Lieferung 17

Karl May

17. März 1883

Waldröschen
oder
Die Rächerjagd rund um die Erde.

Großer Enthüllungsroman
über die
Geheimnisse der menschlichen Gesellschaft

von

Capitain Ramon Diaz de la Escosura.


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zur Hand, um auch ihre Riemen zu durchschneiden. Schon hatte er dies bei Zweien gethan, da erhob sich ganz plötzlich in der Nähe einer der Indianer empor. Er hatte die Bewegungen des Apachen im halben Schlafe gehört. Zwar erhob Bärenherz sofort sein Messer und stieß es ihm in die Brust, aber der zum Tode Getroffene fand dennoch Zeit, einen lauten Warnungsruf auszustoßen.

»Vorwärts, zu den Pferden! Mir nach!« rief der Apache, indem er blitzschnell die Banden der übrigen Zwei löste.

Sie sprangen empor und stürzten zu den Pferden.

»Schnell, schnell, um Gotteswillen!« rief auch der Deutsche.

Er ergriff hüben und drüben eine der Damen und riß sie zu den Pferden hin; aber ihre Hand- und Fußgelenke waren von den Fesseln so eingeschnürt gewesen, daß sie kaum gehen konnten.

»Bärenherz!« rief der Deutsche in höchster Angst.

»Hier!« ertönte die Stimme des Apachen.

»Schnell herbei!«

Im nächsten Augenblicke war der Häuptling da. Er ergriff eine der Frauen, hob sie empor und eilte mit ihr zu den Pferden. Helmers that es mit der Anderen ebenso. Sie sprangen auf, zogen die Frauen zu sich auf das Pferd, schnitten die Lasso's durch, an denen die Thiere angepflockt gewesen waren, und jagten davon.

Das Alles war unter lauter Angst, aber auch mit der Schnelligkeit des Blitzes geschehen, aber keinen Augenblick zu früh, denn gerade in dem Momente, an welchem sie ihre Thiere in Bewegung setzten, krachten hinter ihnen die Schüsse der Comanchen.

Diese hatten gar nicht an die Möglichkeit eines Ueberfalles gedacht und darum fest geschlafen. Jetzt sprangen sie empor und griffen zu den Waffen. Sie bildeten ein wirres Durcheinander und merkten erst dann, was geschehen war, als die Gefangenen bereits davonsprengten. Nun warfen auch sie sich auf die noch übrigen Pferde und jagten den Entflohenen nach.

Helmers und der Apache ritten an der Spitze. Sie kannten den Weg, und jeder von ihnen hatte ein Mädchen vor sich liegen. Oben auf der Höhe wartete der Vaquero auf sie. Als er sie kommen hörte, stieg er auf und nahm die beiden andern Pferde am Zaum.

»Uns nach!« rief ihm Helmers zu, der ihn halten sah.

So ging die wilde Jagd bei voller Dunkelheit jenseits wieder in das Thal hinab, voran die Flüchtlinge und hinter ihnen die Comanchen, welche ohne Aufhören ihre Gewehre luden und abschossen, ohne jedoch Jemand zu treffen. Da endlich erreichte man die freie Prairie, und nun konnte man an eine Gegenwehr denken.

»Können Sie reiten, Sennora?« fragte Helmers seine Dame.

»Ja.«

»Hier ist der Zügel! Immer grad aus!«

Er sprang ab und stieg auf sein Pferd, welches der Vaquero am Zügel führte. Der Apache that ganz dasselbe. Sie bildeten nun die Nachhut und hielten mit ihren vortrefflichen Büchsen die Indianer in Schach. So ging es fort, bis der Morgen graute, und da zeigte es sich, daß die Comanchen weit zurückgeblieben seien, theils aus Vorsicht, theils wohl auch deshalb, weil sie ihre Thiere jetzt noch nicht so antreiben wollten, wie die Flüchtigen.


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»Wollen wir langsamer reiten?« fragte der Vaquero.

»Nein,« antwortete der Deutsche. »Immer fort, so schnell wie möglich, damit wir den Strom zwischen uns und die Comanchen bringen.«

Er konnte jetzt die beiden befreiten Frauen deutlich sehen und also genauer betrachten. Die Eine war eine Spanierin und die Andere eine Indianerin, aber Beide von einer ausgezeichneten Schönheit.

»Können Sie den Ritt noch aushalten, Sennora?« fragte er die Erstere.

»So lange, als Sie wollen,« antwortete sie.

»Wie soll ich Sie nennen?«

»Mein Name ist Emma Arbellez. Und der Ihrige?«

»Ich heiße Helmers.«

»Helmers? Das klingt Deutsch.«

»Ich bin auch wirklich ein Deutscher.«

»Woher?«

»Aus Mainz.«

»Ah, haben Sie Verwandte dort, die ebenso heißen?«

»Einen Bruder.«

»Ist er Steuermann?«

Er blickte ganz erstaunt zu ihr hinüber.

»Allerdings.«

»Den kenne ich!«

»Unmöglich!«

»Wirklich!«

»Woher?«

»Ich bin mit ihm gefahren.«

»Das wäre ja ein wunderbares Zusammentreffen!«

»Ja. Ich ging mit dem Vater nach dem Kontinente. Wir mußten eines Sturmes wegen auf Helena landen, um ein Leck auszubessern. Dort lag auch die »Jeffrouw Mietje« -«

»Ja, das ist sein Schiff!«

»Und Kapitän Dangerlahn nahm uns mit nach Hull.«

Dieses abgerissene Zwiegespräch war von einem Pferde herab zum andern hinüber während des eiligsten Rittes geführt worden. Jetzt ergriff der Deutsche den Zügel der Spanierin.

»Wollen Sie sich mir anvertrauen?«

»Gern.«

»Auch auf dem Wasser, ganz so wie meinem Bruder?«

»Ja. Werden wir denn Wasser haben?«

»Wir müssen über den Fluß.«

»Wird uns das gelingen?«

»Ich hoffe es. Leider sind nur Drei von uns bewaffnet; doch liegen dort am Rio Grande noch die übrigen Waffen, welche wir gestern den Comanchen abgenommen haben.«

»Sie haben schon gestern gekämpft?«


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»Ja. Wir trafen den Vaquero und hörten von ihm das Nähere. Wir erlegten seine Verfolger und beschlossen, auch Sie zu befreien.«

»Zwei Männer! Gegen so Viele!«

Es traf ihn ein leuchtender Blick aus ihren dunklen Augen, und er bemerkte, daß ihr Auge mit Wohlgefallen an seiner stattlichen Gestalt herunterlief; damit aber war auch die Unterredung beendet.

Als die fliehende Truppe den Rio Grande erreichte, hatte sie die Verfolger so weit hinter sich gelassen, daß man sie ganz aus den Augen verloren hatte. Die Waffen der erschossenen Indianer lagen noch hier und wurden unter Diejenigen vertheilt, welche keine Waffen hatten. Die vier männlichen Geretteten waren drei Vaqueros und ein Majordomo oder Hausmeister.

»Was thun wir?« fragte der Letztere. »Erwarten wir die Indianer hier, um ihnen einen Denkzettel zu geben? Wir haben jetzt acht Gewehre.«

»Nein, wir setzen über. Drüben haben wir den Fluß als Vertheidigungslinie vor uns. Die Damen nehmen im Kanoe Platz.«

So geschah es. Der Majordomo ruderte die Damen hinüber, während die Andern zu Pferde in das Wasser gingen. Es ging Alles ganz glücklich von statten. Und als man drüben anlangte, wurde das Kanoe versenkt und Anstalt zur Vertheidigung getroffen. Dabei hielt sich Emma Arbellez immer an der Seite des Deutschen.

»Warum reiten wir nicht sofort weiter, Sennor?« fragte sie.

»Die Klugheit verbietet uns das,« antwortete er. »Wir haben einen Feind hinter uns, der uns an Zahl bedeutend überlegen ist.«

»Aber acht Gewehre!« meinte sie muthig.

»Gegen fünfzig, die der Feind hat. Bedenken Sie, daß wir Damen zu beschützen haben!«

»So meinen Sie, wir wollen uns hier belagern lassen?«

»Nein. Die Comanchen glauben sicher, daß wir nach unserm Uebergang sofort weiter geritten sind. Sie werden also auch sogleich in das Wasser gehen, und wenn ihrer genug im Flusse sind, so können wir ihre Zahl derart lichten, daß sie von der Verfolgung ablassen müssen.«

»Wenn sie nun aber vorsichtig sind?«

»Inwiefern?«

»Erst Kundschafter herüberschicken?«

»Hm, wahrhaftig, es ist möglich, daß sie das thun!«

»Welche Maßregeln werden Sie dagegen treffen?«

»Wir reiten weiter und kehren auf einem Umwege zurück. Vorwärts also, ehe sie kommen!«

Man stieg wieder zu Pferde und sprengte in vollster Carriere in die jenseitige Ebene hinein. Dort schlug man einen Bogen und kehrte zurück. Man erreichte den Fluß etwas oberhalb der Stelle, an welcher man übergesetzt hatte. Das war kaum geschehen, so ließ sich drüben lauter Hufschlag hören.

»Sie kommen!« sagte der Major Domo.

»Haltet den Pferden die Nüstern zu, damit sie nicht wiehern!« gebot Helmers.

Das kluge Mädchen hatte doch richtig geahnt. Die Comanchen suchten drüben


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die Spuren ab, und dann ritten zwei von ihnen vorsichtig in den Fluß. Sie kamen herüber, suchten auch hier und fanden die Fährte, welche weiter fortführte.

