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Am Ernstthaler Stammtisch ...
Verfasst: 18.5.2007, 15:10
von rodger
Jüngst im (Wach-)Traume sah ich …
u.a. Fedor Mamroth, Karl May, Regine Hildebrandt und Dr. Marterstein um einen runden Tisch sitzen (später kam auch noch Roman Herzog hinzu). Im fortgeschrittenen Stadium reichte der wider Erwarten letztlich doch sympathische Dr. Marterstein („Er war jedenfalls mit Leib und Seele bei seinem Beruf, hatte aber leider weiter nichts lernen können, als was Andere wußten, die - - nichts wußten.“ / „Der Hekim war, […] im Grund ein ganz gemüthlicher Mann“) einen Plastiklöffel mit weißen Kügelchen über den Tisch herüber, und sprach, mit etwas besorgtem Augenausdruck und leicht verlegen: „Ich halte ja nichts von dem Zeug und glaube auch nicht daran, aber wo meine Schulmedizin am Ende ist …“

Verfasst: 18.5.2007, 15:38
von marlies
monologue? ich sprech auch manchmal mit mir selber ... tu's nich, schluck die weissen Kuegelchen nicht !!! das Leben ist doch nicht so schlimm ... oder?
PS - Ausser May kenne ich keinen an dem Stammtisch ... aber ich haette schon noch ein paar Fragen an den Mayster persoenlich ... ob er wohl geneigt ist sie mir zu beantworten, mir eine Audienz zu genehmigen?
Verfasst: 18.5.2007, 15:59
von rodger
Da die Kügelchen laut Dr. Marterstein eh nicht wirken, können sie auch nicht schaden.
Ob das Leben schlimm sei oder nicht, das bleibt sich gleich, lässt Gast-Philosoph Hammerdull ausrichten, aber er genieße es oft sehr, wie dem nun auch sei.
Karl May hingegen zitiert gelegentlich abwechselnd einen gewissen Nathan alias Gotthold Ephraim Lessing („Denkt Ihr, dass ich Rätsel zu lösen da bin ?!“) und Dr. med. Georg Düser („Wenn Sie sich die Haare schneiden lassen wollen, dann gehen Sie nicht zu einem Klempner“). Aber wie ich ihn kenne, wird er Leseranfragen jeder Art mit seiner immer wieder mal durchkommenden herzhaften Menschlichkeit und Hang zur Eselsgeduld gerne beantworten (es sei denn, er kann mit der Frage nun gar nichts anfangen …).

Verfasst: 19.5.2007, 7:44
von rodger
Hildebrandt: (redet plötzlich nur noch Unfug)
May: „Gehauen nicht und nicht gestochen !“
Mamroth: (lächelt)
Hildebrandt, Marterstein: „What do you mean ?!“
Herzog: (zieht einatmend die Schultern etwas zusammen): „Man muß aber doch bedenken …“
Marterstein (will zu einem Kommentar ansetzen): „Ihr Deutschen …“
May: „Ach was !!“ (stößt Marterstein den Ellenbogen kräftig in die Seite, raunzt ihn an) „Wohl die falschen Kügelchen gegeben, was ?!“
(steht abrupt auf, wirft fast den Tisch um, stürmt hinaus, geht erst einmal spazieren …)
(muß dabei über einen im Weggehen noch aufgeschnappten Satz Herzogs heftig schmunzeln [aus thematisch ganz anderen Gründen] und entspannt sich langsam wieder)
Verfasst: 19.5.2007, 10:18
von marlies
Hildebrandt: "Wenn nicht gehauen, und nicht gestochen, was denn? Laeuft der immer so schnell davon?"
Verfasst: 19.5.2007, 11:50
von rodger
Namentlich noch unbekannte Teilnehmerin, zunächst fälschlicherweise für Frau Heidenreich gehalten: „Ja.“
Jürgen Flimm (erst sein zweiter Wortbeitrag): „H. hat neulich gesagt, der sei anstrengend. Das war noch höflich. Furchtbar, manchmal.“
Mamroth (schweigt).
May (nimmt wieder neben Marterstein Platz. Guckt entschuldigend.)
Namentlich noch unbekannte Teilnehmerin / Mamroth (denken: Rabauken-Fraktion.)
Mamroth (denkt: Warum tu ich mir das an …)
May (denkt: Warum tu ich mir das an …)

