Karl-May-Welten
Karl-May-Welten
Hallo zusammen!
Gibt es mittlerweile eigentlich einen definitiven Erscheinungstermin für die 'Karl-May-Welten'? Auf der Homepage des Karl-May-Verlages wurde der Termin ja ständig verschoben, zuerst September, dann Dezember, jetzt Januar. Ob es wohl dabei bleibt?
Wer meine Beiträge hier zu 'Ardistan und Dschinnistan' gelesen hat, der wird vielleicht ahnen, daß ich natürlich besonders auf Rudi Schweikerts Beitrag zur Botanik in diesen schönen Ländern gespannt bin. Auch der von Hermesmeier/Schmatz bearbeitete Fall 'Langer' würde mich schon sehr interessieren. Da das Inhaltsverzeichnis der Beiträge eigentlich seit September voliegt, wundere ich mich doch ein bißchen über die Verzögerung. Und so hoffe ich doch, das spätestens der Mai die 'Karl-May-Welten' ans Licht bringen wird.
Viele Grüße nach Bamberg
Thomas Schwettmann
Gibt es mittlerweile eigentlich einen definitiven Erscheinungstermin für die 'Karl-May-Welten'? Auf der Homepage des Karl-May-Verlages wurde der Termin ja ständig verschoben, zuerst September, dann Dezember, jetzt Januar. Ob es wohl dabei bleibt?
Wer meine Beiträge hier zu 'Ardistan und Dschinnistan' gelesen hat, der wird vielleicht ahnen, daß ich natürlich besonders auf Rudi Schweikerts Beitrag zur Botanik in diesen schönen Ländern gespannt bin. Auch der von Hermesmeier/Schmatz bearbeitete Fall 'Langer' würde mich schon sehr interessieren. Da das Inhaltsverzeichnis der Beiträge eigentlich seit September voliegt, wundere ich mich doch ein bißchen über die Verzögerung. Und so hoffe ich doch, das spätestens der Mai die 'Karl-May-Welten' ans Licht bringen wird.
Viele Grüße nach Bamberg
Thomas Schwettmann
Re: Karl-May-Welten
Inzwischen heißt es auf der Internetseite des KMV:
Na, hoffentlich!Erscheint Ende Februar 2005!
Re: Karl-May-Welten
Der Band ist heute bei mir eingetroffen.Thomas Schwettmann hat geschrieben:Inzwischen heißt es auf der Internetseite des KMV:
Na, hoffentlich!Erscheint Ende Februar 2005!
Karl-May-Welten
Mittlerweile bin ich nun auch im Besitz der 'Karl-May-Welten' und habe mich dabei insbesondere der Lektüre von Rudi Schweikerts 'Eine wilde Mischung: Karl May bepflanzt Ardistan' gewidmet, habe ich mich der gleichen Thematik ja schon unlängst hier im Forum gewidmet. Schweikerts Aufsatz ist natürlich ausführlicher und zitiert vorallem die tatsächlichen Quelltexte, die - wie wir jetzt wissen - vorallem aus Lexikonartikeln der 6. Auflage des 'Meyer' bestehen. Ich hatte mich meinerseits vorallen bei der 3. Auflage des 'Meyer' schlau gemacht, da diese im Internet online mit Suchfunktion verfügbar ist und somit ein unkompliziertes Auffinden von Artikeln zu bestimmten Stichwörtern ermöglicht. Bei meinem schnellen Ritt durch Ardistan hatte ich glücklicherweise nicht viel übersehen, in der Hauptsache sind es Ginster und Pappeln, die mir in den Wäldern Ussulistans verborgen blieben.