»Ni-uake, mi ua o-o, ni esh miushyame - hier sehen wir sie; Ihr könnt kommen!« riefen sie hinüber.

Auf diese Aufforderung ging der ganze Trupp, ein Mann nach dem Anderen, in das Wasser. Der Fluß war so breit, daß der Erste der Comanchen das eine Ufer noch nicht erreicht hatte, als der Letzte das andere verließ. Die Flüchtlinge staken im Gebüsch versteckt. Jetzt war es Zeit für sie.

»Wohin zielen wir?« fragte der Major Domo.

»Auf die Ersten im Wasser. Die Beiden, welche bereits hüben halten, sind uns sicher!«

»Nur nicht Zwei auf einen Mann schießen!« warnte der Apache. »Zählt allemal Acht ab. Wir schießen so auf sie in der Reihe, wie wir hier in der Reihe stehen.«

»Gut, vortrefflich!« sagte Helmers. »Fertig?«

»Ja,« flüsterte es achtfach die Antwort.

»So Feuer!«

Die acht wohlgezielten Schüsse krachten in einem und demselben Augenblicke; ein einziger Kanonenschlag, und die acht vordersten Comanchen versanken im Wasser. Der Deutsche und der Apache hatten Doppelbüchsen, sie drückten ihre zweiten Läufe ab und ließen noch zwei Feinde versinken.

»Schnell wieder laden!« rief Helmers.

Es war wunderbar, ja fast lächerlich anzusehen, welche Wirkung die Salve auf die Ueberlebenden hervorbrachte. Die Comanchen rissen ihre Pferde herum und schwammen wieder dem entgegengesetzten Ufer zu. Viele von ihnen glitten vorsichtig von den Thieren herab und schwammen neben denselben, um sich durch sie decken zu lassen. Die Zwei aber, welche bereits am diesseitigen Ufer waren, zeigten sich als die Besorgtesten, aber auch - Unvorsichtigsten. Sie rissen ihre Büchsen herab und kamen im Galopp herbeigesprengt. Sofort zog der Deutsche den Revolver und schlich ihnen hinter dem Buschwerk entgegen. Sie sahen ihn nicht, und eben, als sie an der Stelle, wo er sich befand, vorüber wollten, drückte er zweimal ab. Sie stürzten todt vom Pferde.

»Holla, noch zwei geladene Gewehre!« rief Helmers.

»Die sind für uns!« antwortete Emma Arbellez.

»Können Sie schießen?«

»Alle Beide!«

»Dann schnell!«

Er sprang dahin zurück, wo er seine Doppelbüchse weggelegt hatte, und die beiden Damen ergriffen die Gewehre der zwei Comanchen. Das Alles war so schnell gegangen, daß seit der ersten Salve bis jetzt kaum eine Minute vergangen war. Man hatte wieder geladen.

»Feuer!« ertönte der Kommandoruf.

Die Feinde hatten das jenseitige Ufer noch nicht wieder erreicht; sie erhielten jetzt eine Salve aus acht einfachen und zwei Doppelgewehren, welche fast alle gut gezielt waren. Mehrere Verwundete wurden vom Flusse abwärts getrieben, und


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mehrere Unverletzte stellten sich todt, um die tapferen Vertheidiger zu täuschen, indem auch sie sich abwärts treiben ließen, um so den Kugeln zu entgehen.

»Laßt Euch nicht betrügen!« rief Helmers. »Schnell laden, und diesen Schuften längs des Ufers nach! Wer nicht untergeht, der hat noch Leben!«

Man gehorchte seinen Worten, und bald hatten die Comanchen weit über zwanzig Todte verloren. Sie staken nun drüben im Gebüsch und getrauten sich nicht wieder hervor.

»Jetzt mag es genug sein!« sagte der Deutsche.

»Sie werden uns nicht weiter verfolgen,« meinte der Apache. »Diese Hunde von Comanchen haben kein Hirn in ihren Schädeln!«

»Ich danke Ihnen für den Beistand, den Sie uns geleistet haben, Sennoras,« sagte Helmers. »Ich hatte keine Ahnung davon, daß Sie schießen wie ein Westmann.«

»Man ist in unsern einsamen Gegenden gezwungen, diese Fertigkeit sich anzueignen,« sagte Emma. »Denken Sie wirklich, daß wir jetzt nun unbelästigt bleiben?«

»Ich hoffe es!«

»So wollen wir aufbrechen. Dieser Ort, der so viel Leben gekostet hat, ist mir schauerlich, obgleich ich selbst auch zur Waffe gegriffen habe.«

»Dort sind die Pferde der beiden letzten Indianer; nehmen wir sie mit?« fragte Helmers.

»Versteht sich!« antwortete der Majordomo. »Ein indianisch zugerittenes Pferd hat stets einen guten Werth. Meine Vaqueros werden sie am Zügel nehmen.«

Nach einem nur kurzen Verweilen stieg man wieder auf und ritt nun wirklich in die Prairie hinein, in welche man sich bisher nur zum Scheine vertieft hatte. So oft und so scharf die Truppe auch den hinter ihr liegenden Horizont musterte, es zeigte sich doch keine Spur von Verfolgung mehr. So vergingen einige Stunden, und nun erlaubte man den Pferden, einen langsameren Schritt zu gehen, was auch die Unterhaltung erleichterte.

Bärenherz ritt, wie bereits vorher, so auch jetzt wieder an der Seite der wunderschönen Miztecas-Indianerin, während sich der Deutsche zu der Mexikanerin hielt.

»Wir sind nun fast einen Tag beisammen, ohne uns nur im Geringsten kennen gelernt zu haben,« sagte dieser Letztere zu seiner Dame. »Legen Sie das nicht auf Rechnung meiner Unhöflichkeit, sondern auf Rechnung der außerordentlichen Umstände!«

»O, ich meine doch, daß wir uns gerade im Gegentheile recht gut kennen!« meinte sie lächelnd.

»Inwiefern?«

»Ich weiß von Ihnen, daß Sie für Andere Ihr Leben wagen, daß Sie ein kühner und umsichtiger Jäger sind, und Sie wissen von mir, daß - daß - daß ich auch schießen kann.«

»Das ist allerdings etwas, aber nicht viel. Lassen Sie mich wenigstens meinerseits das Nothwendigste nachholen!«

»Ich werde Ihnen sehr dankbar sein, Sennor!«

»Mein Name ist Anton Helmers; ich bin der jüngere von zwei Brüdern.


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Wir wollten studieren, da aber die Mittel nicht ausreichten und der Vater starb, so ging mein Bruder zur See und ich nach Amerika, wo ich nach vielen Irrfahrten mich schließlich in der Prairie als Waldläufer etablirte.«

»Also Anton heißen Sie? Da darf ich Sie wohl Sennor Antonio nennen?«

»Wenn es Ihnen so beliebt, ja.«

»Aber wie kommen Sie so weit herab nach dem Rio Grande?«

»Hm, das ist eine Sache, von der ich eigentlich nicht sprechen sollte!«

»Also ein Geheimniß?«

»Vielleicht ein Geheimniß, vielleicht auch nur eine recht sehr große Kinderei.«

»Sie machen mich neugierig!«

»Nun, so will ich Sie nicht auf die Folter spannen,« sagte er lachend. »Es handelt sich nämlich um nichts mehr und nichts weniger als um die Hebung eines unendlich reichen Schatzes.«

»Was für eines Schatzes?«

»Eines wirklichen, aus kostbaren Steinen und edlen Metallen bestehenden Schatzes.«

»Und wo soll derselbe liegen?«

»Das weiß ich noch nicht.«

»Ah, das ist unangenehm! Aber wo haben Sie denn von dem Vorhandensein dieses Schatzes gehört?«

»Hoch droben im Norden. Ich hatte das Glück, einem alten, kranken Indianer einige nicht ganz werthlose Dienste zu leisten, und als er starb, vertraute er mir zum Dank dafür das Geheimniß von dem Schatze an.«

»Aber er sagte Ihnen die Hauptsache nicht, nämlich wo er liegt?«

»Er sagte mir, daß ich ihn in Mexiko zu suchen habe, und gab mir eine Karte mit, bei welcher sich ein Situationsplan befindet.«

»Und welche Gegend betrifft diese Karte?«

»Ich weiß es nicht. Die Karte enthält zwar Höhenzüge, Thalbildungen und Wasserläufe, aber keinen einzigen Namen.«

»Das ist allerdings höchst sonderbar. Weiß auch Shosh-in-liett, der Häuptling der Apachen, davon?«

»Nein.«

»Und doch scheint er Ihr Freund zu sein?«

»Er ist das allerdings im vollsten Sinne des Wortes.«

»Und mir, mir theilen Sie das Geheimniß mit, obgleich wir uns erst heute gesehen haben?«

Er blickte ihr mit seinen treuen, ehrlichen Augen voll in das Gesicht und antwortete:

»Es giebt Menschen, denen man es ansieht, daß man kein Geheimniß vor ihnen zu haben braucht.«

»Und zu diesen Personen rechnen Sie mich?«

»Ja.«

Sie erröthete, reichte ihm die Hand und sagte:

»Sie täuschen sich nicht. Ich werde Ihnen dies beweisen, indem ich ebenso aufrichtig gegen Sie bin und Ihnen eine auf ihr Geheimniß bezügliche Mittheilung mache. Soll ich, Sennor?«


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»Ich bitte Sie sogar darum!« antwortete er mit überraschter Miene.

