Besonders bemerkenswert erscheint mir dies hier
('Deutscher Adel', 9. Kapitel)Die Verhältnisse an der preußisch-russischen Grenze sind jedermann bekannt. Da sind die Grenzgräben gezogen, die Schlagbäume und die Wappenzeichen der beiden Reiche aufgerichtet. An jedem Übergange sind gewiegte Beamte aufgestellt, welche die Pässe revidieren und das Gepäck eines jeglichen auf das genaueste steueramtlich untersuchen. Kosaken auf der einen Seite, Gendarmen auf der anderen bereiten bei Tag und Nacht die Grenze; – es liegt den zwei soliden Staatsregierungen zu beiden Seiten viel daran, daß keine Maus ohne den Passierschein am Schwanze hinüber und herüber schlüpfe, und doch – welch ein weites Gebiet des unkontrollierbaren Hinübers und Herübers dehnt sich in der Praxis zwischen den beiden in der Theorie sich so scharf scheidenden großen Staaten!
Wozu dies alles?
Weil wir in diesem Buche auf einem ganz ähnlichen fraglichen Grenzterrain stehen und es bedauern müssen, wenn das nicht jedermann längst klargeworden sein sollte. Auch zwischen dem Gebiete des soliden alltäglichen, bürgerlichen Menschenverstandes und dem unendlichen Reiche des Abenteuers – Dschinnistan, Avalun – kurz, wie ihr es nennen wollt – erstreckt sich weitgedehnt ein strittiger Grund und Boden, auf dem das eben bezeichnete Hinüber und Herüber nur allzu gern allen Mächten, die gern »klar sehen«, ein Schnippchen schlägt oder einen Esel bohrt und sich nach Herzenslust und Leibesbedürfnis tummelt, allen auf dem Papier gezogenen Linien zum Trotz. Daß wir, was uns selber angeht, das heilige Rußland mit Avalun und das Königreich Preußen mit Dschinnistan vergleichen, gehört wohl auch schon ein wenig zur Kontrebande.
Frei durch gehen! Ist das nicht das größte Wort, das in diesem in Stricken und Banden liegenden Menschenleben gesprochen werden kann? Jawohl, sie rühmen sich ihrer Selbständigkeit in allen Gassen, die armen Kinder der Erde; wenn ihnen das Glück gut ist, dürfen sie ihre Ketten vergoldet der Sonne entgegenhalten: bei den lachenden Göttern, wer geht frei durch? Niemand anders als derjenige, welcher Glück hat beim Schmuggel nach Avalun, der auf Seitenpfaden sich durch die Waldwildnis zwängt und geduckt bei Nacht über die Heide schleicht.
So tragen wir auch unsern Packen und suchen damit den Grenzwächtern zu entgehen.
weites Gebiet des unkontrollierbaren Hinübers und Herübers ...
("Er musste wachsen, ich musste abnehmen", Hermann Hesse, Die Morgenlandfahrt, möglicherweise inspiriert durch "Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen", Johannes 3,27-30.

Keine klare Grenze, auch bei bzw. in Sachen Karl May, weder zwischen "Gewalt- und Edelmensch" noch Ardistan und Dschinnistan ... (das "bei bzw. in Sachen" will in etwa sagen: auch wenn er selber sozusagen der Einfachheit halber diese Grenzen [scheinbar] durchaus zieht, müssen wir uns ja durchaus nicht daran halten bzw. ihm das abnehmen ...)
(Kürzlich mußte ich für mich überraschend den Gebrauch eckiger Klammern erklären. Also, falls noch jemand Schwierigkeiten damit hat, ich benutze sie meistens so, daß sie sozusagen eine andere Variante eines Satzes anzeigen.