Verfasst: 19.5.2007, 12:42
von marlies
unbekannte Teilnehmerin zu May: "Und ? ... magst unsere Gesellschaft nu wieder? Draussen doch a bissrl kalt?"
Verfasst: 1.6.2007, 13:25
von marlies
<Szene: frueh am Abend — nur zwei am Stammtisch — Tuer geht auf — ein Gast tritt ein — schaut sich um — da es Winter ist und der warme Kachelofensitz so einladend ist, setzt er sich dahin — neben dem Stammtisch>
Fremder: “G’day”
Am Stammtisch Sitzender, erkennbar als Karl May, denkt: ‘G’…wat?”
Wirt fragt: “Was solls denn sein?”
Fremder; “Bring me a quart of colonial beer
And some doughy damper to make good cheer, …”
Wirt: “eh?”
Fremder: “One Glass good Deutsch Pilsner, bitterscheen.”
Wirt: “Tourist?”
Fremder: “Wie wissen sie that?”
Wirt: “Nur gut geraten … bringe das Bier gleich.” Schuettelt den Kopf und geht wieder hinter die Bar.
Am Stammtisch — Karl May: “Fritz—da is’n Auslaender!”
Fremder, hoeflich zu May: “G’day cobber!” … und zu Fritz: “G’day mate!”
May spitzt die Ohren, nimmt den Fremden scharf ins Aug: “Ich spreche 1200 Sprachen…”
Fritz: “Tust nich!”
May: “Tu ich doch!”
Fritz rollt die Augen.
May zum Fremden: “Good…d…you…woher kommst denn?”
Fremder: “I come from a land downunder…”
May: “Down…?”
Fremder: “Australia…from under the Southern Cross!”
May: “…Cross?…Lindsay…?”
Fremder: “What…?”
May: “Lindsay…David Lindsay…he…I…weisst…ick schick Lindsay to Australia!”
Fremder denkt: ‘Sandwich short of a picknick that one…’ sagt aber: “Ah…yeah…”
May: “May, Karl May.” streckt seine Hand dem Fremden entgegen … universale Geste …
Fremder schuettelt sie: “G’day Charley…Paterson, Andrew…you can call me Banjo!”
May: “Can…Banjo…yes! …me…Sharlih!” grinst.
Verfasst: 7.6.2007, 8:28
von rodger
Manchmal, räsonnierte May eines Morgens, ist Mamroth wirklich nur ein langweiliges, dürftiges Schulmeisterlein. Ich glaube ich habe ihn überschätzt. Manchmal bin ich wirklich zu gutmütig und wohlwollend.