Der wichtigste Quelltext, den Schweikert präsentiert, ist sicherlich die kompakte Abhandlung unter dem Stichwort 'Ostindien: Klima, Pflanzen- und Tierwelt" sowie als Ergänzung dazu die Bildtafel "Ostindische Kultur I". Leider aber zieht Schweikert aus seinen Entdeckungen nicht den Schluß, daß May mit seinem Ardistan tatsächlich explizit eine imaginäre indische Landschaft gemeint haben könnte, sondern legt sich wegen der panoramhaften, scheinbar wild zusammengesetzten Botanik, die zudem noch durch zusätzliche, nicht auf dem indischen Subkontinent heimischen Pflanzen vermehrt ist, geographisch jenseits einer "Art von Orient" nicht genauer fest. Dabei ist ja gerade die 'wilde' Zusammensetzung nicht der Versuch, eine rein utopische, nicht-lokalisierbare, gleichsam globale Landschaft zu beschreiben, sondern eine versunkene Welt, die gleichwohl eben aufgrund der wenn auch nicht ausschließlich, so doch überwiegend indisch geprägten Botanik durchaus geographisch einzugrenzen ist. Die Verfremdung einer lokal üblichen Fauna und Flora durch unbekannte oder andernortes heimische Arten ist schließlich ein übliches Stilmittel in zeitgenössischen 'Lost World'-Romanen von Haggard bis Doyle.
Ein weiterer interessanter Beitrag in den 'Karl-May-Welten' ist natürlich Frank Werders 'Neues zum Neuen deutschen Reichsboten. Leider halten sich die May-Text-Funde dabei in Grenzen und so wäre man schon froh, wenn man frei nach Heinz Erhardt sagen könnte: Und so kann man auch mit kleinen Sachen, großen May-Fans Freude machen!. Zwar halte ich es durchaus auch für möglich, daß das 'Sonett' aus Mays Feder stammen könnte, aber die Formulierung mit einiger Sicherheit ist mir dann doch etwas zu optimistisch. Karl May hatte ja kein Patent auf solche doch relativ einfach gestrickte Vierzeiler. Auch relativiert sich die Anmerkung, daß 'Sonett', 'Meine einstige Grabschrift' und 'Gebet eines Advocaten' wie Fingerübungen des Poeten in spe Karl May anmuten, angesicht dessen, daß May ja nun bereits seit den frühen 60er Jahren semiprofessionell auf höheren Niveau dichtete, wie etwa die in 'Karl May und die Musik' abgedruckten Liedtexte zu 'An die Sterne' (1864) oder 'Nocturne' [Ich will dich auf Händen tragen] (vermutl. auch 1864) zeigen.
So erscheint mir bespielsweise auch ein anonymer Abdruck eines Gedichtes in 'Schacht und Hütte' nicht immer als ausreichendes Indiz für eine Autorenschaft Mays. Im Falle des 'Gebet eines Advokaten' (Nr. 35) etwa mag dies so sein, es könnte auch auf die 'Billige Wirthschaft' (Nr. 31) zutreffen (Die Liebenden bezahlen / nicht viel für ihre Kost: / Sie speisen Mondesstrahlen / Und trinken Lippenmost), bei den Duo 'Fausts Grethchen' und 'Die jetzigen Gretchens' (ebenfalls Nr. 35) beispielsweise habe doch eher Zweifel. Da ist einfach bislang zu wenig gesichertes Vergleichsmaterial bekannt, und was man kennt, ist zudem auch noch relativ unspezifisch und für sichere Analogie-Schlüsse nicht immer geeignet. Auch stammen die allermeisten der anonym abgedruckten kleinen und größeren Witzchen und Annekdoten aus 'Schacht und Hütte' mit Sicherheit nicht von Karl May, warum sollte dieses ausgerechnet bei den Gedichten anders sein? Einige anonyme Vier- und anderen Mehrzeiler werden in Bezug auf eine mögliche May-Autorenschaft deshalb wohl fast immer unsichere Kandidaten bleiben.