»Ich kenne nämlich Einen, der auch nach diesem Schatze trachtet.«

»Ah! Wer ist es?«

»Unser junger Prinzipo, der Graf Alfonzo de Rodriganda de Sevilla.«

»Er weiß von dem Schatze?«

»O, wir Alle wissen, daß die früheren Beherrscher des Landes ihre Schätze verbargen, als die Spanier Mexiko eroberten. Außerdem giebt es Orte, an denen das gediegene Gold und Silber in Massen zu finden ist. Man nennt solche Orte eine Bonanza. Die Indianer kennen diese Orte, sterben aber lieber, als daß sie einem Weißen ihr Geheimniß anvertrauen.«

»Und diesem Alfonzo de Rodriganda hat es doch Einer anvertraut?«

»Nein. Wir bewohnen die Hazienda del Erina, und es geht die Sage, daß in der Nähe derselben sich eine Höhle befindet, in welcher die Herrscher der Miztecas ihre Schätze versteckt haben. Es ist viel nach dieser Höhle gesucht worden; Graf Alfonzo hat sich die meiste Mühe gegeben, aber Keiner hat sie gefunden.«

»Wo liegt diese Hazienda del Erina?«

»Etwas über eine Tagereise von hier am Abhange der Berge von Cohahuila. Sie werden Sie sehen, denn ich hoffe, daß Sie uns bis dorthin begleiten!«

»Ich werde Sie nicht eher verlassen, als bis ich Sie vollständig in Sicherheit weiß, Sennora!«

»Sie werden uns auch dann noch nicht verlassen, sondern unser Gast sein, Sennor!«

»Gerade Ihre Sicherheit erfordert, daß ich Sie sofort wieder verlasse.«

»Wieso?«

»Wir haben eine Anzahl Comanchen getödtet, und ich bin vollständig überzeugt, daß uns einige Späher heimlich folgen werden, um zu sehen, wo wir zu finden sind. Sie werden uns, wenn diese Kundschafter nicht unschädlich gemacht werden, überfallen, um sich zu rächen. Darum werde ich bei der Hazienda mit Bärenherz umkehren, um die Späher zu tödten.«

Sie warf ihm einen besorgten Blick zu und sagte:

»Sie begeben sich in eine neue Gefahr!«

»Gefahr? Pah! Der Prairiejäger befindet sich stets in Gefahr, er ist an sie gewöhnt. Bleiben wir aber für jetzt bei unserem Thema, dem Schatze des Königs! Es weiß also Niemand, wo die Höhle zu suchen ist?«

»Wenigstens kein Weißer.«

»Aber ein Indianer?«

»Ja. Es giebt Einen, der den Schatz der Könige ganz sicher kennt, vielleicht sind es auch Zwei. Tecalto ist der einzige Nachkomme der einstigen Beherrscher der Miztecas; sie haben das Geheimniß auf ihn vererbt. Karja, welche dort neben dem Häuptling der Apachen reitet, ist seine Schwester, und es ist nicht unmöglich, daß er es ihr mitgetheilt hat.«

Helmers betrachtete die schöne Indianerin jetzt mit größerem Interesse als vorher.

»Ist sie verschwiegen?« fragte er.


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»Ich denke es,« antwortete sie. Dann fügte sie lächelnd hinzu: »Man sagt allerdings, daß Damen nur bis zu einem gewissen Punkte verschwiegen sind.«

»Und welcher Punkt ist dies, Sennora?«

»Die Liebe.«

»Ah! Es ist möglich, daß Sie Recht haben,« scherzte er. »Darf ich vielleicht erfahren, ob Karja bereits bei diesem Punkte angekommen ist?«

»Ich halte dies fast für möglich.«

»Ah! Wer ist der Glückliche?«

»Rathen Sie! Es ist nicht schwer.«

Die Stirn des Jägers zog sich scharf zusammen.

»Ich vermuthe es,« sagte er. »Es ist Graf Alfonzo, der ihr auf dem Wege der Liebenswürdigkeiten das Geheimniß entlocken will.«

»Sie rathen richtig.«

»Und Sie glauben, daß seine Bestrebungen Erfolg haben?

»Sie liebt ihn.«

»Und ihr Bruder, der Nachkomme der Miztecas? Was sagt er zu dieser Liebe?«

»Vielleicht weiß er noch nichts davon. Er ist der berühmteste Cibolero (Büffeljäger) und kommt nur selten einmal nach der Hazienda.«

»Der berühmteste Cibolero? Dann müßte ich ja seinen Namen kennen! Der Name Tecalto aber ist mir unbekannt.«

»Er wird von den Jägern nicht Tecalto genannt, sondern Mokaschi-motak.«

»Mokaschi-motak, Büffelstirn?« frug Helmers überrascht. »Ah, den kenne ich allerdings. Büffelstirn ist der bekannteste Büffeljäger zwischen dem Red-River und der Wüste Mapimi. Ich habe sehr viel von ihm gehört und würde mich freuen, ihn einmal zu sehen. Und Karja ist also die Schwester dieses berühmten Mannes? Da muß man sie ja mit ganz anderen Augen ansehen, als vorher!«

»Wollen Sie vielleicht Ihre Liebenswürdigkeit auch an ihr versuchen?«

Er lachte und antwortete:

»Ich? Wie kann ein Westmann liebenswürdig sein! Und wie könnte ich mit einem Grafen de Rodriganda in die Schranken treten wollen! Wäre es mir möglich, liebenswürdig zu sein, so würde ich dies bei einer ganz Anderen versuchen!«

»Und wer wäre diese Andere?« fragte sie.

»Nur Sie allein, Sennora!« antwortete er aufrichtig.

Ihr Auge leuchtete ihm glückverheißend zu, als sie antwortete:

»Aber bei mir könnten Sie ja nichts von Ihrem Königsschatze erfahren!«

»O, Sennora, es giebt Schätze, welche mehr werth sind, als eine ganze Höhle voll Gold und Silber. In diesem Sinne wünschte ich, einmal ein glücklicher Gambusino (Goldsucher) zu sein!«

»Suchen Sie, vielleicht finden Sie!«

Sie streckte ihm ihre Hand entgegen, und als er diese ergriff, war es ihnen Beiden, als ob ein elektrisches Fluidum von dem Einen auf das Andere überströme. Sie hatten sich verstanden.

Während dieser Unterredung war hinter ihnen eine andere geführt worden.


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Da ritt Bärenherz an der Seite der Indianerin. Sein Auge umfaßte mit verhaltener Gluth die schöne Gestalt seiner Nachbarin, welche mit einer Sicherheit auf dem halb wilden Pferde saß, als habe sie niemals anders als auf einem indianischen Männersattel geritten. Der schweigsame Häuptling war nicht gewohnt, seine Worte zu verschwenden; wenn er aber sprach, so hatte eine jede Sylbe das doppelte Gewicht. Karja kannte diese Art und Weise der wilden Indianer, und darum wunderte sie sich auch nicht darüber, daß er wortlos blieb. Doch fühlte sie es förmlich, daß sein Auge durchdringend auf ihr ruhte, und fast erschrak sie, als er sie anredete:

»Zu welchem Volke gehört meine junge Schwester?«

»Zu dem Volke der Miztecas,« antwortete sie.

»Das war einst eine große Nation und ist noch jetzt durch die Schönheit seiner Frauen berühmt. Ist meine junge Schwester eine Squaw (Frau) oder ein Mädchen?«

»Ich habe keinen Mann.«

»Ist ihr Herz noch ihr Eigenthum?«

Bei dieser direkten Frage, welche ein Weißer sicherlich nicht ausgesprochen hätte, röthete sich ihr dunkles Gesicht, aber sie antwortete mit fester Stimme:

»Nein.«

Sie wußte, daß es hier besser sei, die Wahrheit zu sagen, denn sie kannte die Apachen. Es veränderte sich kein Zug seines eisernen Gesichtes, und er fragte weiter:

»Ist es ein Mann ihres Volkes, der ihr Herz besitzt?«

»Nein.«

»Ein Weißer?«

»Ja.«

»Bärenherz beklagt seine Schwester. Sie mag es ihm sagen, wenn der Weiße sie betrügt.«

»Er wird mich nicht betrügen!« antwortete sie stolz und zurückweisend.

Ein leises, leises Lächeln zuckte um seine Lippen; er schüttelte leise den Kopf und entgegnete:

»Die weiße Farbe ist falsch und wird leicht schmutzig. Meine Schwester mag vorsichtig sein!«

Dies war das ganze Gespräch zwischen den Beiden, aber es war wenigstens ebenso folgewichtig, wie die Unterredung zwischen dem Deutschen und der Mexikanerin.

Im Verlaufe des Weiterrittes erfuhr Helmers, daß die beiden Frauen oben am Rio Pecos gewesen waren, um eine Tante der Mexikanerin zu besuchen, welche schwer krank darniederlag. Diese Verwandte war die Schwester von Emma's Mutter, also die Schwägerin des alten Petro Arbellez, welcher der Verwalter des Grafen Ferdinando de Rodriganda gewesen war, jetzt aber als Pächter des Grafen auf der Hacienda del Erina lebte. Die Pflege der beiden Frauen hatte den Tod der Tante nicht zu hindern, sondern nur zu verzögern vermocht. Später hatte Arbellez den Majordomo mit den Vaqueros geschickt, um die Tochter abholen zu lassen. Auf dem Rückwege waren sie von den Comanchen überfallen worden und wären ohne


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die Dazwischenkunft des Deutschen und des Apachenhäuptlings ganz sicher verloren gewesen.

Man ritt immer nach Süden zu. Der Tag neigte sich zu Ende; sie hatten nur noch eine Stunde bis zum Hereinbruche des Abends und befanden sich am Rande einer weiten Ebene, welche nun hinter ihnen lag, als der Apache sein Pferd anhielt und hinter sich zeigte:

»Ugh!« rief er.

