Bearbeitungen von KMs Werken

Ralf Grosskurth
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Beitrag von Ralf Grosskurth »

In anderen Foren heißt das "eine Leiche ausgraben" :D

Dennoch möchte ich meine Meinung auch kundtun (und hier gibt's dann in anderen Foren einen schlafenden Smiley :wink: ).

In meiner Jugend las ich Bücher wie "Die Schatzinsel" oder "Robinson Crusoe", welche gekennzeichnet waren als "für die Jugend überarbeitet".

Hat mich das damals vom Lesen abgehalten? Nein.
Hat es meinen Spaß und meine Freude am Buch gemindert? Nein.
Ist es mir im Gedächtnis haften geblieben? Offensichtlich ja.
Möchte ich beide Bücher einmal im "Original" lesen? Ebenso ja.

("Original" deshalb hervorgehoben, weil man sich nun endlos über DAS Original in der Originalsprache oder über eine weitestgehend nahe Übersetzung unterhalten könnte).

Wie verschiedentlich hier schon angesprochen, ist beim KMV zu bemängeln, daß dem Leser die Kenntnis um die Bearbeitung vorenthalten wird.
Zwar wird je nach Auflage und Band gelegentlich die "behutsame sprachliche Überarbeitung" angesprochen (ich verweise hier zur Verdeutlichung auf das weiter oben in einem Beitrag erwähnte "sein Pistol" - "seine Pistole"), doch Weglassungen und komplette Umformulierungen sind in aller Regel nicht erwähnt.

Und insgesamt muß ich den ersten Beiträgen in diesem Gesprächsfaden widersprechen, in welchen darauf abgehoben wird, daß die Originaltexte ja fast alle zugänglich seien.
Das mag ja so sein, aber wer ein Buch aus dem KMV erwirbt, so lehrt die allgemeine Erfahrung, geht für gewöhnlich davon aus, den Originaltext lesen zu dürfen. Was in aller Regel dazu führt, daß KEINE Suche nach Originaltexten stattfindet, und in der Konsequenz bedeuten mag (nicht muß), daß der KM-Gemeinde ein weiteres Mitglied vorenthalten wird.

Gerade unter Vermarktungsaspekten wäre m.E. der KMV gut beraten, die Bearbeitung deutlicher zu machen, und die Originaltexte in ähnlich "klassischer" Aufmachung wie die grünen Bände anzubieten.

Meine Erfahrung aus Gesprächen mit Bekannten aus meiner Generation (ich vereinnahme nun einmal völlig ungeniert die 30-50jährigen) lerne ich nämlich, daß diese durchaus ein - mehr oder weniger stark ausgeprägtes - Interesse daran hätten, den einen oder anderen Band einmal im Vergleich zu lesen.

Und bitte schön, wenn diese Generation nicht über die entsprechende Kaufkraft verfügt, welche denn dann?

Khoda hafez!
Mit freundlichen Grüßen,

Ralf Grosskurth
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rodger
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Beitrag von rodger »

Gerade unter Vermarktungsaspekten wäre m.E. der KMV gut beraten, die Bearbeitung deutlicher zu machen, und die Originaltexte in ähnlich "klassischer" Aufmachung wie die grünen Bände anzubieten.
2012 zum hundertsten Todesjahr. Die fünf Jahre warten wir noch.

:wink:
Das mag ja so sein, aber wer ein Buch aus dem KMV erwirbt, so lehrt die allgemeine Erfahrung, geht für gewöhnlich davon aus, den Originaltext lesen zu dürfen. Was in aller Regel dazu führt, daß KEINE Suche nach Originaltexten stattfindet
Und eben deswegen habe ich es bis heute immer noch nicht verarbeitet oder auch verkraftet, daß zur singulären Ausstellung in Berlin im Museumsshop offenbar nur grüne Bände & 1 Hamburger Leseheft erhältlich sind.
H. Mischnick
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Beitrag von H. Mischnick »

Meiner Ansicht nach ist "Allah il Allah" eine durchaus unerfreuliche Bearbeitung. Da ist nichts verbessert wurden. Der arrogant-überhebliche Oskar Steinbach, der zu Kara Ben Nemsi wurde, paßt nicht zu dessen Auftreten am Anfang des Orient-Abenteuers. Die Umwandlung des deutschen Kunstmalers und umsichtigen Reserveoffiziers Paul Normann in einen sehr prahlerischen und Kara-gläubigen Hadschi Halef ist mißlungen. Die echten Tarik und Hilal sind keine Feldwaldwiesenbeduinen und schon gar nicht gelehrige Schüler Seiner Omnipotenz Kara, sondern tapfere, berühmte, erfolgreiche Wüstenkrieger, die keiner großspurigen Belehrung durch einen abendländischen Überhelden bedürfen und sich in der Schlacht bestens bewähren. Steinbach ist allerdings ein exzellenter, weil gewiefter und erfahrener, Diplomat. Im Original zeigt Hilal Steinbach und Co schon am See Chiyam meisterlich, was er kann, in der Bearbeitung beweist er IHG (Ihro Heldliche Gnaden) Kara, was er von ihm gelernt hat, und sieht zu dem großteutschen Helden auf. Polikeff und Ibrahim sind keine Witzfiguren, sondern zwei absolute Fieslinge, die vor nichts zurückschrecken, auch wenn sie teilweise von Steinbach und seinen Begleitern gehörig düpiert werden. O Hadschi HerrPaul Omar Ben Hadschi Normann Abbas Ibn Hadschi Maler al Offizah und Kara Ben Steinbach, ihr wäret besser unterblieben!

