungsrechte oder sonstigen Verwertungsrechte irgendwelcher Art für die ganze Welt ausschließlich dem Karl-May-Verlag zustehen, soweit sie nicht auf den Verlag Joachim Schmid, Bamberg, übertragen wurden.« Die Beteiligten vereinbarten unter anderem, dass der Sitz des Verlages nach Bamberg verlegt wird sowie Inventar, Akten usw. des Verlages, Karl Mays Bibliothek, die Einrichtung seines Arbeitszimmers, und des Salons, Bilder von Sascha Schneider, »sonstige Gegenstände« – alles in allem »den weitaus größten Teil des ehemaligen Inventars« aus der Villa »Shatterhand.« und anderes mehr »durch Gütertransport nach Bamberg zu verbringen …« Auf dem »Wege der Abfindung« erhielt die Karl-May-Stiftung 50.000 M.

Mit einem Teil der aus der Villa »Shatterhand.« verbrachten (Gegenstände (Arbeitszimmer und Bibliothek) und einer aus der USA stammenden Sammlung von Indianerobjekten wurde in Bamberg ein Karl-May-Museum eingerichtet (bis 1969 Hainstraße 37, bis 1983 E.T.A.-Hoffmann-Sraße 2, heute E.T.A.-Hoffmann-Sraße 11).

In der Villa »Shatterhand.« war von 1961 bis Frühjahr 1984 u,a. ein Schulhort untergebracht. Für Besucher der »Villa Bärenfett« gab es keine Möglichkeit, das Haus zu betreten.

Im Februar 1984 bekam das Indianermuseun Radebeul wieder den Namen Karl-Mav-Museum. Im Zuge der Rekonstruktion und Erweiterung wurde auch die Villa »Shatterhand.« in den Ausstellungskomplex mit dem Thema ›Karl May – Leben und Werk‹ einbezogen. Am und im Gebäude begannen im April umfangreiche Bauarbeiten unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten. Die im neuen Glanz erstrahlenden Fassaden behielten ihre Konturen. Die Buchstaben Villa »Shatterhand.« bekamen einen neuen Blattgoldüberzug. An der Gartenseite musste die Veranda mit Aufbau abgebrochen und – nunmehr nur für das Erdgeschoss – neu gebaut werden. Neu sind auch das Kassenhäuschen, die beidseitig als Palisaden gestalteten Zäune und die jetzige Form der Gartenanlage. Besucher betreten das Erdgeschoss der Villa durch den hinteren Eingang zur Veranda mit Bildern und Zitaten prominenter Persönlichkeiten und Souvenirverkauf. Im anschließenden ehemaligen Esszimmer werden exotische Gegenstände aus dem Orient und Nordamerika gezeigt, die von den beiden Reisen (1899/1900 und 1908) oder aus späteren Erwerbungen stammen. Außerdem gibt es Informationen zur Geschichte der Villa »Shatterhand.« und der Ausstellung. Das frühere Wohnzimmer präsentiert unter anderem weitere orientalische Exponate, die drei berühmten Gewehre, Jagdrock und Fez der Kostümfotos, die von Selmar Werner geschaffenen Büsten Mays (Marmor) und Winnetous (Bronze) und umfangreiches Bildmaterial. Tafeln mit Text und Reproduktionen vermitteln einige Einblicke in Mays Leben; die Aussagen konzentrieren sich auf die Jahre vor 1874 und nach 1896. In diesem Raum beginnt auch die Dokumentation zum literarischen Schaffen, die sich im angrenzenden einstigen Empfangssalon fortsetzt. Vorgestellt werden wertvolle Erstausgaben (Zeitschriftendrucke und Bücher), eine Auswahl von Übersetzungen und zur Sekundärliteratur bis 1912 sowie von ›Gesammelten Werken‹. Vor dem Verlassen der Villa lenkt im Hausflur noch das große Bleiglasfenster mit farbigem orientalischem Motiv die Blicke auf sich.

Mit der Eröffnung der Ausstellung ›Karl May – Leben und Werk‹ am 9. Februar 1985 war der Name ›Karl-May-Museum‹ inhaltlich voll gerechtfertigt, denn vorher war es ein Indianermuseum.

Nach dem 12. Kongress der Karl-May-Gesellschaft 1993 in Dresden bemühte sich die Stiftung offiziell um die Rückführung der nach Bamberg verbrachten einzigartigen Gegenstände nach Radebeul. Ermöglicht wurde die Heimkehr durch die Vereinbarung zwischen Herrn Lothar Schmid und der Karl-May-Stiftung vom 26. Juli 1994.

Für den Erwerb dieser wertvollen persönlichen Gegenstände des Autors waren insgesamt 3,5 Millionen DM erforderlich. Dieses Geld wurde vom Bund, dem Freistaat Sachsen, dem Landkreis Dresden, der Stadt Radebeul, der Kreissparkasse Dresden und der Stiftung gemeinsam mit privaten Spendern aufgebracht.

Seit 30. März 1995 können die Besucher in den restaurierten Räumen der Villa »Shatterhand.« erstmals das Arbeitszimmer, die Bibliothek und das Empfangszimmer (›Sascha-Schneider-Zimmer‹) am originalen Ort in der Villa »Shatterhand.« besichtigen Damit wurden diese Räume, die gewissermaßen die ›Seele‹ dieses Museums darstellen, erstmals in der Geschichte des Karl-May-Museums gemeinsam mit großen Teilen der Sascha-Schneider-Kunstsammlung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Einige Wochen später wurde die Neugestaltung der Villa »Shatterhand.« durch die Einrichtung des ›Klara-May-Zimmers‹, im ehemaligen Balkon, abgerundet.
  

Villa Shatterhand 1997

  
In den folgenden Jahren wurde hin und wieder die Präsentation der Ausstellung im Erdgeschoss verändert, so dass z. B. die ›berühmtesten Gewehre des Wilden Westens‹ einen zentralen Platz einnahmen. Im ersten Obergeschoss kann man nunmehr auch in das kulturhistorisch wertvolle Besucherbuch elektronisch einen Einblick nehmen.

Heute wird der, der Fensterfront zugewandte, Teil des Ausstellungsraumes für wechselnde themenbezogene ›Kabinett-Ausstellungen‹ genutzt. Im Flur werden die Wirkungsgeschichte von Karl May als Bürger und Mäzen in Radebeul und die Bau- und Erwerbsgeschichte der Villa »Shatterhand.« thematisiert. Die Wände im Treppenhaus dienen der Würdigung der Sponsoren, die einen Stifterbrief erworben haben.


Öffnungszeiten: Dienstag–Sonntag: 10.00–18.00 Uhr
montags geschlossen (außer feiertags)
www.karl-may-museum.de

 

Der vorliegende Beitrag aus dem Buch ›Reisen zu Karl May‹ wurde nach dem Tod von Dr. Christian Heermann (1936–2017) von Ralf Harder und René Wagner ergänzt und aktualisiert.

    


 

Erinnerungstätten an Karl May

Reisen zu Karl May