Die Anderen drehten sich um, die Ebene zu durchmustern.

»Ich sehe nichts,« sagte der Majordomo.

»Wir auch nicht,« erklärten die Vaqueros, trotzdem sie Augen besaßen, welche gewohnt waren, in weite Fernen zu spähen.

»Was giebt es?« fragte Emma.

»Auch Sie sehen nichts?«, antwortete Helmers.

»Nein. Siehst Du etwas, Karja?«

»Nicht das Mindeste,« erklärte die Indianerin.

»Der Häuptling der Apachen kann doch nicht den Trupp wilder Pferde meinen, den man dort erblickt?« fragte der Majordomo.

»Uff!« sagte der Apache mit geringschätziger Miene.

»Gerade den meint er,« sprach der Deutsche.

»Was gehen uns die Mustangs an?«

»Sind sie wirklich so gleichgiltig, Sennor Majordomo?«

»Ja. Wir sind ja mit Pferden versehen!«

»Seht sie Euch genauer an!«

Ungefähr zwei englische Meilen hinter ihnen galoppirte eine Heerde von Pferden mit erhobenen Schwänzen und wehenden Mähnen einher. Sie kam immer näher. Kein Reiter, kein Sattel oder Bügel, kein Zügel, nicht die dünnste Schnur ließ sich sehen.

»Es sind Mustangs!« sagte der Majordomo nochmals.

»Uff!« rief der Apache zum zweiten Male, jetzt aber wirklich verächtlich.

Er lenkte sein Pferd wieder herum und ritt im Galopp vorwärts. Die Anderen mußten folgen. Emma drängte ihr Pferd wieder zu Helmers heran und fragte:

»Was hat der Apache?«

»Er ärgert sich.«

»Worüber?«

»Ueber die Dummheit des Majordomo.«

»Dummheit? Sennor Helmers, unser Majordomo ist ein sehr erfahrener Mann!«

»In zahmen Angelegenheiten vielleicht.«

»O nein. Er ist ein tüchtige Reiter und Schütze, ein Pfadfinder, der seines Gleichen sucht; man kann sich in jeder Beziehung auf ihn verlassen.«

»Ein Pfadfinder? Hm!« Jetzt blickte der Deutsche verächtlich d'rein. »Ja, ein Pfadfinder in den Straßen einer Stadt oder auf den Gassen eines Dorfes. Zu einem Rastreador, zu einem wirklichen, tüchtigen Pfadfinder gehört mehr. Sie sagen, daß man sich in jeder Beziehung auf ihn verlassen könne, und doch wären


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Sie verloren, wenn Sie jetzt nur allein auf seine Erfahrung und seinen Scharfsinn angewiesen wären.«

»Ah! Wieso?«

»Weil diese Pferde keine wilden Mustangs sind.«

»Was sonst?«

»Es sind die Comanchen, die uns verfolgen.«

»Die Comanchen? Man sieht doch nur die Pferde!«

»Ja, aber die Rothen sind dennoch dabei. Sie haben einen Riemen um Hals und Leib der Pferde gezogen, und in diesen Riemen hängen sie mit dem linken Arme und dem rechten Beine. Sehen Sie nicht, daß uns nur die rechten Flanken der Pferde zugekehrt waren, trotzdem sie grade hinter uns herreiten? Sie lassen ihre Thiere in schiefer Körperstellung galoppiren. Eine solche schiefe Haltung ist stets das sicherste Zeichen, daß ein Indianer sich hinter dem Pferde verbirgt.«

»Heilige Madonna! So werden sie uns abermals angreifen?«

»Entweder sie uns oder wir sie. Ich ziehe das Letztere vor. Der Apache ist ganz meiner Meinung. Sehen Sie, wie er nach beiden Seiten späht!«

»Was sucht er?«

»Einen Versteck für uns, von welchem aus wir die Comanchen fassen können. Lassen wir ihm Alles über. Er ist die tüchtigste und wackerste Rothhaut, die ich kenne, und auf ihn allein verlasse ich mich lieber, als auf tausende von Ihren Majordomos, so erfahren sie auch sind!«

»Gut! Verlassen wir uns auf ihn und auf noch Einen!«

»Auf wen?«

»Auf Sie.«

»Ah, wollen Sie das wirklich?« fragte er mit einem freudigen Aufleuchten seiner Augen.

»Von ganzem Herzen!« antwortete sie. »Sie loben nur den Apachen, aber Sie vergessen zu sagen, daß man Ihnen wenigstens ebenso vertrauen kann, als ihm.«

»Glauben Sie das wirklich?«

»Ja. Ich habe Sie beobachtet. Sie sind kein gewöhnlicher Jäger, und ich glaube sicher, daß auch Sie einen Ehrennamen tragen, den Ihnen die Trapper und Indianer gegeben haben.«

Er nickte.

»Sie errathen es.«

»Und welches ist Ihr Jägername?«

»O bitte, nennen Sie mich immer Antonio oder Helmers.«

»Sie wollen ihn mir nicht sagen?«

»Jetzt nicht. Wenn man ihn einmal zufällig nennen wird, werde ich mich zu erkennen geben.«

»Ah, Sie sind eitel! Sie wollen incognito sein wie ein Fürst.«

»Ja,« lachte er. »Ein guter Jäger muß ein klein wenig eitel sein, und Fürsten sind wir Alle, nämlich Fürsten der Wildniß, des Waldes und der Prairie.«

»Fürsten! ja, da fällt mir einer jener berühmten Namen ein.«

»Welcher?«


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»Matava-se.«

»Ja, der ist einer der Berühmtesten. Haben Sie von ihm gehört?«

»Viel. Er soll da oben in den Felsengebirgen gewesen sein.«

»Allerdings; darum nennen ihn die Indianer Matava-se, die englischen Trapper Rockyprince, und die französischen Coureurs sagen Prince du roc. Alle diese drei Namen bedeuten Ein- und Dasselbe, nämlich Fürst des Felsens.«

»Er ist ein Weißer?«

»Ja.«

»Haben Sie ihn gesehen?«

»Nein, aber ich habe gehört, daß er ein Landsmann von mir ist.«

»Ein Deutscher?«

»Ein Deutscher,« nickte Helmers. »Er soll Karl Sternau heißen und eigentlich ein Arzt sein. Er hat Amerika bereist und ist mehrere Monate lang mit unserem braven Bärenherz hier durch die gefährlichsten Regionen des Felsengebirges gestrichen. Jetzt befindet er sich längst wieder drüben auf dem Kontinente.«

Während dieses Gespräches hatte man im Galoppe den Weg fortgesetzt. Die offene Prairie lag hinter ihnen und sie ritten nun durch ein Hügel- und Felsengewirr, welches ganz geeignet war, ein Versteck zu bieten. Dies hatte der Apache gewollt, denn plötzlich bog er rechts ein und schlug einen schnellen, aber weiten Bogen, so daß sie nach bereits zehn Minuten eine Stelle erreichten, an welcher sie vorher vorbeigekommen waren.

Diese Stelle war von Bärenherz sehr vorsichtig gewählt worden. Die Truppe hielt nämlich auf einer von drei Seiten geschützten Anhöhe, welche steil in die Schlucht niederfiel, durch welche sie vorhin gekommen waren und welche also auch die Comanchen passiren mußten, wenn sie die Verfolgung wirklich fortsetzten.

Der Apache stieg vom Pferde und pflockte dasselbe an. Die Anderen thaten ebenso.

»Jetzt die Gewehre zur Hand,« gebot Helmers. »Wir werden nicht lange warten müssen.«

Die Anderen gehorchten diesem Gebote, sogar die beiden Mädchen ergriffen die erbeuteten Büchsen. Sie schritten vor bis an den Rand und legten sich dort auf die Lauer.

»Bst, Sennor!« winkte der Deutsche dem Majordomo. »Den Kopf zurück, damit wir nicht bemerkt werden. Diese Comanchen haben scharfe Augen.«

»Späher vorüber lassen!« sagte der Apachenhäuptling in seiner kurzen Weise.

»Was meint er?« fragte einer der Vaqueros.

»Das ist doch sehr einfach,« antwortete der Deutsche. »Die Comanchen werden natürlich vermuthen, daß wir auf den Gedanken kommen, ihnen aufzulauern. Daher werden sie wohl einen oder zwei Kundschafter voranreiten lassen, um sich zu überzeugen, ob wir einen Hinterhalt gelegt haben; sie kommen dann in sicherer Entfernung nach. Wir lassen also die Späher vorüber, welche unserer Fährte weiter folgen werden, und warten, bis die Anderen kommen. Aber wir schießen nicht auf's Geradewohl, sondern in der Reihenfolge wie wir liegen, damit keine Kugel verschwendet werde. Der Erste von uns schießt auf den ersten Comanchen, der Zweite auf den Zweiten und so weiter. Verstanden?«


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Die Vaqueros nickten zustimmend, und nun entstand eine Pause der Erwartung.

Da endlich hörte man den vorsichtigen Hufschlag zweier Pferde. Zwei Comanchen kamen langsam durch das Felsengewirr. Ihre scharfen Augen suchten jeden Quadratzoll der Umgegend ab, wurden aber getäuscht, da die Spur der Mexikaner weiter führte. Daß diese seitwärts einen Bogen geschlagen hatten und zurückgeritten waren, daran dachten die Wilden nicht. Sie ritten vorüber und verschwanden hinter den Steinen.