Verfasst: 7.6.2007, 12:47
von marlies
<scene -- Banjo sitzt schon am Tisch -- ist inzwischen ein temporaerer Stammkunde geworden {bis zu seiner Abreise} -- May tritt ein ...>
Banjo: 'G'day Sharlih, shoener Abend fuer ein Beer.'
May: 'Ja wenn's Du sagst.'
Banjo: 'Warum so trueb, was hast?'
May: 'Nichts...'
Banjo: 'Ist aber ein truebes 'Nichts'!'
May: 'Ach...der Mamroth...'
Banjo: 'Mamroth? Who's that? Raus damit, wat hat er Dir angetan?'
May: '...ich weiss nicht ob ich soll...'
Banjo: 'Also wenn Du's nicht weisst? ... do you want to be alone?'
May: 'Nein das ooch nich...'
Verfasst: 9.6.2007, 17:15
von Sandhofer
rodger hat geschrieben:Manchmal, räsonnierte May eines Morgens, ist Mamroth wirklich nur ein langweiliges, dürftiges Schulmeisterlein. Ich glaube ich habe ihn überschätzt. Manchmal bin ich wirklich zu gutmütig und wohlwollend.
Ja, so war er – der Karle. Oder konnte es wenigstens sein. In der Theorie (seinen Büchern nämlich) Toleranz, Liebe und Vergebung predigend, wehe aber, es wagte es einer in der Praxis, anderer Meinung zu sein als er! Da fühlte er sich sofort persönlich beleidigt und konnte stur und kindisch-verbissen nachtragend reagieren wie ein Neunjähriger. Und da Sachlichkeit sein Ding so gar nicht war, wurde er sofort persönlich, beleidigend. In kindlich-barocker Manier verpackte er Freund und Feind in allegorische Gestalten, um als mystische Altersweisheit und Symbolik zu deklarieren, was in Tat und Wahrheit die selbstgerechte, aber hilflose Rache dessen war, dem Sachlichkeit nicht gegeben war und sie deshalb wie der Fuchs die Trauben behandelte.
Wenn er dann allerdings seine Ressentiments mal für 5 Minuten vergessen konnte oder ihn andere, tiefere Ängste überwältigten, konnte er Dinge schreiben ...
Verfasst: 9.6.2007, 19:06
von rodger
May (macht sich Notizen und schreibt was; steckt Mamroth, dem er im Moment nicht für 5 Cent böse ist, denn Tacheles reden mag er, vielleicht später ein Zettelchen zu; muß ja nicht die ganze Kneipe immer alles mitkriegen … Aber Ängste ? Nee, da liegt er nun wirklich ganz daneben, der gute Mamroth.)

Verfasst: 9.6.2007, 19:39
von Hermann Wohlgschaft
Wer so schreibt wie Sandhofer (obiger Eintrag), mag ja ein blitzgescheiter Mann sein, von May aber versteht er nicht viel.
Verfasst: 9.6.2007, 21:39
von Dernen
Hermann Wohlgschaft hat geschrieben:Wer so schreibt wie Sandhofer (obiger Eintrag), mag ja ein blitzgescheiter Mann sein, von May aber versteht er nicht viel.
Sandhofers Position dürfte die des Analytikers sein, der sich - mit einigermaßen kühlem Kopf - Leben und Werk anschaut und dann zu einem Ergebnis kommt. Das "Sich-Einfühlen" in Mays Psyche scheint seine Sache nicht zu sein. Gut so. Denn was heißt "May verstehen"? Bei meiner eigenen Beschäftigung mit diesem interessanten Mann empfinde (!) ich selbst immer wieder verwandte oder zumindest nachvollziehbare Eigenschaften, zwinge mich aber stets, mich in meiner Beurteilung nicht davon leiten zu lassen. Ich hege großes Mißtrauen gegen Intuition in Bezug auf andere Menschen, da jedes Individuum ein eben solches ist und selbst bei einem einfachen Begriff wie etwa "Bratkartoffeln", selbst wenn eine beiderseitige Vorliebe für dieses Gericht vorliegt, möglicherweise (jenseits des kulinarischen Genusses) dann doch etwas anders verbinden könnte als ich. Ich selbst verbinde mit "Bratkartoffeln" auch die angenehme Atmosphäre in der Wohnung meiner Großeltern, ein anderer denkt vielleicht an ein Bratkartoffelverhältnis, und ein Dritter möglicherweise an den Schlag mit der Bratpfanne, den er mal erhalten hat.
Viele Grüße
Rolf Dernen
Verfasst: 9.6.2007, 22:18
von rodger
Oder alles drei auf einmal. Bratkartoffelverhältnis in der angenehmen Atmosphäre der Wohnung der Großeltern, und dann der Schlag auf den Kopf, mit der gleichen Pfanne, in der die Äpfel der Erde vom geliebten Wesen zubereitet wurden ...
Denn so ist das Leben, von allem etwas, heute hü und morgen hot, und übermorgen geht es wieder von vorne los ...