Im Artikel wird ferner noch die Theorie angesprochen, daß Karl May sein Handexemplar von 'Schacht und Hütte' an Julius Hanzsch gegeben haben könnte. Daraus ergeben sich einige Überlegungen, die ich z.T. bereits schon früher hier im Forum formuliert habe. So schrieb ich im Unterforum 'Frühwerke' im Thread 'Nachdrucke': Dennoch aber muß May noch Ende der 70er Jahre diese Essaysammlung (= Georgaphische Predigten) - ob im Manuskript oder als Abdruck - greifbar gewesen sein. Schließlich übernimmt er - teils wortwörtlich, teils etwas paraphrasiert - die kurze Szene mit der 'Fata Morgana und der Karavane' aus 'Berg und Thal' für die 'Gum'-Geschichte in den 'Frohen Stunden', und bei der Neufassung 'Unter Würgern' integriert er darüberhinaus zusätzlich noch wortwörtlich die vorangehende allgemeine Beschreibung der Sahara aus den 'Geographischen Predigten'.
1879 hätte Karl May also entweder sein Handexemplar oder das Manuskript zu den 'Geographischen Predigten' noch besitzen müssen. Ein anderer Aspekt ergibt sich durch Mays Eintrag in Kürschners Literaturkalendern, in denen er eine 3. A[uflage] der 'Geographischen Predigten' aus dem Jahre 1880 angibt. Sollte dieser Eintrag nicht gänzlich falsch sein - so fand sich unlängst im KMV-Archiv eine mit "Giölgeda padishanün" betitelte französische Buchausgabe des Orientzyklus [vgl. KM+Co 98] und bestätigte so, wenn auch nicht unbedingt hinsichtlich des Datum, diesen bislang als irrtümliche Buchtitelangabe gewerteten Eintrag - so wäre zu überlegen, ob Hanzsch nicht ein heißer Verleger-Kandidat für eine solche seperate Buchausgabe der 'Geographischen Predigten' sein könnte. Andererseits fragt man sich natürlich, warum dann nicht wenigstens diese Ausgabe im Nachlass Mays gefunden wurde. Allerdings wäre es theoretisch auch möglich, daß sich Mays Aussage Mein letztes Exemplar habe ich verborgt und bemühe mich vergeblich, es wiederzubekommen (in: Schacht und Hütte, Reprint, Vorwort) gerade nicht, wie man generell annnimmt, auf ein Handexemplar von 'Schacht und Hütte', sondern eben auf diese ominöse Buchausgabe bezieht.
Zu dem Artikel 'Robert Kraft und Karl May' von Peter Richter kann ich aufgrund mangelnder Kraft-Leseerfahrung eigentlich nicht viel sagen, dennoch aber möchte ich die Interpretation, daß sich Karl May via Hobble-Frank mit dem Zitat vom 'Mädchen aus der Fremde' auf Kraft bezieht, doch etwas in Frage stellen. In dem parallel entstandenen Roman 'Old Surehand III' hat May nämlich einen anderen Autor im Sinn: Er jagte bald hier und bald dort, und wo man ihn sah, da verschwand er, wie Schillers »Mädchen aus der Fremde«, ebenso schnell, wie er gekommen war.
Zu den wichtigsten Beiträgen in den 'Karl-May-Welten', gehört selbstverständlich auch 'Oberlehrer Franz Langer - ein 'Pseudonym wird lebendig' von Wolfgang Hermesmeier und Stefan Schmatz. Da sich diese beide Autoren jedoch offensichtlich eher im Forum von 'Karl May & Co.' beheimatet fühlen, habe ich mich dort ausführlich diesem Artikel gewidmet, hier möchte ich nur auf eine Information aus dem abgedruckten Manuskript Langers eingehen, die man völlig unabhängig von den beiden Autoren diskutieren kann und zudem die Frühtext-Thematik betrifft, die ich hier ja schon wiederholt im alten wie im neuen Forum andiskutiert habe. Offenbar von May initiiert, schreibt der Oberlehrer: 'Die beiden Nachtwächter' war die erste Humoreske, der bald andere folgten. - wobei es plausibler erscheint, daß damit die unter dem Titel 'Die verhängnisvolle Neujahrsnacht' abgedruckte, offensichtliche Erstfassung gemeint sein dürfte.