Nach einigen Minuten hörte man erneutes Pferdegetrappel. Die Uebrigen kamen. Sie ritten unbesorgt heran, da sie ihre Kundschafter vor sich wußten. Als der Letzte von ihnen in der Schlucht erschienen war, streckte der Apache sein Gewehr vor.

»Feuer!« kommandirte der Deutsche.

Die Büchsen krachten, diejengen des Deutschen und des Apachen zwei Mal, und ebenso viele Feinde stürzten von den Pferden. Die Anderen stockten einige Augenblicke. Sie wußten nicht, sollten sie fliehen oder den verborgenen Feind angreifen. Sie blickten rings umher und gewahrten da endlich den Pulverdampf oben auf der Höhe.

»Nlate tki - dort sind sie!« rief Einer, mit der Hand empor deutend.

So kurz diese Pause war, die Unentschlossenheit der Wilden hatte den Weißen doch Zeit gegeben, schnell wieder zu laden. Ihre Schüsse krachten von Neuem, und die Zahl der Gefallenen verdoppelte sich. Nun gab es für die wenigen Verschonten kein Halten mehr. Sie rissen ihre Pferde herum und flohen im gestreckten Galopp davon.

»Der Comanche ist ein Feigling!« meinte der Apache stolz.

Er stieg langsam die Stellung nieder, um sich die Skalpe der vier von ihm erschossenen Feinde zu holen. Auch die Anderen folgten, um sich der Waffen und reiterlosen Pferde zu bemächtigen. Nach einem Aufenthalte von einer Viertelstunde konnte der Weg wieder fortgesetzt werden.

»Nun werden wir für alle Zeiten sicher sein,« meinte Emma.

»Glauben Sie das nicht, Sennora!« sagte Helmers.

»Nicht? Ich dächte, die Lehre, die wir ihnen gegeben haben, sei hart genug!«

»Gerade deshalb werden sie auf Rache sinnen. Sehen Sie, daß der Apache da links hinüber blickt?«

»Ja. Was will er?«

»Dorthin führt die Fährte der beiden Späher, welche geflohen sind gleich den Anderen. Sie werden die Uebriggebliebenen treffen und uns folgen, bis sie wissen, wo wir sind und wo wir bleiben. Dann kehren sie um und holen genug Krieger, um die Hazienda zu überfallen.«

»O, die Hazienda ist fest. Sie ist eine kleine Festung.«

»Ich kenne diese Art von Meiereien oder Gutshöfen. Sie sind aus Stein gebaut und gewöhnlich mit Pallisaden umgeben. Was aber hilft das gegen einen Feind, der unvermuthet kommt?«

»Wir werden wachen.«

»Thun Sie das!«


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»Und Sie mit. Ich will doch hoffen, daß Sie unser Gast sein werden!«

»Ich muß sehen, was Bärenherz sagt. Von ihm kann ich mich nicht trennen.«

»Er wird bleiben!«

»Er ist ein Freund der Freiheit. Er hält es in einem Gebäude nie längere Zeit aus.«

»O,« lächelte sie, »ich sehe, daß er es aushalten wird.«

»Woher vermuthen Sie das?«

»Aus den Blicken, mit denen er Karja betrachtet.«

»Ha! Sie beobachten richtig, wie ich auch schon bemerkt habe. Aber ich denke, die Indianerin liebt bereits den Grafen?«

»Gewiß. Bärenherz sollte mich dauern, wenn er sich hinreißen ließe.«

»Dauern? Pah! Er ist von einem eisenharten Stoffe gemacht. Er wird nie um Liebe winseln und sich auch einer unerwiderten Neigung wegen nicht zu Tode jammern.«

»Aus welchem Stoffe sind denn Sie gemacht?« neckte sie.

»Vielleicht aus demselben.«

»So würden auch Sie nicht jammern?«

»Nie!«

»Und doch habe ich gehört, daß der Deutsche ein Herz hat, wie kein Anderer, so tief und so weich. Er soll sogar ein Herzenswort besitzen, welches in keiner anderen Sprache vorkommt.«

»Sie meinen das Wort »Gemüth«? Ja, dieses Wort hat kein anderes Volk. Der Deutsche allein hat ein Gemüth, aber er hat zugleich einen Charakter, und ein Prairiemann, mag er nun stammen von welchem Volke es nur immer sei, bettelt selbst um die Liebe nicht.«

»Das ist stolz!«

»Aber richtig. Das Weib, welches ich liebe, soll mich auch achten. Aber bitte, wir bleiben zurück. Der Apache eilt, weil es vor allen Dingen gilt, einen sicheren Lagerplatz aufzusuchen, und das wollen wir ihm durch unser Zögern nicht erschweren.«

Es ging in munterer Schnelligkeit vorwärts, bis sie einen breiten Wasserlauf erreichten. Der Apache folgte demselben, bis das Flüßchen einen Bogen bildete. Hier hielt er an.

»Hier sicher?« fragte er Helmers in seiner kurzen Weise.

Der Gefragte musterte mit prüfendem Blicke die Umgebung und nickte dann zustimmend.

»Hier ist's gut,« sagte er. »Von drei Seiten schützt uns der Fluß, und die vierte können wir recht gut bewachen. Steigen wir also ab!«

Sie sprangen Alle von den Pferden und richteten das Lager vor. Innerhalb des Dreiviertelkreises, welchen der Fluß bildete, und hart an dem Ufer desselben kamen die Pferde zu stehen; dann kam das Feuer, um welches sich die Gesellschaft lagerte, und die vierte, die Landseite, wurde von Büschen abgeschlossen, in welche man eine Wache legte.

Helmers richtete für Emma aus Zweigen und Laub ein weiches Lager vor; Bärenherz that dasselbe mit der Indianerin. Es war dies von Seiten des Apachen


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eine ganz und gar ungewöhnliche Auszeichnung, denn kein Wilder läßt sich herbei, eine Handreichung zu leisten, welche die Frau oder das Mädchen selbst thun könnte.

Nachdem man die Ereignisse des Tages ausführlich besprochen hatte, wozu jedoch der Apache kein Wort sagte, legte man sich zur Ruhe. Es war die Anordnung getroffen, daß ein jeder drei Viertelstunden wachen sollte. Bärenherz und Helmers hatten die letzten Wachen übernommen, da die Zeit kurz vor Beginn des Tages die gefährlichste ist, weil da die Wilden ihre Angriffe am Liebsten zu unternehmen pflegen.

Doch verging die Nacht ohne alle Störung, und man brach am Morgen mit erneuten Kräften auf. Während des Weiterrittes ließen sich die Comanchen nicht wieder sehen; man kam nach und nach in kultivirtere Gegenden und erreichte am Nachmittage das Ziel.

Unter einer Hazienda versteht man eine Meierei; doch sind diese mexikanischen Hazienda's sehr oft mit unseren größten Rittergütern zu vergleichen, da zu ihnen zuweilen ein Länderkomplex von der Größe eines deutschen Fürstenthums gehört.

Die Hazienda del Erina war ein so fürstlicher Besitz. Das massive Gebäude war aus Bruchsteinen erbaut und von Pallisaden umgeben, welche gegen räuberische Ueberfälle einen starken Schutz gewährten. Das Innere des einem Schlosse gleichenden Herrenhauses war auf das Feinste ausgestattet und zeigte eine solche Geräumigkeit, daß Hunderte von Gästen da Wohnung finden konnten.

Umgeben wurde das Haus von einem großen Garten, in welchem die prachtvollste tropische Vegetation in den strahlendsten Farben schimmerte und die üppigsten Düfte verbreitete. Hieran schloß sich auf der einen Seite der dichte Urwald, auf der anderen ein ausgedehnter Feldwuchs, und auf den beiden übrigen sah man große Weiden sich ausdehnen, auf welchen sich Herden tummelten, deren Stückzahl viele Tausende betrug.

Bereits als die Kavalkade an den Weiden vorüber ritt, kamen mehrere Vaqueros mit lautem Jubel herbeigesprengt, um die Kommenden zu begrüßen. Der Jubel aber wurde sehr bald zum Zornesausbruch, als sie erfuhren, daß so viele ihrer Kameraden unter den Händen der Comanchen gefallen seien. Sie baten sofort, einen Rachezug gegen die Rothen zu veranstalten.

Der Majordomo ritt der Kavalkade voran, um sie anzumelden. Darum stand, als die Reiter an der Estanzia anlangten, der alte Petro Arbellez bereits unter dem Thore, um seine Tochter und deren Begleiter zu begrüßen. Thränen der Freude standen ihm in den Augen, als er sie vom Pferde hob.

»Sei willkommen, mein Kind,« sagte er. »Du mußt auf dieser gefährlichen Reise viel gelitten haben, denn Du bist anders beritten und siehst sehr angestrengt aus.«

Sie umarmte und küßte ihn innig und antwortete:

»Ja, mein Vater, ich war in einer Gefahr, welche größer ist als Lebensgefahr.«

»O Gott, in welcher?« fragte er, indem er auch die Indianerin freundlich bewillkommnete.

»Wir wurden von den Comanchen gefangen.«

»Heilige Mutter Gottes! Sind die jetzt am Rio Pecos?«


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»Ja. Hier diese beiden Männer sind unsere Retter.«

Sie nahm den Deutschen und den Apachen bei der Hand und führte sie dem Vater zu.

»Dieser hier ist Sennor Antonio Helmers aus Deutschland und Dieser ist Shosh-in-liett, der Häuptling der Apachen. Ohne sie hätte ich die Squaw eines Comanchen werden müssen, und die Andern hätte man am Pfahle zu Tode gemartert.«

Dem alten braven Verwalter trat bereits vom blosen Gedanken daran der Angstschweiß auf die Stirn.

