Re: Gott ist tot.
Verfasst: 25.5.2010, 23:37
Nochmals zum Bergengruen-Gedicht ›Die letzte Epiphanie‹. Der Autor spielt sicherlich auf die Rede Jesu vom Endgericht am ›Jüngsten Tag‹ an. (»Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.«)
Wenn ich auch, wie gesagt, nicht an eine Hölle im Sinne eines ewigen jenseitigen Straflagers glaube, so scheint mir der Gedanke eines göttlichen ›Endgerichts‹ doch sehr wichtig.
Der Tübinger Theologe Ottmar Fuchs vertritt die (m. E. sehr plausible) Meinung: Spätestens nach dem Tod, im ›Letzten Gericht‹, werden wir all den Menschen gegenübertreten, denen wir in irgendeiner Weise geschadet haben. Die Mörder und Folterer in den Nazi-KZs z. B. werden mit ihren Opfern konfrontiert werden.
Unser Gerechtigkeitsgefühl verlangt ja: Wer Böses tut (oder sagt oder denkt), muss sich verantworten – vor Gott, aber auch vor den Geschöpfen, an denen er schuldig geworden ist. Doch hier auf Erden ist dies nicht immer möglich. In seinem Buch ›Das Jüngste Gericht‹ (2007) unterstreicht deshalb Fuchs die JENSEITIGE Berührung mit den Wunden, die wir anderen zugefügt haben.
Damit sich das Böse nicht durchsetzt und die Täter nicht für immer über die Opfer triumphieren, kann es nach biblischer – und überhaupt nach menschlicher – Auffassung keine Gerechtigkeit ohne ›Gericht‹ geben. Diese Sehnsucht nach einer ausgleichenden Gerechtigkeit ist gewiss legitim. Das gilt schon im diesseitigen Leben, erst recht aber in der Ewigkeit Gottes.
Das jenseitige Endgericht ist, nach Fuchs, eine definitive Antwort auf die vielerlei Erfahrungen des Bösen und der Ungerechtigkeiten in dieser Welt. Nach Ottmar Fuchs und vielen anderen Theologen ist es nötig, dass sich die Menschen in einem letzten und endgültigen Gericht auf Gottes Liebe hin »ausrichten lassen, damit sie in die neue Zukunft nicht wieder das Alte hineintragen, nämlich das Böse und das Leid«.
Menschen, die während ihrer gesamten Lebenszeit immer nur Täter oder immer nur Opfer waren, wird es allerdings kaum geben (abgesehen vielleicht von unschuldigen, im Mutterleib gestorbenen Kleinstkindern). Meist werden wir uns sowohl als Täter wie auch als Opfer erleben. Und in BEIDEN Rollen werden wir, denke ich, vor Gott und den Menschen Gerechtigkeit erfahren.
Um der Würde der Opfer willen darf es, so Ottmar Fuchs, nicht sein, dass die Täter ›billig‹ davonkommen; deshalb »muss es nicht nur von Gott her, sondern auch von den Menschen her ein Gericht geben«. Mit dem Benediktinermönch Anselm Grün gesprochen:
»Wir werden mit unserer Wahrheit konfrontiert und den Schmerz spüren, dass wir so gelebt haben und so geworden sind, wie wir sind. (…) Gericht heißt immer auch: ausgerichtet werden auf Gott. Wir sind so, wie wir sind, nicht einfach schon gut. Wir haben auch Fehler und Schwächen. Das Gericht deckt auf, wer wir sind. Das ist immer schmerzlich. Aber das letzte Ziel des Gerichts ist, uns auszurichten auf Gott hin.«
Freilich wird dieses ›Letzte Gericht‹ keine ›Hinrichtung‹ sein, sondern – im Gegenteil – eine Aus-richtung auf Gott, auf die rettende Liebe. Das Ziel des Gerichts ist die Genugtuung für die Opfer und ZUGLEICH die Rettung der Täter.
Allerdings müssen die Täter wie die Opfer, in freier Zustimmung, das Angebot der göttlichen Gnade auch ANNEHMEN. Die Rettung ist nicht möglich ohne den Reueschmerz; und sie ist nicht möglich ohne Vergebung.
Es wird, so Ottmar Fuchs, »Genugtuung eingefordert werden, Wiedergutmachung, Buße, was auch immer für Wörter uns für einen Vorgang zur Verfügung stehen, wo Tätern aufgeht, was sie getan haben, wo sie abgrundtief der Schmerz darüber ergreift, ›genauso‹ abgrundtief (…) wie das Leiden, das sie zugefügt haben. Es hängt alles davon ab, dass sich die Täter und Täterinnen in diese Begegnung hineingeben und dass sie sich nicht verweigern.«
AUFGERICHTET werden, im Falle der Zustimmung, die Opfer wie auch die Täter. Ottmar Fuchs ist freilich der Meinung, dass die Reueschmerzen der Täter auch NACH dem Endgericht nicht für immer vergessen sind:
»Die markierten Erinnerungen, die Narben dieser Wunden von Leidverursachung und Sühneschmerz werden bleiben: als dann allerdings ›verklärte‹ Erinnerungszeichen, so dass in Ewigkeit die Leidzufügungen nicht vergessen sind, sondern, allerdings im Zustand erfolgter Versöhnung, gegenwärtig bleiben. Die Erinnerung an die verschuldeten Leiden der Opfer wird gerade um ihres ewigen Nichtvergessens willen in den Tätern wach bleiben: Und zwar als liebevolle Erinnerung in letztlich Geretteten.«
Wenn ich auch, wie gesagt, nicht an eine Hölle im Sinne eines ewigen jenseitigen Straflagers glaube, so scheint mir der Gedanke eines göttlichen ›Endgerichts‹ doch sehr wichtig.
