
Schon rein äußerlich (Papier- und Bildqualität, Aufmachung, optische Gestaltung) machen die Hefte beim Durchblättern wieder einen hervorragenden Eindruck, und auch die Themen sind beachtenswert. Diese Publikation erscheint mir derzeit, gern sei's zum wiederholten Mal gesagt, die reizvollste unter den erhältlichen in Sachen Karl May zu sein.
Es ist interessant, über Karl May in Gartow ausführlich zu lesen, und das Bildmaterial ist hervorragend. Erfreulicherweise vergißt die aufmerksame Redakteurin in ihrer Vorbemerkung nicht zu erwähnen, daß die Ansichten in Sachen Wirkung des Gartow-Erlebnisses auf unseren Freund May beträchtlich auseinandergehen, und daß die Sache eben auch als traumatische Erfahrung gesehen werden kann. So ist es. (Daß detaillierte Zahlen und Fakten "konkreter" sind als "literarische Deutungen und Erläuterungen", mag übrigens sein, ob sie auch immer interessanter sind, dürfte individuell unterschiedlich betrachtet werden ... "Betrachtungen zum Innenleben", ja, die sind halt das Salz in der Suppen. Watt dem eenen sin Uhl is dem anneren sin Nachtigall ...

Und daran (daß Gartow als traumatische oder zumindest sehr ernüchternde, sehr nachdenklich machende Erfahrung gesehen werden kann) ändert sich auch nach der Lektüre des ausführlichen Artikels von Gerhard Klußmeier nichts. An diesem durchaus interessanten und lesenswerten Artikel stört ein wenig das meinerseits als recht penetrant empfundene Herumhacken auf Arbeitsweisen anderer. Ich persönlich kann auf Lebensdaten von am Rande in Erscheinung tretenden Personen gut verzichten, mich interessieren sie nicht sonderlich (in "seriösen Arbeiten" seien sie "unerläßlich", ist zu lesen, nun, unter dieser Voraussetzung lese und schreibe ich selber gerne 'unseriöse' ...), und der arme Erich Heinemann wird hier zu Unrecht nichtendenwollend gescholten. Und ob Karl May einen Tag früher oder einen später hier oder da war und über x oder doch erst über y gefahren ist, auch das finde ich persönlich eher zweitrangig, mich interessiert in Sachen Gartow viel mehr, WIE ES IHM GING, unserem Freund. Darüber kann man nun in der Tat nur spekulieren, ist klar. Und da verlasse ich mich halt nicht darauf, was z.B. ein Herr Ball oder ein Herr Hinnrichs mal aus seiner Sicht und Erinnerung dazu geäußert hat. Und um "Zorn" und "Groll" geht es übrigens nicht, wenn einer erkennen muß, daß sein Platz halt nicht unter den Menschen ist, daß sie ihm letztlich fremd bleiben, und er ihnen (von Zorn ist übrigens weder bei Roland Schmid noch bei Christian Heermann die Rede, auch nicht sinngemäß, auch wenn dies recht grob interpretierend unterstellt wird in Anmerkung 11 bzw. dem Satz auf den sie sich bezieht) ... Karl May hat sich offenbar nicht anmerken lassen und auch nicht deutlich dazu geäußert, wie es ihm mit diesem tragischen Mißdeutetwerden in Gartow ging, was das in ihm auslöste. Daraus zu schlußfolgern, er hätte es somit zweifelsfrei auf die leichte Schulter genommen, ist m.E. sehr leichtfertig ... "Glücklichste Zeit seines Lebens" ? Wohl kaum ... äußerlich vielleicht ... aber Geld & Gut sind bekanntlich nicht alles ... "Am Jenseits" nahte bereits. Auch innerlich. Stolte hat diesen voraus erspürten Umbruch in seinen Anmerkungen zu "Weihnacht" gut beschrieben.
(wird noch fortgesetzt)