markus hat geschrieben:Eine ähnliche verkürzte Form dieser Erzählung las ich grade im 2. Band "Old Surehand", glaube ein Auszug aus "Auf hoher See gefangen". Daß May in seinem Werk viele Szenerien wiederholte, wie Eisenbahnüberfälle, wilde Pferde einreiten, Ölbrände usw. dürfte ja nichts neues sein, hier in diesem Fall aber klang alles schon sehr ähnlich
In dem Fall bis hin zu wörtlichen Text-Übereinstimmungen (beim Eisenbahn-Überfall). Die Passage aus 'Old Firehand', um die es mir primär ging, der gemeinsame "Todesritt" Ellens und des Erzählers auf 1 Pferd unter höchster Lebensgefahr und im Bewußtsein der frisch aufgeblühten Liebe zueinander, ist aber in Auf der See / Surehand nicht enthalten, wenn ich mich jetzt nicht vertue.
(Da fällt mir noch ein, daß in "60 Jahre Deutschland" ein kurzes Interview mit einem seinerzeit in Lengede verschütteten Bergmann gezeigt wurde, sicher kein sentimentaler Tropf, der erzählte ganz nüchtern, er sei damals zwanzig gewesen und habe da unten gebetet, er wolle noch nicht (sterben), jetzt noch nicht, das könne doch noch nicht alles gewesen sein ... Das ist die gleiche Erfahrung, wie sie in 'Old Firehand' geschildert wird, Leben gegen Tod, ein Kräftemessen.)
markus hat geschrieben:
Winnetou erfährt ja wie wir alle wissen einen erstaunlichen Prozess im Laufe seines literarischen Lebens. [...] Das Verhältnis seiner Feinde ihm gegenüber ändert sich aber auch mit der Zeit. Während beim edlen Winnetou seine Feinde in Respekt und Ehrerbietung verfallen sobald sie seinen Namen auch nur hören, begegnen sie den frühen Winnetou respektlos beleidigend und nennen ihn ganz despektierlich den Hund von Pimo.
Bei Michael Endes Frau Malzahn z.B. ist es ganz ähnlich ...

Das könnte man übrigens auch wieder in die Ecke 'eintüten', daß man das Prisma halt beliebig drehen, Dinge von ganz verschiedenen Seiten sehen kann. Aber sowohl bei Winnetou als auch Frau Malzahn geht es wohl mehr um die Entwicklung. Andererseits ... in der Western-Doku im Fernsehen dieser Tage habe ich gerade den interessanten Satz gehört, daß die Indianer den Kreis (und nicht die Linie) als Sinnbild der Wahrheit oder so etwas in der Art betrachten. (Wir könnten auch einen Verein gründen, mir zwoa, Küchen- und Gulaschphilosophie e.V., KUG MA

) (oder KRE-MA-TORIUM ...)
markus hat geschrieben:
Eigener Tread aufmachen? Hm, lohnt nicht für das bischen, vor allem weils eh keinem interessiert, es war so etwas laut gedacht, vieleicht
Eine interessante und vermutlich realistische Einschätzung des Stellenwerts von Internetforen ...
Aber zurück zu Karl May aktuell, gern anhand der Figur Winnetou. Daß Hermann Wohlgschaft die Trilogie als Gleichnis vom rechten Leben und rechten Sterben bezeichnet hat, wiederhole ich gern noch mal, sowie ein paar schon zuvor an anderer Stelle geäußerte Gedanken. Worum geht es denn so in den drei Büchern; schauen wir noch einmal kurz drauf. Nun, z.B. um das Thema Desillusionierung, oder Vergänglichkeit, von Liebe, Freundschaft, Leben ... Der "Held" erlebt die Möglichkeit einer Liebe, die allerdings schon im Anfangsstadium tödlich scheitert. Dann erlebt er sozusagen die perfekte Freundschaft, auch die endet gewaltsam. Und dann, nachdem so gesehen alles kaputt ist, Haltung zu bewahren, aufrecht stehen zu bleiben usw., auch darum geht es nicht zuletzt ("Sei dennoch unverzagt" ...).
Außerdem: verfehlte Lebensentwürfe bzw. deren Scheitern (Old Death), Krisen des Geistes (Ohlert), Differenzieren in Sachen Moral und deren schwankender Boden (man sehe sich diese abgekarteten Geschichten mit den Kiowas in Band I oder mit den Komantschen in Band II sehr genau an), Zivilisations- und Gesellschaftskritik, die Relativität von Reichtum, bzw. der Unterschied zwischen innerem und äußerem ... das Erleben väterlicher Zuneigung bzw. eines schönen Vater-Sohn-Verhältnisses bei wohlgemerkt einem Fremden (Mr. Henry), Enttäuschung über die Menschen (die Kapitel mit den Eisenbahnern), das Erleben echter Freundschaft außerhalb der "normalen" Gesellschaft (Hawkens), Wunschtraum, Utopie und deren Zerschlagung (Klekih-Petra, Helldorf-Settlement), Lug und Trug, Schein und Sein; das mal so eine kleine Auswahl. Um solche Dinge geht es. Nicht um "Die Guten gegen die Bösen" und was dergleichen Unsinn mehr ist, nicht um Indianerromantik.
Richtig gelesen sind das richtig "geile" Bücher, wie man heutzutage zu sagen pflegt.