Doro hat geschrieben:...lang und dürr sind die beiden Beine, welche in einem Paar Lederhosen stecken, die früher einmal schwarz gewesen sind, jetzt aber in allen möglichen Farben schimmern...
Die Beschreibung ähnelt in der Tat an die von Sam Hawkins in Winnetou I (GW) …
Ich denke mal, Markus will darauf hinweisen, dass die Symbolik von schwarz und dürr mit Tristesse, Hunger und Not (mitunter seelischer) zusammenhängt und farbig schillernd mit Hoffnung und Erwartungen, sowie besseren Aussichten für die Zukunft assoziierbar sind.
Natürlich kann ich mich auch irren, wenn ich mich nicht irre...

Sorry, es ist zwar schon etwas länger her - und ich kann den Volltext grade nicht nachlesen, weil ich sozusagen noch bis Montag auf gepackten Umzugskartons sitze - aber ich möchte jetzt schon Zweifel anmelden.
Die klassische Technik bei dem, was ich als Mays "Helden oberes Drittel Mittelschicht" (also eben nicht Winnetou, Shatterhand und Konsorten) bezeichnen möchte, besteht bei unserem geschätzten Autor ja immer darin, die Personen zu beschreiben, "unter besonderer Berücksichtigung" deren absrusem Äußeren.
Und das Signal, das er damit setzt scheint mir darin zu liegen, dass man Menschen nicht aufgrund ihres Äußeren unterschätzen sollte. Oftmals sind die Jagdröcke und Beinkleider scheinbar Jahrzehnte alt - ein Umstand, der ihm einerseits aus seiner Jugend nur allzu bekannt gewesen sein dürfte - den er andererseits aber auch vergnüglich übertreibt. Hawkens Jagdrock, in dem ein Pfeil steckenbleibt, weil in all den Jahren immer ein Flicken auf den nächsten kam?
Genauso vermutlich auch hier. Denn was er auf der Sachebene beschreibt ist jemand, der einmal saubere (also: gute) Hosen besaß, die im Laufe der Zeit schmutzig wurden. (Wie gesagt: Komplettext les ich da nochmal nach. Oder ist er vielleicht Maler?) Daher würde ich zu Markus' und Doros These mutig sagen: Umgekehrt wird ein Schuh draus. Da steht jemand vor einem, der vom Leben gebeutelt vom Weg abgekommen - oder zumindest persönlich heruntergekommen ist (und mich vermutlich binnen kurzem doch wieder durch Witz und Geistesschläue überraschen wird...)
Neil Postman sagte über die Postmoderne und ihre hermeneutischen Probleme so schön, man könne Hitlers "Mein Kampf" so lange dekonstruieren, wie man wolle, es würde nie ein Loblied auf das jüdische Volk daraus. Aber seltsamerweise lassen diese ganzen neuen Deutungen trotzdem immer noch zu, das zwei gänzlich konträre Verständnisse (aus dem düsteren Knast ins bunte Leben - Vom Besitz einer sauberen Hose zum Landstreicher) beide begründet werden können =) - Aaaber: Wenn Halef die Nilpferdpeitsche aus dem Hlafter zückt und Murad Habulam die Miete zahlt - dann will May mit dem "farbig schillerenden" Hintern ja auch nicht auf "Hoffnungen und Erwartungen" hinweisen. Zumindest nicht für Murad Habulam.

"So scheint mein Rohr besser zu sein als das Eurige, obgleich es viel kleiner ist."
[Der Schatz im Silbersee, 217.]
"Der Deutsche pflegt zwar albern, aber auch ehrlich zu sein."
[Der Sohn des Bärenjägers, 508.]