»Mein Gott, welch' ein Unglück, und doch zugleich auch wieder welch' ein Glück! Willkommen, Sennores, von ganzem Herzen willkommen! Ihr sollt mir Alles erzählen, und dann will ich sehen, wie ich Euch dankbar sein kann. Kommt herein, und seid die Herren dieses Hauses!«

Das war ein sehr freundlicher und liebenswürdiger Empfang. Ueberhaupt machte der Anblick des alten Mannes den Eindruck von Ehrlichkeit und Biederkeit; man mußte ihn sofort lieb haben.

Die Gäste kamen durch das Palisadenthor, übergaben ihre Pferde einigen Knechten und traten in das Gebäude. Während der Majordomo mit den Vaqueros in dem Vorraume zurückgeblieben, führte der Haciendero die beiden Andern mit den Damen nach dem Empfangszimmer, wo Platz genommen wurde, bis Emma in großen Umrissen ihr Abenteuer berichtet hatte.

»Mein Jesus,« klagte der Haciendero; »was müßt Ihr gelitten haben, Ihr beiden Mädchen! Aber Gott hat diese beiden Sennores gesandt, um Euch zu retten. Ihm und ihnen sei Dank gesagt. Was wird der Graf und was wird Tecalto sagen, wenn sie es hören!«

»Tecalto?« frug die Indianerin erfreut. »Ist Büffelstirn, mein Bruder da?«

»Ja, er ist gestern angekommen.«

»Und der Graf auch?« fragte Emma.

»Ja, bereits eine Woche.«

»Welcher? Graf Ferdinando?«

»Nein, sondern Graf Alfonzo. Ah, da ist er!«

Die Thür zu dem nebenan liegenden Speisesaale öffnete sich, und Graf Alfonzo trat heraus. Er trug einen rothseidenen, persisch in Gold gestickten Schlafrock, eine Hose vom feinsten, weißen französischen Linnen, blaue Sammet-Hausschuhe und einen türkischen Fez auf dem Kopfe. Er verbreitete einen solchen Odeur um sich, daß man hätte meinen können, in einer Parfümeriehandlung zu sein. Die offen gebliebene Thür erlaubte, einen Blick in den Speisesalon zu thun. Die Ausschmückung desselben war mehr als fein, war luxuriös, und an der Serviette, welche der Graf in der Hand trug, bemerkte man, daß er beschäftigt gewesen sei, in den Genüssen und Delicatessen Mexiko's zu schwelgen.

»Man nannte meinen Namen,« sagte er. »Ah, die schönen Damen sind es! Glücklich wieder zurückgekehrt, Sennoritas?«

Bei seinem Anblicke war die Indianerin blutroth geworden, was dem scharfen Auge des Apachen nicht entging; Emma aber blieb sich vollständig gleich. Sie antwortete kalt, wenn auch höflich:


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»Wie Sie sehen, Graf! Bald jedoch wären wir nicht wieder zurückgekehrt.«

»Ah! Warum? Ich hoffe doch nicht, daß ein Unfall -«

»Und doch war es ein kleiner Unfall, welcher uns betraf. Die Comanchen nahmen uns nämlich ein Wenig gefangen.«

»Donnerwetter!« rief er. »Ich würde sie züchtigen lassen!

»Das wird nicht sehr leicht sein,« meinte sie spöttisch. »Uebrigens sind wir ja gut davongekommen. Hier unsere Lebensretter!«

»Ah!« sagte er.

Er trat einige Schritte zurück, setzte den Zwicker auf die Nase, betrachtete sich die beiden »Retter«, zog ein sehr enttäuschtes Gesicht und sagte:

»Wer sind diese Leute?«

»Dieser Sennor ist Helmers aus Deutschland, und der Andere ist Bärenherz, der Häuptling der Apachen.«

»Ah, ein Deutscher und ein Apache! Das gehört allerdings zusammen. Wann reisen diese Sennores wieder ab? Doch sogleich?«

»Sie sind meine Gäste und werden bleiben, so lange es ihnen beliebt,« sagte der Haciendero.

»Aber Arbellez, wo denkt Ihr hin!« rief der Graf. »Seht Euch diese Männer an. Ich und sie unter einem Dache! Sie riechen nach Wald und Sumpf. Ich würde sofort abreisen!«

Der Haciendero richtete sich auf. Sein Auge flammte vor Zorn.

»Ich kann Ew. Erlaucht nicht halten,« sagte er. »Diese Sennores haben das Leben und das Glück meines Kindes gerettet; sie sind mir hoch willkommen.«

»Ah! Ihr widersteht mir?« sagte der Graf.

»Ja,« antwortete Arbellez fest.

»Wißt Ihr, daß ich hier der Gebieter bin?«

»Das weiß ich nicht!«

»Nicht?« zischte Alfonzo. »Wer sonst?«

»Ihr Herr Vater, Graf Ferdinando. Ihr seid hier nur als Gast anwesend. Uebrigens hätte selbst Graf Ferdinando keine Stimme in dieser Angelegenheit. Ich bin Pächter auf Lebenszeit. Wer will mir befehlen, wen ich bei mir empfangen soll oder nicht!«

»Verdammt, das ist stark!«

»Nein, stark war mir Ihre Unhöflichkeit und Rücksichtslosigkeit gegen meine Gäste. Wenn Ihnen der Wald- und Sumpfgeruch nicht angenehm ist, von dem allerdings ich ganz und gar nichts merke, so weiß ich hingegen nicht, ob diese Sennores nicht ihre Parfüms auffällig finden, die ich recht gut bemerke. Ich werde meine Gäste jetzt in den Speisesaal führen und überlasse es Ihnen, weiter zu speisen oder nicht.«

Er öffnete die Thür des Saales noch weiter und bat die Beiden mit der höflichsten Verbeugung, Zutritt zu nehmen. Der Indianer hatte wie völlig theilnahmslos dagestanden; kein Blick seines Auges hatte den Grafen getroffen, und fast schien es, als ob er auch kein Wort desselben verstanden habe. Er schritt stolz und wortlos in den Saal. Helmers dagegen wandte sich vorher zum Grafen:

»Sie sind Graf Alfonzo de Rodriganda?«


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»Ja,« antwortete der Gefragte erstaunt, daß ihn der Jäger anzureden wagte.

»So! Sennor Arbellez hatte vergessen, Sie auch uns vorzustellen. Sie sind der Geforderte. Was wählen Sie, Degen, Pistolen oder Kugelbüchsen?«

»Sie wollen sich mit mir schlagen?« frug er, noch viel erstaunter als vorher.

»Versteht sich! Hätten Sie mich draußen vor der Hacienda beleidigt, so hätte ich Sie niedergeschlagen wie einen dummen Jungen; da es aber unter dem Dache meines Gastfreundes geschah, so nahm ich Rücksicht auf ihn und auf die Gegenwart dieser Damen. Nun ich jedoch höre, daß Sie in diesem Hause eigentlich keinen Pfifferling gelten, so biete ich Ihnen die Wahl der Waffen an.«

»Schlagen? Mit Euch? Gott, wer seid Ihr denn? Ein Jäger, ein Herumläufer! Pah!«

»Also nicht? So seid Ihr ein Lump, ein Feigling, ein ganz erbärmlicher Wicht! Laßt Ihr auch diese Prädikate auf Euch sitzen, so seid Ihr gerichtet auf alle Zeit! Thut, was Euch beliebt!«

Er schritt dem Apachen nach. Der Graf stand ganz perplex.

»Arbellez, das leidet Ihr?« frug er den Haciendero.

»Wenn Ihr es leidet!« antwortete dieser. »Komm, Emma, komm, Karja! Unser Platz ist da drinnen bei den Ehrenmännern.«

»Ah, welche Niederträchtigkeit! Das werde ich Euch eintränken, Arbellez!«

»Versucht es!«

Der wackere Alte ging in den Saal, die beiden Damen mit ihm. Als jedoch Emma an dem Grafen vorüberschritt, sagte sie mit verächtlich gekräuselten Lippen und funkelnden Augen:

»Das war niederträchtig, das war armselig!«

Die Indianerin folgte ihr mit niedergeschlagenen Augen; es widerstrebte ihr, den Geliebten zu verachten, und dennoch konnte sie ihm nicht in das Gesicht sehen. Er blieb stehen; er kehrte nicht wieder nach dem Saale zurück. Er warf die Serviette zu Boden, stampfte sie mit den Füßen und knirschte:

»Das sollt Ihr büßen, und bald, bald, bald!« 

Nach dieser ohnmächtigen Zornesäußerung suchte er seine Zimmer auf.

Die Andern nahmen ein lukullisches Mahl ein. Da gab es große Schnitten von Wassermelonen mit fleischfarbigem Innern, deren wohlschmeckender Saft in rosigen Tropfen auf die silbernen Platten perlte; halb geöffnete Granaten, Früchte des Kerzenkaktus, Orangen, süße Limonen, Grenadillen und alle die Fleisch- und Mehlspeisen, an welchen die mexikanische Küche so überaus reich ist. Während des Essens wurden die Erlebnisse noch ausführlicher besprochen, als es bisher möglich gewesen war; dann bat der Haciendero, den Sennores ihre Zimmer anweisen zu dürfen.

Die beiden Freunde wohnten neben einander. Es war dem Deutschen doch unmöglich, lange in dem engen Raum zu bleiben; er verließ ihn und suchte den Garten auf, wo er sich von Wohlgerüchen umduften ließ, bis er hinaustrat in das Freie, um die herrlichen mexikanischen Renner auf der Weide zu beobachten.

