Das Thema „Bearbeitungen“ halte ich für so interessant, dass ich mich auch dazu äußern will.
Erstmal will ich festhalten, dass ich ebenso zu denen gehöre, die den Text möglichst im Originalwortlaut des Verfassers lesen möchten. Bzw. bei anderssprachigen Autoren den originalgetreusten Übersetzungstext. Das heißt allerdings nicht, dass ich grundsätzlich gegen Bearbeitungen wäre. Aber da teile ich die Auffassung mit anderen, dass bearbeitete Texte gekennzeichnet sein MÜSSEN. Wenn das bei den grünen Bänden in den 20er und 30er Jahren wirklich getan wurde, sollte mich das freuen, nach dem Krieg wurde das aber meines Wissens nicht mehr getan.
Ich denke aber auch, dass man beachten sollte, dass es verschiedene Arten von Bearbeitung gibt.
1. Die stilistische. Darunter verstehe ich die Bearbeitung veralteter Formulierungen, die heute kaum einer verstehen würde ebenso wie die Änderungen von beispielsweise „frug“ in „fragte, um nur ein Beispiel hierfür zu nennen. Das ist vollkommen o.k.
2. Die Kürzung von Texten, wenn eine Beschreibung irgend einer Sache zu sehr „ausgewalzt“ ist oder Dialoge endlos sind. Letzteres ging mir persönlich speziell bei der Lektüre vom „Weg zum Glück“ etwas auf die Nerven. Wenn so was gekürzt wird, ohne dass der Inhalt des Buches darunter zu leiden hat, halte ich das für o.k.
3. Die Bearbeitung von Büchern für die Jugend.
4. Das Ausmerzen von offensichtlichen Fehlern, die dem Autor unterlaufen sind. Da denke ich z.B. an die Urfassung von „Der Krumir“, in der der Ich-Erzähler mit einem Diener namens Achmed unterwegs ist. Mitten in der Erzählung heißt dieser an zwei Stellen Halef, offenbar ein Flüchtigkeitsfehler Mays, der daran liegen mag, dass er zeitgleich am Krumir und an seiner Orienterzählung „Giölgeda padishanün“ (hab ich das jetzt richtig geschrieben?) gearbeitet hatte. Wenn so etwas vom Verleger geändert werden würde, wäre das auch ohne Kennzeichnung ok.
5. Jetzt kommt das eigentlich problematische am Thema: Das Umschreiben von Texten, egal ob mit oder ohne Kennzeichnung halte ich das für alles andere als o.k.. Es sind ja dazu schon einige Äußerungen gemacht worden, brauch ich nicht zu wiederholen. Nur soviel: Bei der Sache mit dem „Nachtduell“ zwischen Firehand und Shatterhand ging es mir ähnlich wie Marlies. Ich hatte erst die Kandolfsche Fassung gelesen (ohne davon eine Ahnung zu haben, ist halt lange her) und da hat mir die Version gefallen. Als ich dann später die Maysche Fassung gelesen hatte, war ich zunächst entsprechend verunsichert.
Was nun „Allah il Allah“ angeht, so gefällt mir persönlich die Version innerhalb der „Deutsche Herzen ...“ besser. Aber das ist halt Geschmackssache. Im Zusammenhang mit 4. aber will ich hier anmerken, dass etwas, was wie ein Fehler aussieht, im Werk Mays auftaucht. Nämlich die beiden Snuffels will der Ich – Erzähler nach Winnetous Tod zum ersten Mal gesehen haben ( Silberlöwe 1) Aber bereits im „Geist der Llano estacada“ treten diese beiden mit auf. Das hatte der KMV zum Anlass genommen, den „Geist“ entsprechend umzuschreiben. Halt ich für problematisch, weil das in meinen Augen keine Fehlerbehebung mehr ist.
Übrigens, wenn man prinzipiell gegen Bearbeitungen wäre, müsste man auch gegen Übersetzungen in andere Sprachen als eine weitere Form der Bearbeitung sein. Schreckliche Vorstellung, wenn es das nicht gäbe. Nicht nur, weil sich dann z.B. Marlies einen anderen Job suchen müsste ...