Wie plausibel ist nun diese Information? Ich hatte dieser Thematik ja bereits schon einmal einen längeren Beitrag im alten Forum gewidmet: -> http://www.karl-may-stiftung.de/forum/messages/1179.htm und dabei die 'Neujahrsnacht' durchaus als Frühtextkandidat ins Kalkül gezogen. Wenn man jedenfalls von dieser 'verhännisvollen' Fassung ausgeht, so sind die wenigen, einfachen Figurennamen (David Heinrich, Hanne, Fritz, Liese, Bergmann, Grundmann, usw.) ebenso wie die Simplizität der Geschichte durchaus plausible Merkmale für einen sehr frühen May-Text.
Interessant liest sich dabei z.B. das Verseschneider-Motiv, welches auf Mays frühe Dichter+Liedertexter-Phase zu passen scheint: Ein hübscher Reim, der auf die Leute paßt, bringt allemal ein Trinkgeld; und das können wir gebrauchen (...). Und so wie die beiden Humoresken 'Im Seegerkasten' und 'Im Wasserständer' (die übrigens ebenso wie auch die 'Nachtwächter'-Neufassung im Reichsboten [1876-78] abgedruckt wurden), könnte auch diese kleine Geschichte ebenso unter dem Eintrag 79.) Im alten Neste Aus dem Leben kleiner Städte in dem 'Repertorium C. May' (-> http://karlmay.leo.org/kmg/seklit/JbKMG/1971/122.htm ) zu finden sein, da sich der dort aufgelistete Titel 8.) Beim Neujahrsblasen durchaus auf 'Die verhängnisvolle Neujahrsnacht' beziehen könnte. Schließlich werden die vollen Stunden von dem Birkensteiner Nachtwächter nicht etwa angeläutet sondern angeblasen: Sofort setzt er das Horn an: »Du - u - u - ut! Hat Zehn geschlagen!« Und genau um Mitternacht, also gewissermaßen beim 'Neujahrsblasen', ist der dramatische Höhepunkt der Geschichte, da begegnen sich die beiden Nachtwächter, wobei der eine versehentlich schlafend mit dem Omnibus ins Nachbardorf gefahren war, dort aufwachte und sich immer noch in seinem Heimatdorf wähnte und dabei in seiner Zeitrechnung auch noch um eine Stunde hinterher hinkte:
»(...) Das Schläfchen hat doch geholfen. Wenn nur auch das Wetter besser geworden wäre! Aber jetzt vorwärts, ehe es Elf schlägt!«
Fest glaubend, daß er in Breitenfeld sei, wandert er in die finstre Gasse hinein, geht an der ersten Ecke vorüber und bleibt dann an der zweiten stehen, um seines Amtes zu pflegen. Noch aber hat er das Horn nicht an den Mund gebracht, so läßt sich ihm grad gegenüber eine Schnarre vernehmen und eine ebenso schnarrende Stimme ruft:
»Hat Zwölf geschlagen. Lobt den Herrn!«
Insofern ist die Information, daß es sich bei den 'beiden Nachtwächtern' um Mays erste Humoreske handeln soll, sicher nicht gänzlich aus der Luft gegriffen, wobei man die ebenfalls von May ins Rennen geworfenen Kanidaten 'Sonnenscheinchen' und die Ur-'Wanda' (siehe hier im Forum unter -> Frühwerk: Sonnenscheinchen), die seiner Definition freilich eher als Dorfgeschichten gelten, als Erst-Prosatexte ebenfalls im Auge behalten muß.
