Mays ›Edelmenschen‹ in die Nähe von Nietzsches ›Übermenschen‹ zu rücken, wäre schon eine arge Verkennung.
M.E. nicht.
Gemeint ist ja nicht, daß beide das Gleiche meinen. Der eine drückt es so aus und der andere so, der eine hat seinen Schwerpunkt mehr hier, der andere da ... aber in die Nähe rücken bzw. erkennen, daß sie soweit voneinander nicht entfernt sind, läßt es sich durchaus.
Denn Nietzsches Übermensch ist ein rücksichtsloser Egoist, Mays Edelmensch hingegen ein religiöser ›Sozialist‹, der bedingungslos liebt
Das sind Interpretationen. Man kann beides auch anders interpretieren.
und der versucht, seiner wahren Bestimmung (der ›Gottebenbildlichkeit‹) möglichst gut zu entsprechen.
Wir leben in der Polarität. S.u. Will sagen, unter Gottebenbildlichkeit stellen sich verschiedene Personen sicher ganz Verschiedenes vor ...
Deshalb verstand sich der späte May ja als Antipode zu Nietzsche: Nietzsches Ideal vom Übermenschen wollte May durch das gegenteilige Ideal vom Edelmenschen ersetzen.
Ich denke daß Mamroth für die Figur des Ahriman Mirza eine größere Rolle gespielt hat als Nietzsche. Von dem mag auch etwas einfließen, sicher, so ganz Eins zu Eins ist es ja nie mit den Spiegelungen und Übertragungen, aber die Hauptsache dürfte es nicht sein.
Aus Nietzsches ›Gott ist tot‹ wird bei May: Gott ist die Liebe, die sich im Edelmenschen offenbart.
Das kommt mir konstruiert vor.
Ich würde sagen: auch der Haß (Alles ...) ist Gott. Und ich vermute, daß May es ganz ähnlich sah. Das wird sich freilich nicht mehr klären lassen ...