Indem er so an den Palisaden hinschlenderte und um eine Ecke bog, erhob sich plötzlich vor ihm eine Gestalt, deren frappantes Aeußere ihn zum Stehen brachte. Der hohe, starke Mann war vollständig in ungegerbtes Büffelleder gekleidet, so wie


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die Ciboleros (Büffeljäger) sich zu tragen pflegen; aber auf dem Kopfe saß ihm der obere Theil eines Bärenschädels, von welchem einige Streifen Fell bis fast herab zur Erde schleiften. Aus dem breiten Ledergürtel guckten die Griffe von Messern und andern Werkzeugen; von der rechten Schulter bis zur linken Hüfte herüber hatte er einen fünffach geflochtenen Lasso um den Leib geschlungen, und an der Palisade lehnte eine jener alten, schmiedeeisernen Büchsen, wie sie vor hundert Jahren in Kentucky gemacht wurden, und die ein gewöhnlicher Mann nicht zu handhaben vermag, so schwer sind sie.

»Wer bist Du?« fragte Helmers im ersten Augenblicke des Erstaunens.

»Ich bin Büffelstirn, der Indianer,« antwortete der Gefragte.

»Tecalto bist Du? Mokashi-motak, der Cibolero?«

»Ja. Kennst Du mich?«

»Ich sah Dich noch nie, aber ich habe viel, sehr viel von Dir gehört.«

»Wer bist Du?«

»Mein Name ist Helmers; ich bin ein Deutscher.«

Das ernste Gesicht des Indianers klärte sich auf. Er war vielleicht fünfundzwanzig Jahre erst alt und konnte als eine Schönheit des indianischen Typus gelten.

»So bist Du der Jäger, welcher Karja, meine Schwester, befreit hat?«

»Der Zufall war mir hold.«

»Nein, das war kein Zufall. Du hast Dir die Pferde der Comanchen geholt und bist ihnen nachgeritten. Büffelstirn ist Dir vielen Dank schuldig. Du bist so tapfer wie Matava-se, der Fürst des Felsens, der auch ein Deutscher ist.«

»Kennst Du die Deutschen?«

»Ich kenne einige. Sie werden von den Amerikanern Dutchmen genannt. Sie sind stark und gut, tapfer und klug, wahr und treu. Ich habe gehört von Einem von ihnen, den die Apachen und Comanchen Itinti-ka, den Donnerpfeil nennen.«

»Gesehen hast Du ihn noch nicht?« fragte der Deutsche.

»Er heißt der Donnerpfeil, weil er schnell und sicher ist, wie der Pfeil und mächtig und schwer wie der Donner. Seine Büchse fehlt nie ihr Ziel, und sein Auge irrt auf keiner Spur. Ich habe viel von ihm gehört; ich habe ihn bisher noch nie gesehen, aber heute sehe ich ihn.«

»Wo?« fragte Helmers überrascht.

»Hier. Du bist es!«

»Ich? Woran erkennst Du mich?«

»Siehe Deine Wange an. Donnerpfeil hat einen Bowiemesserstich durch die Wange erhalten, das weiß ein Jeder, der einmal von ihm gehört hat. Solche Erkennungszeichen merkt man sich. Habe ich richtig gerathen oder nicht?«

Helmers nickte.

»Du hast recht. Man nennt mich allerdings Itinti-ka, den Donnerpfeil.«

»So danke ich Wahkonta (Gott), daß er mir erlaubt hat, mit Dir zu sprechen. Du bist ein tapferer Mann; reiche mir Deine Hand, und sei mein Bruder!«

Sie schlugen ein, und Helmers sagte:

»So lange unsere Augen einander erblicken, soll Freundschaft sein zwischen mir und Dir!«

Und der Indianer fügte hinzu:


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»Meine Hand sei Deine Hand und mein Fuß Dein Fuß. Wehe Deinem Feinde, denn er ist auch der meinige, und wehe meinem Feinde, da er auch der Deinige ist. Ich bin Du und Du bist ich; wir sind Eins!«

Sie umarmten sich.

Dieser »Büffelstirn« war kein Indianer nach Art der nördlichen Rothen. Er war gesprächig und mittheilsam, und doch wohl trotzdem nicht minder furchtbar, als einer jener schweigsamen Wilden, welche es für eine Schande halten, gleich einem Weibe den Gefühlen des Herzens Worte zu verleihen.

»Du wohnest in der Hacienda?« fragte Helmers.

»Nein,« antwortete der Büffeljäger. »Wer mag wohnen und schlafen in der Luft, welche zwischen Mauern gefangen ist. Ich wohne hier.«

Er deutete auf das Rasenstück, auf welchem er stand.

»So hast Du das beste Lager auf der ganzen Estancia. Ich konnte es in der Stube nicht aushalten.«

»Auch Bärenherz, Dein Freund, hat die Weide aufgesucht.«

»Er ist hier?«

»Ja. Ich habe bereits mit ihm gesprochen und ihm gedankt. Wir sind Brüder geworden, wie ich und Du.«

»Wo ist er?«

»Er sitzt da drüben bei den Vaqueros, welche von dem Ueberfalle der Comanchen erzählen.«

»Laß uns zu ihnen gehen!«

Der Indianer ergriff seine schwere Büchse, warf sie auf die Schulter und führte den Deutschen.

Weit draußen, mitten zwischen halb wilden, weidenden Pferdegruppen saßen die rauhen Vaqueros an der Erde und erzählten sich die Abenteuer ihrer jungen Herrin, die sich sehr schnell herumgesprochen hatten. Bärenherz saß schweigsam dabei. Er sagte kein Wort dazu, obgleich er Alles besser und wahrer hätte erzählen können. Die Beiden kamen und setzten sich mit zu den Anderen, welche sich nicht stören ließen, obgleich nun auch der zweite Held der Erzählung zugegen war. Dieser nahm zuweilen das Wort, und so entwickelte sich nach und nach eine jener fesselnden Unterhaltungen, welche man nur beim Lagern in der Wildniß zu hören bekommt.

Da drang ein zorniges Schnauben und Röcheln in das Gespräch hinein.

»Was ist das?« fragte Helmers, der sich bei diesem Geräusch schnell umdrehte.

»Es ist der Rapphengst,« antwortete Einer der Vaqueros.

»Was ist mit ihm?«

»Er soll verhungern, wenn er nicht gehorcht.«

»Verhungern? Warum?«

»Er ist unzähmbar.«

»Pah!«

»Pah? Sennor, zweifelt ja nicht! Wir haben uns alle Mühe mit ihm gegeben. Wir haben ihn nun schon dreimal im Corral gehabt, um ihn zu zähmen, aber wir mußten ihn immer wieder frei geben. Er ist ein Teufel. Wir Alle sind Reiter, das könnt Ihr glauben, aber Alle hat er abgeworfen, außer Einen.«


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»Wer ist dieser Eine?«

»Büffelstirn hier, der Häuptling der Miztekas. Er allein wurde nicht abgeworfen, aber dennoch hat er ihn nicht bezwungen.«

»Unmöglich! Wer nicht abgeworfen wird, der muß doch Sieger bleiben!«

»So dachten auch wir. Aber der Teufel von einem Rapphengst ist mit ihm in das Wasser gegangen, um ihn herabzutauchen, und als dies nichts fruchtete, hat er ihn in den dichtesten Wald getragen und einfach abgestreift.«

»Donnerwetter!« rief Helmers.

»Ja,« nickte Büffelstirn. »Es ist eine Schande, aber es ist wahr. Und ich darf mich doch rühmen, daß ich schon manches Pferd todt gemacht habe, welches nicht gehorchen wollte.«

Der Vaquero fuhr fort:

»Es sind viele berühmte Reiter und Jäger hier auf der Estanzia gewesen, um ihre Kraft und Gewandtheit zu versuchen, aber immer vergebens. Sie Alle sagen, daß es nur Einen giebt, der den Hengst bezwingen kann.«

»Wer sollte das sein?«

»Das ist ein fremder Jäger, da oben am Red-River, der selbst den Teufel in die Hölle reiten würde. Dieser Mann ist mitten in wilde Pferdetrupps gerathen und von Kopf zu Kopf über die Thiere hinweggelaufen, um sich das Beste herauszuholen.«

Helmers lächelte belustigt und fragte:

»Hat er einen Namen?«

»Das versteht sich!«

»Welchen?«

»Wie er eigentlich heißt, das weiß ich nicht, aber die Rothen nennen ihn Itinti-ka, den Donnerpfeil. Es haben viele Jäger, die aus dem Norden kamen, von ihm erzählt.«

Helmers ließ es sich nicht merken, daß von ihm selbst die Rede sei, auch Bärenherz und Büffelstirn zuckten mit keiner Miene. Der Erstere aber fragte:

»Wo ist das Pferd?«

»Dort hinter jener Truppe liegt es.«

»Gefesselt?«

»Natürlich.«

»Alle Teufel, das ist ein Unrecht!«

»Pah! Sennor Arbellez hält große Stücke auf seine Pferde, aber dieses Mal hat er doch geschworen, daß der Rappe gehorchen oder verhungern soll.«

»So habt Ihr ihm auch das Maul verbunden?«

»Versteht sich!«

»Zeigt mir ihn!«

»So kommt, Sennor!«

Eben, als sie sich vom Boden erhoben, sahen sie den alten Arbellez mit seiner Tochter und Karja herbei geritten kommen. Es war der gewöhnliche Inspektionsritt, den er vor Nachts zu unternehmen pflegte. Die Vaqueros ließen sich nicht stören und führten Helmers zu dem Hengste.