Der wichtigste Quelltext, den Schweikert präsentiert, ist sicherlich die kompakte Abhandlung unter dem Stichwort 'Ostindien: Klima, Pflanzen- und Tierwelt" sowie als Ergänzung dazu die Bildtafel "Ostindische Kultur I". Leider aber zieht Schweikert aus seinen Entdeckungen nicht den Schluß, daß May mit seinem Ardistan tatsächlich explizit eine imaginäre indische Landschaft gemeint haben könnte, sondern legt sich wegen der panoramhaften, scheinbar wild zusammengesetzten Botanik, die zudem noch durch zusätzliche, nicht auf dem indischen Subkontinent heimischen Pflanzen vermehrt ist, geographisch jenseits einer "Art von Orient" nicht genauer fest. Dabei ist ja gerade die 'wilde' Zusammensetzung nicht der Versuch, eine rein utopische, nicht-lokalisierbare, gleichsam globale Landschaft zu beschreiben, sondern eine versunkene Welt, die gleichwohl eben aufgrund der wenn auch nicht ausschließlich, so doch überwiegend indisch geprägten Botanik durchaus geographisch einzugrenzen ist. Die Verfremdung einer lokal üblichen Fauna und Flora durch unbekannte oder andernortes heimische Arten ist schließlich ein übliches Stilmittel in zeitgenössischen 'Lost World'-Romanen von Haggard bis Doyle.
Ein weiterer interessanter Beitrag in den 'Karl-May-Welten' ist natürlich Frank Werders 'Neues zum Neuen deutschen Reichsboten. Leider halten sich die May-Text-Funde dabei in Grenzen und so wäre man schon froh, wenn man frei nach Heinz Erhardt sagen könnte: Und so kann man auch mit kleinen Sachen, großen May-Fans Freude machen!. Zwar halte ich es durchaus auch für möglich, daß das 'Sonett' aus Mays Feder stammen könnte, aber die Formulierung mit einiger Sicherheit ist mir dann doch etwas zu optimistisch. Karl May hatte ja kein Patent auf solche doch relativ einfach gestrickte Vierzeiler. Auch relativiert sich die Anmerkung, daß 'Sonett', 'Meine einstige Grabschrift' und 'Gebet eines Advocaten' wie Fingerübungen des Poeten in spe Karl May anmuten, angesicht dessen, daß May ja nun bereits seit den frühen 60er Jahren semiprofessionell auf höheren Niveau dichtete, wie etwa die in 'Karl May und die Musik' abgedruckten Liedtexte zu 'An die Sterne' (1864) oder 'Nocturne' [Ich will dich auf Händen tragen] (vermutl. auch 1864) zeigen.
So erscheint mir bespielsweise auch ein anonymer Abdruck eines Gedichtes in 'Schacht und Hütte' nicht immer als ausreichendes Indiz für eine Autorenschaft Mays. Im Falle des 'Gebet eines Advokaten' (Nr. 35) etwa mag dies so sein, es könnte auch auf die 'Billige Wirthschaft' (Nr. 31) zutreffen (Die Liebenden bezahlen / nicht viel für ihre Kost: / Sie speisen Mondesstrahlen / Und trinken Lippenmost), bei den Duo 'Fausts Grethchen' und 'Die jetzigen Gretchens' (ebenfalls Nr. 35) beispielsweise habe doch eher Zweifel. Da ist einfach bislang zu wenig gesichertes Vergleichsmaterial bekannt, und was man kennt, ist zudem auch noch relativ unspezifisch und für sichere Analogie-Schlüsse nicht immer geeignet. Auch stammen die allermeisten der anonym abgedruckten kleinen und größeren Witzchen und Annekdoten aus 'Schacht und Hütte' mit Sicherheit nicht von Karl May, warum sollte dieses ausgerechnet bei den Gedichten anders sein? Einige anonyme Vier- und anderen Mehrzeiler werden in Bezug auf eine mögliche May-Autorenschaft deshalb wohl fast immer unsichere Kandidaten bleiben.