Das Wüstenabenteuer im Originaltext ist für mich der beste Teil von "Deutsche Herzen - Deutsche Helden".
Franz Cantor
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Beitrag von Franz Cantor »

Ich habe hier bisher noch nicht mitbekommen, daß jemand mein Verfahren, eine Urfassung oder eine der Urfassung nahe Bearbeitung letzter Hand von zeitgenössischen Fassungen zu unterscheiden und danach zu beurteilen, ebenfalls benutzt hat.
Ich zähle Buchstaben pro Zeile, Zeilen pro Seite und schließlich die Seiten.
Das Ergebnis ist immer überraschend.

Hier wurde auch perry rhodan, von den ich hauptsächlich die Heftausgabe vollständig besitze, erwähnt; da hat es genauso funktioniert wie bei dem großen Mayster.

Meine erste Begegnung mit Karl May war 1957 eine Winnetou-Aufführung unserer Schule.
Szepter und Hammer war mein erster Roman. Dann hatte ich Zugang zu einer Bibliothek, die etwa 65 Bände unterschiedlichster Auflagen als Lektüre anbot. Ein Freund hatte wenigstens die Winnetou-Bände. Und ich lernte mit dieser Lektüre einen Teil der Welt kennen.

Die Augen gingen mir aber richtig auf, als ich 1972 den Reprint des Waldröschens las.

Ja, und dann bin ich letztens ganz zufällig auf dies Forum gestoßen.
markus
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Beitrag von markus »

Franz Cantor hat geschrieben:Ich habe hier bisher noch nicht mitbekommen, daß jemand mein Verfahren, eine Urfassung oder eine der Urfassung nahe Bearbeitung letzter Hand von zeitgenössischen Fassungen zu unterscheiden und danach zu beurteilen, ebenfalls benutzt hat.
Ich zähle Buchstaben pro Zeile, Zeilen pro Seite und schließlich die Seiten.
Das Ergebnis ist immer überraschend.

Hier wurde auch perry rhodan, von den ich hauptsächlich die Heftausgabe vollständig besitze, erwähnt; da hat es genauso funktioniert wie bei dem großen Mayster.

Meine erste Begegnung mit Karl May war 1957 eine Winnetou-Aufführung unserer Schule.
Szepter und Hammer war mein erster Roman. Dann hatte ich Zugang zu einer Bibliothek, die etwa 65 Bände unterschiedlichster Auflagen als Lektüre anbot. Ein Freund hatte wenigstens die Winnetou-Bände. Und ich lernte mit dieser Lektüre einen Teil der Welt kennen.

Die Augen gingen mir aber richtig auf, als ich 1972 den Reprint des Waldröschens las.

Ja, und dann bin ich letztens ganz zufällig auf dies Forum gestoßen.
Herzlich Willkommen.

Die May-Scene kann immer gut Nachwuchs gebrauchen :wink: :D
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Tobias K.
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Beitrag von Tobias K. »

marlies hat geschrieben:Am problematischten sind Gedicht Uebersetzungen (siehe viel frueherer thread irgendwo). Da muss man entweder ein neues Gedicht 'erfinden' oder das 'original' Gedicht [ik weess May's Reimereien werden nicht immer wohlwollend als Gedichte beschrieben - so be it] ... oder das 'original' Gedicht dem Sinn nach uebersetzen - wobei's dann weder reimt noch 'im Takt' sich liest. So da muss eine 'Bearbeitung' in dem Sinne schon gut ueberlegt werden.
Beg to differ - ich kenne da zumindest ein ein ziemliches Traumergebnis. Es gibt da einen Herrn (Val Draper), der hat anscheinend sein halbes Leben darauf verwandt Heines Gedichtee auf Englisch zu übersetzen. Und da ich den auch ziemlich schätze bin ich ein durchaus sketpscher Richter gewesen. - Dennoch: Satzrhythmus, Reimschema und die klassischen Heinepointen erhalten - und zusätzlich sind die Texte auch noch passgenau auf die Schumannvertonungen zu singen... Ich war sprachlos vor Glück.

Das muß man allerdings auch erstmal hinbekommen... Ich hatte das Vergnügen mich ein wenig mit Sven Böttcher austauschen zu dürfen - und bewundere zwar seine Arbeit - aber wir sind uns beide einig, dass manche Witze von ihm gänzlich neu erfunden werden mußte, als er die "Marx-Brothers-Radio-Show" übersetzte. Vom 5. "Anhalter" und dem "Labenz" mal ganz zu schweigen - und die allerdings waren nun ohne Reime... ;)
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[Der Schatz im Silbersee, 217.]

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