Dieser lag, an allen Vieren gefesselt und mit einem Korbe vor dem Maule am


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Boden. Die Augen waren ihm vor Wuth und Anstrengung mit Blut unterlaufen, jede einzelne Ader war zum Zerplatzen geschwollen, und aus dem Maulkorbe troff der Schaum in großen Flockentrauben.

»Alle Wetter, das ist ja die reine Sünde!« rief Helmers.

»Macht es anders, Sennor,« meinte der Vaquero, kaltblütig die Achseln zuckend.

»Das ist Thierquälerei! Das darf man nicht leiden! Auf diese Weise wird das edelste Pferd vollständig umgebracht!«

Er hatte sich ganz in Extase hinein geredet. Da kam Arbellez mit den Mädchen an.

»Was giebt es, Sennor Helmers, daß Ihr Euch so ereifert?« fragte er.

»Ihr bringt den Hengst um!« antwortete dieser.

»Das will ich auch, wenn er nicht gehorchen lernt!«

»Er wird gehorchen lernen, so aber nicht.«

»Wir haben Alles vergebens versucht.«

»Gebt ihm einen tüchtigen Reiter auf den Rücken!«

»Hilft nichts!«

»Pah! Darf ich es versuchen, Sennor?«

»Nein.«

Helmers sah ihn erstaunt an.

»Warum nicht?« fragte er.

»Weil mir Euer Leben zu lieb ist.«

»Pah! Ich will lieber sterben, als dieses länger mit ansehen. Ein guter Pferdemann hält das nicht aus. Also, darf ich den Rappen reiten? Bitte, Sennor!«

Da drängte Emma besorgt ihr Pferd heran.

»Vater, erlaube es ihm nicht!« bat sie ängstlich. »Der Rappe ist zu gefährlich.«

Der Deutsche blickte ihr mit einem glücklichen Lächeln in das Gesicht. Diese ihre Angst war ihm ja ein Beweis, daß er ihr nicht gleichgiltig sei; dennoch aber fragte er sehr ernst:

»Sennora, hassen Sie mich?«

»Hassen? Mein Gott, warum sollte ich das?«

»Oder verachten Sie mich?«

»Das ja noch viel weniger!«

»Nun, warum beleidigen Sie mich in dieser Weise? Nur ein Knabe unternimmt, was er nicht auszuführen vermag. Ich sage Ihnen, daß ich den Schwarzen ganz und gar nicht fürchte.«

»Sie kennen das Thier nicht, Sennor,« mahnte Arbellez. »Es sind Viele hier gewesen, welche behaupten, daß nur Itinti-ka, der Donnerpfeil, es bändigen könne.«

»Kennen Sie diesen Itinti-ka?«

»Nein, aber er ist der beste Rastreador (Pfadfinder) und Reiter, der zwischen den beiden Meeren lebt.«

»Und dennoch bitte ich um den Hengst!«


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»Ich warne Sie!«

»Ich bleibe bei meiner Bitte!«

»Nun wohl, ich rnuß sie Ihnen gewähren, denn Sie sind mein Gast; aber es thut mir leid um die Folgen. Zürnen Sie mir später nur nicht!«

Da stieg Emma schnell vom Pferde und trat auf Helmers zu.

»Sennor Helmers,« bat sie, seine Hand ergreifend, »wollen Sie nicht doch um meinetwillen von dem Pferde ablassen? Mir ist so unendlich angst!«

Er erglühte vor Wonne, und sein Auge traf mit einem glühenden Strahle das ihrige.

»Sennora,« sagte er, »sprechen Sie aufrichtig: Ist es eine Ehre oder eine Schande für mich, wenn ich erst behaupte, daß ich mich nicht fürchte, und dann doch zurücktrete?«

Sie senkte den Kopf; sie sah ein, daß er Recht hatte, daß er vor den Anderen, die ja Alle gute Reiter waren, gar nicht zurück konnte. Darum fragte sie kleinlaut:

»Sie wollen es also wirklich wagen?«

»O, Sennorita Emma, für mich ist das kein Wagniß!«

Er blickte ihr dabei mit einer so offenen, heiteren Zuversichtlichkeit in die Augen, daß sie zurücktrat und an die Möglichkeit des Gelingens glaubte.

»Wohlan, nun gilts!«

Mit diesen Worten trat er an den Hengst heran. Er wieß die Vaqueros zurück, welche ihm helfen wollten, die Fesseln abzunehmen. Das Thier wälzte sich noch immer schnaubend und stöhnend am Boden. Er nahm ihm den Korb ab und zog das Messer. Nur das Ende eines alten Lasso war dem Pferde um das Maul gebunden. Helmers nahm diesen Riemen in die Linke, schnitt mit dem Messer schnell die Fesseln erst der Hinter-, dann auch der Vorderbeine durch und saß, als der Rappe nun emporschnellte, wie angegossen auf dessen Rücken.

Jetzt begann ein Kampf zwischen Reiter und Pferd.

Jetzt begann ein Kampf zwischen Reiter und Pferd, wie ihn noch keiner der sich vorsichtig zurückziehenden Zuschauer gesehen hatte. Der Hengst ging abwechselnd vorn und hinten in die Höhe, bockte zur Seite, schlug und biß, warf sich zu Boden, wälzte sich, sprang wieder empor - immer blieb der Reiter über ihm. Es war zunächst ein Kampf der menschlichen Intelligenz gegen die Widerspenstigkeit eines wilden Thieres, dann aber wurde es ein Kampf allein der menschlichen Muskeln gegen die thierische Kraft. Das Pferd schwitzte förmlich Schaum, es schnaubte nicht, sondern es grunzte, stöhnte; es strengte den letzten Rest seines Willens an, aber der eisenfeste Reiter gab nicht nach; mit stählernem Schenkeldrucke preßte er das Pferd zusammen, daß diesem der Athem auszugehen drohte, und nun erhob es sich zum letzten Male mit allen Vieren in die Luft, dann - schoß es davon, über Stock und Stein, über Graben und Büsche, daß man es mit seinem Reiter in einer halben Minute bereits nicht mehr erblickte.

»Donnerwetter, so Etwas habe ich noch nicht gesehen!« gestand der alte Arbellez.

»Er wird den Hals brechen!« sagte einer der Vaqueros.

»Nun nicht erst,« meinte ein Anderer. »Er hat gesiegt.«

»O, war es mir angst!« gestand Emma. »Aber ich glaube nun wirklich, daß keine Gefahr mehr vorhanden ist. Nicht wahr, Vater?«

»Sei ruhig! Wer so fest sitzt und solche Stärke zeigt, der stürzt nun nicht


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erst herab. Das war ja gerade, als ob Teufel gegen Teufel kämpfte! Ich glaube, dieser Itinti-ka könnte es auch nicht besser machen!«

Da trat Büffelstirn heran und sagte:

»Nein, Sennor, er kann es nicht besser machen, sondern ganz genau gerade so.«

»Wie so? Ich verstehe nicht.«

»Dieser Sennor Helmers ist a Itinti-ka, der Donnerpfeil!«

»Was?« fuhr Arbellez auf. »Er? Der Donnerpfeil?«

»Ja. Fragt hier den Häuptling der Apachen!«

Arbellez richtete einen fragenden Blick auf den Genannten.

»Ja, er ist es,« sagte dieser einfach.

»Ja, wenn ich das wußte, so hätte ich keine solche Angst ausgestanden,« erklärte der Haziendero. »Es war mir wahrhaftig so, als ob ich selbst auf dem Thiere säße.«

Emma blickte still vor sich hin, aber in ihrem Auge brannte ein glückliches, inniges Licht. Er hatte Recht gehabt; er konnte nicht zurück; es hatte sich um seine Ehre gehandelt, und nun wußte sie, daß er ein noch viel größerer Held sei, als sie bisher gedacht hatte.

Voller Erwartung blieben Alle halten, und Keiner ging von dem Platze fort. So verging über eine Viertelstunde; da kehrte er zurück. Der Rapphengst war zum Zusammenbrechen müde, aber der Reiter saß lächelnd und frisch auf seinem Rücken. Emma ritt ihm entgegen.

»Sennor, ich danke Euch!« sagte sie.

Ein Anderer hätte gefragt: »Wofür?« Er aber verstand sie und lächelte ihr glücklich zu.

»Nun, Sennor Arbellez,« fragte er; »braucht es denn gerade wirklich nur dieser Itinti-ka zu sein?«

»Natürlich!«

»Na, ich denke, wir können ihn entbehren, denn ich kann es auch.«

»Weil Ihr es seid, ja.«

»Aha, so ist mein Geheimniß verrathen!« lachte er.

»Und das Incognito des Fürsten der Savanna zu Ende,« fügte Emma hinzu.

Es wurde ihm von allen Seiten die lauteste Bewunderung zu Theil; er aber wehrte das ab und sagte:

»Ich bin noch nicht fertig. Darf ich Sie auf Ihrem Ritte begleiten, Sennor Arbellez?«

»Ist das Pferd nicht zu müde?«

»Es muß; ich will es so!«

»Gut, so kommt!«

Sie ritten nun die weiten Plätze ab, auf denen Pferde, Rinder, Maulthiere, Schafe und Ziegen weideten, und kehrten dann nach Hause zurück; der Rapphengst wurde angepflockt. Als Karja, die Indianerin sich nach ihrem Zimmer begab und an der Thür des Grafen vorüberging, öffnete sich diese und Graf Alfonzo trat für einen Augenblick heraus.

»Karja,« frug er; »kann ich Dich heut sprechen?«

»Wann?« fragte sie.


Ende der siebzehnten Lieferung - Fortsetzung folgt.



Karl May: Waldröschen

Karl May – Forschung und Werk