Der Tübinger Theologe Ottmar Fuchs vertritt die (m. E. sehr plausible) Meinung: Spätestens nach dem Tod, im ›Letzten Gericht‹, werden wir all den Menschen gegenübertreten, denen wir in irgendeiner Weise geschadet haben. Die Mörder und Folterer in den Nazi-KZs z. B. werden mit ihren Opfern konfrontiert werden.
Unser Gerechtigkeitsgefühl verlangt ja: Wer Böses tut (oder sagt oder denkt), muss sich verantworten – vor Gott, aber auch vor den Geschöpfen, an denen er schuldig geworden ist. Doch hier auf Erden ist dies nicht immer möglich. In seinem Buch ›Das Jüngste Gericht‹ (2007) unterstreicht deshalb Fuchs die JENSEITIGE Berührung mit den Wunden, die wir anderen zugefügt haben.
Damit sich das Böse nicht durchsetzt und die Täter nicht für immer über die Opfer triumphieren, kann es nach biblischer – und überhaupt nach menschlicher – Auffassung keine Gerechtigkeit ohne ›Gericht‹ geben. Diese Sehnsucht nach einer ausgleichenden Gerechtigkeit ist gewiss legitim. Das gilt schon im diesseitigen Leben, erst recht aber in der Ewigkeit Gottes.
Das jenseitige Endgericht ist, nach Fuchs, eine definitive Antwort auf die vielerlei Erfahrungen des Bösen und der Ungerechtigkeiten in dieser Welt. Nach Ottmar Fuchs und vielen anderen Theologen ist es nötig, dass sich die Menschen in einem letzten und endgültigen Gericht auf Gottes Liebe hin »ausrichten lassen, damit sie in die neue Zukunft nicht wieder das Alte hineintragen, nämlich das Böse und das Leid«.
Menschen, die während ihrer gesamten Lebenszeit immer nur Täter oder immer nur Opfer waren, wird es allerdings kaum geben (abgesehen vielleicht von unschuldigen, im Mutterleib gestorbenen Kleinstkindern). Meist werden wir uns sowohl als Täter wie auch als Opfer erleben. Und in BEIDEN Rollen werden wir, denke ich, vor Gott und den Menschen Gerechtigkeit erfahren.
Um der Würde der Opfer willen darf es, so Ottmar Fuchs, nicht sein, dass die Täter ›billig‹ davonkommen; deshalb »muss es nicht nur von Gott her, sondern auch von den Menschen her ein Gericht geben«. Mit dem Benediktinermönch Anselm Grün gesprochen:
»Wir werden mit unserer Wahrheit konfrontiert und den Schmerz spüren, dass wir so gelebt haben und so geworden sind, wie wir sind. (…) Gericht heißt immer auch: ausgerichtet werden auf Gott. Wir sind so, wie wir sind, nicht einfach schon gut. Wir haben auch Fehler und Schwächen. Das Gericht deckt auf, wer wir sind. Das ist immer schmerzlich. Aber das letzte Ziel des Gerichts ist, uns auszurichten auf Gott hin.«
Freilich wird dieses ›Letzte Gericht‹ keine ›Hinrichtung‹ sein, sondern – im Gegenteil – eine Aus-richtung auf Gott, auf die rettende Liebe. Das Ziel des Gerichts ist die Genugtuung für die Opfer und ZUGLEICH die Rettung der Täter.
Allerdings müssen die Täter wie die Opfer, in freier Zustimmung, das Angebot der göttlichen Gnade auch ANNEHMEN. Die Rettung ist nicht möglich ohne den Reueschmerz; und sie ist nicht möglich ohne Vergebung.
Es wird, so Ottmar Fuchs, »Genugtuung eingefordert werden, Wiedergutmachung, Buße, was auch immer für Wörter uns für einen Vorgang zur Verfügung stehen, wo Tätern aufgeht, was sie getan haben, wo sie abgrundtief der Schmerz darüber ergreift, ›genauso‹ abgrundtief (…) wie das Leiden, das sie zugefügt haben. Es hängt alles davon ab, dass sich die Täter und Täterinnen in diese Begegnung hineingeben und dass sie sich nicht verweigern.«
AUFGERICHTET werden, im Falle der Zustimmung, die Opfer wie auch die Täter. Ottmar Fuchs ist freilich der Meinung, dass die Reueschmerzen der Täter auch NACH dem Endgericht nicht für immer vergessen sind:
»Die markierten Erinnerungen, die Narben dieser Wunden von Leidverursachung und Sühneschmerz werden bleiben: als dann allerdings ›verklärte‹ Erinnerungszeichen, so dass in Ewigkeit die Leidzufügungen nicht vergessen sind, sondern, allerdings im Zustand erfolgter Versöhnung, gegenwärtig bleiben. Die Erinnerung an die verschuldeten Leiden der Opfer wird gerade um ihres ewigen Nichtvergessens willen in den Tätern wach bleiben: Und zwar als liebevolle Erinnerung in letztlich Geretteten.«