Heute morgen las ich in „Unter den Werbern“ an einer entzückend liebevoll-galligen Stelle (die Beschreibung der Psyche der Mamsell Rosine) „Und so hatte sich denn ihr teures Bild zu ihm herabgeneigt“, und im Hirn gab es umgehend so etwas wie einen leichten Klingelton, klar, das ist fast wörtlich Ritter Toggenburg, Schiller; das Gedicht hat nicht nur offenbar Karl May, der es unter anderem schon im „Weg zum Glück“ davon hat, sondern auch den Schreiber dieser Zeilen seinerzeit nicht unwesentlich beeindruckt.
In der gut gemeinten Schulmeisterlein-Verbesserung in Band 42 lesen wir an der Stelle „Und so hatte sie sich denn freundlich zu ihm herabgeneigt“, teures Bild raus, freundlich rein, und schon haben wir vielleicht etwas gefälligeres Deutsch (auch das ist indes Geschmackssache …), aber nichts mehr von wegen Ritter Toggenburg … So ist das gelegentlich mit der Diamantenschleiferei …
Merke:
a.) Das Gegenteil von Kunst ist gut gemeint (Gottfried Benn)
b.) Kunst kommt von Können. Käme es von Wollen, müsste es Wunst heißen (Karl Valentin)