Im Artikel wird ferner noch die Theorie angesprochen, daß Karl May sein Handexemplar von 'Schacht und Hütte' an Julius Hanzsch gegeben haben könnte. Daraus ergeben sich einige Überlegungen, die ich z.T. bereits schon früher hier im Forum formuliert habe. So schrieb ich im Unterforum 'Frühwerke' im Thread 'Nachdrucke': Dennoch aber muß May noch Ende der 70er Jahre diese Essaysammlung (= Georgaphische Predigten) - ob im Manuskript oder als Abdruck - greifbar gewesen sein. Schließlich übernimmt er - teils wortwörtlich, teils etwas paraphrasiert - die kurze Szene mit der 'Fata Morgana und der Karavane' aus 'Berg und Thal' für die 'Gum'-Geschichte in den 'Frohen Stunden', und bei der Neufassung 'Unter Würgern' integriert er darüberhinaus zusätzlich noch wortwörtlich die vorangehende allgemeine Beschreibung der Sahara aus den 'Geographischen Predigten'.
1879 hätte Karl May also entweder sein Handexemplar oder das Manuskript zu den 'Geographischen Predigten' noch besitzen müssen. Ein anderer Aspekt ergibt sich durch Mays Eintrag in Kürschners Literaturkalendern, in denen er eine 3. A[uflage] der 'Geographischen Predigten' aus dem Jahre 1880 angibt. Sollte dieser Eintrag nicht gänzlich falsch sein - so fand sich unlängst im KMV-Archiv eine mit "Giölgeda padishanün" betitelte französische Buchausgabe des Orientzyklus [vgl. KM+Co 98] und bestätigte so, wenn auch nicht unbedingt hinsichtlich des Datum, diesen bislang als irrtümliche Buchtitelangabe gewerteten Eintrag - so wäre zu überlegen, ob Hanzsch nicht ein heißer Verleger-Kandidat für eine solche seperate Buchausgabe der 'Geographischen Predigten' sein könnte. Andererseits fragt man sich natürlich, warum dann nicht wenigstens diese Ausgabe im Nachlass Mays gefunden wurde. Allerdings wäre es theoretisch auch möglich, daß sich Mays Aussage Mein letztes Exemplar habe ich verborgt und bemühe mich vergeblich, es wiederzubekommen (in: Schacht und Hütte, Reprint, Vorwort) gerade nicht, wie man generell annnimmt, auf ein Handexemplar von 'Schacht und Hütte', sondern eben auf diese ominöse Buchausgabe bezieht.
Zu dem Artikel 'Robert Kraft und Karl May' von Peter Richter kann ich aufgrund mangelnder Kraft-Leseerfahrung eigentlich nicht viel sagen, dennoch aber möchte ich die Interpretation, daß sich Karl May via Hobble-Frank mit dem Zitat vom 'Mädchen aus der Fremde' auf Kraft bezieht, doch etwas in Frage stellen. In dem parallel entstandenen Roman 'Old Surehand III' hat May nämlich einen anderen Autor im Sinn: Er jagte bald hier und bald dort, und wo man ihn sah, da verschwand er, wie Schillers »Mädchen aus der Fremde«, ebenso schnell, wie er gekommen war.
Zu den wichtigsten Beiträgen in den 'Karl-May-Welten', gehört selbstverständlich auch 'Oberlehrer Franz Langer - ein 'Pseudonym wird lebendig' von Wolfgang Hermesmeier und Stefan Schmatz. Da sich diese beide Autoren jedoch offensichtlich eher im Forum von 'Karl May & Co.' beheimatet fühlen, habe ich mich dort ausführlich diesem Artikel gewidmet, hier möchte ich nur auf eine Information aus dem abgedruckten Manuskript Langers eingehen, die man völlig unabhängig von den beiden Autoren diskutieren kann und zudem die Frühtext-Thematik betrifft, die ich hier ja schon wiederholt im alten wie im neuen Forum andiskutiert habe. Offenbar von May initiiert, schreibt der Oberlehrer: 'Die beiden Nachtwächter' war die erste Humoreske, der bald andere folgten. - wobei es plausibler erscheint, daß damit die unter dem Titel 'Die verhängnisvolle Neujahrsnacht' abgedruckte, offensichtliche Erstfassung gemeint sein dürfte.
Wie plausibel ist nun diese Information? Ich hatte dieser Thematik ja bereits schon einmal einen längeren Beitrag im alten Forum gewidmet: -> http://www.karl-may-stiftung.de/forum/messages/1179.htm und dabei die 'Neujahrsnacht' durchaus als Frühtextkandidat ins Kalkül gezogen. Wenn man jedenfalls von dieser 'verhännisvollen' Fassung ausgeht, so sind die wenigen, einfachen Figurennamen (David Heinrich, Hanne, Fritz, Liese, Bergmann, Grundmann, usw.) ebenso wie die Simplizität der Geschichte durchaus plausible Merkmale für einen sehr frühen May-Text.
Interessant liest sich dabei z.B. das Verseschneider-Motiv, welches auf Mays frühe Dichter+Liedertexter-Phase zu passen scheint: Ein hübscher Reim, der auf die Leute paßt, bringt allemal ein Trinkgeld; und das können wir gebrauchen (...). Und so wie die beiden Humoresken 'Im Seegerkasten' und 'Im Wasserständer' (die übrigens ebenso wie auch die 'Nachtwächter'-Neufassung im Reichsboten [1876-78] abgedruckt wurden), könnte auch diese kleine Geschichte ebenso unter dem Eintrag 79.) Im alten Neste Aus dem Leben kleiner Städte in dem 'Repertorium C. May' (-> http://karlmay.leo.org/kmg/seklit/JbKMG/1971/122.htm ) zu finden sein, da sich der dort aufgelistete Titel 8.) Beim Neujahrsblasen durchaus auf 'Die verhängnisvolle Neujahrsnacht' beziehen könnte. Schließlich werden die vollen Stunden von dem Birkensteiner Nachtwächter nicht etwa angeläutet sondern angeblasen: Sofort setzt er das Horn an: »Du - u - u - ut! Hat Zehn geschlagen!« Und genau um Mitternacht, also gewissermaßen beim 'Neujahrsblasen', ist der dramatische Höhepunkt der Geschichte, da begegnen sich die beiden Nachtwächter, wobei der eine versehentlich schlafend mit dem Omnibus ins Nachbardorf gefahren war, dort aufwachte und sich immer noch in seinem Heimatdorf wähnte und dabei in seiner Zeitrechnung auch noch um eine Stunde hinterher hinkte:
»(...) Das Schläfchen hat doch geholfen. Wenn nur auch das Wetter besser geworden wäre! Aber jetzt vorwärts, ehe es Elf schlägt!«
Fest glaubend, daß er in Breitenfeld sei, wandert er in die finstre Gasse hinein, geht an der ersten Ecke vorüber und bleibt dann an der zweiten stehen, um seines Amtes zu pflegen. Noch aber hat er das Horn nicht an den Mund gebracht, so läßt sich ihm grad gegenüber eine Schnarre vernehmen und eine ebenso schnarrende Stimme ruft:
»Hat Zwölf geschlagen. Lobt den Herrn!«
Insofern ist die Information, daß es sich bei den 'beiden Nachtwächtern' um Mays erste Humoreske handeln soll, sicher nicht gänzlich aus der Luft gegriffen, wobei man die ebenfalls von May ins Rennen geworfenen Kanidaten 'Sonnenscheinchen' und die Ur-'Wanda' (siehe hier im Forum unter -> Frühwerk: Sonnenscheinchen), die seiner Definition freilich eher als Dorfgeschichten gelten, als Erst-Prosatexte ebenfalls im Auge behalten muß.