Dr. William E. Thomas MD

Karl May in der deutschen Tradition

 

   
GREY OWL

Grey Owl»Ich bin Grey Owl. Ich komme aus Übersee, um Ihnen meine kanadische Heimat zu beschreiben.« So lauteten die Worte, die Grey Owl verwendete, um sich während seiner Vortragsreise durch England 1935 der Öffentlichkeit vorzustellen. Solche Menschenmengen besuchten seine öffentlichen Veranstaltungen, dass die Polizei gerufen wurde, um sie zu kontrollieren.

Grey Owl war auch ein erfolgreicher Schriftsteller. Die ›Männer der letzten Grenze‹, ›Pilger der Wildnis‹, ›Die Abenteuer von Sajo und ihrem Bibervolk‹, die ›Geschichten einer leeren Hütte‹ erreichten eine enorme Beliebtheit. Einige seiner Geschichten erschienen in kanadischen Lesebüchern.[1] Grey Owls Geschichte über Biber wurde in achtzehn Sprachen übersetzt. Im Jahre 1938 wurde Grey Owl aufgefordert, der königlichen Familie eine Galavorstellung im Buckingham Palast zu geben.

Grey Owl war ein Pionier der modernen Umweltschutzbewegung. Mit seiner indianischen Frau lebten sie dort, wo heute der Prinz-Albert-Nationalpark in Saskatchewan, Kanada, liegt. Ihr Zuhause war eine kleine Blockhütte mit einer Biberburg im Wohnzimmer. Grey Owl lebte das Leben eines Objibwa-Indianers in der Wildnis.[2]

»Nennt mich Grey Owl«, pflegte er zu sagen, »einfach Grey Owl, bitte«. Er erzählte von sich selbst, dass er in Hermosillo, Mexiko, im Jahre 1888 geboren sei. Seine Mutter war Katherine Cochise von den Jicarilla-Apachen. Sein Vater war George MacNeil, ein Schotte, der als Späher während der südwestlichen Indianerkriege gedient hatte.

Grey Owl lebte ein einfaches Leben in der kanadischen Wildnis. Er zog sich auf indianische Weise an, sah aus und handelte wie ein Indianer.[3] Heutzutage wird trotz aller seiner menschlichen Fehler Grey Owl als erster Umweltschützer angesehen. Grey Owl starb 1938 kurz vor seinem fünfzigsten Geburtstag in seiner Blockhütte im Wald, die er mit den Bibern teilte. 1998 drehte der britische Regisseur Sir Richard Attenborough einen Film über das Leben von Grey Owl mit Pierce Brosnan in der Hauptrolle.[4]

Grey Owl 2Erst nach dem Tode Grey Owls wurde bekannt, dass er ein Engländer, geboren als Archie Belaney in Hastings, England, war. 1906 kam er mit 18 Jahren nach Kanada. Der junge Mann wurde zu einem Eingeborenen, nicht durch Zufall, sondern mit Absicht. Er begann, in seinem selbsterstellten Mythos zu verschwinden. Archie war vom Objiway-Stamm adoptiert worden und hatte ein Indianermädchen geheiratet. Er begann, sein Haar schwarz und seine Haut mit Henna rot zu färben. Je mehr er schrieb, desto indianischer wurde er. Schließlich verwandelte sich Archie Belaney in einen Indianer, der sich Grey Owl nannte.

Nachdem er gestorben war, begann man, Grey Owl einen ›Hochstapler‹ zu nennen, »ein englischer Exzentriker, der das Großbritannien der 30er-Jahre täuschte, einschließlich König George VI und THE TIMES (Ausgabe vom Januar 1938), zu denken, er wäre ein Indianerkrieger.« Doch es sollte noch schlimmer kommen: »Ein Betrüger, ein Bigamist, ein Trinker, ein Schurke und ein Lügner.« Und doch war Grey Owl kein Hochstapler – kein Lügner. Er betrog niemanden um Geld, indem er behauptete, Grey Owl zu sein. Er lebte wirklich wie ein Indianer.

Trotz der Tatsache, dass Grey Owl tatsächlich das Leben eines Indianers führte, begann man, sobald bekannt wurde, dass er als Archibald Belaney geboren wurde, ihm Beleidigungen an den Kopf zu werfen. Zum Glück für Grey Owl war er da schon tot.


Karl Mays ›Jahre des Triumphs‹

Im Leben von Karl May waren die Jahre 1893 bis 1899 seine ›Jahre des Triumphs‹. Die einzigen. Die Buchauflagen seiner Schriften ermöglichten Karl May finanziell, sich von seinem vorherigen hektischen Leben zu entspannen, von den Tagen und häufig auch Nächten, die er mit Schreiben verbrachte, um Geld zu verdienen und dabei den jeweiligen Redaktionsschluss einzuhalten. Als er wagte zu behaupten, Old Shatterhand zu sein, waren seine ›Jahre des Triumphs‹ bald vorbei. Seither scheint nichts außer Verweisen auf seine ›Hochstapelei‹ oder Schlimmeres das fortwährende Thema in der Literatur zu sein.

Es war Karl Mays Ausstieg aus der reinen, patriarchalischen Gesellschaft des Deutschlands seiner Zeit, der den Zorn, die Beleidigungen, die Ächtung und den Ärger bestimmter Vertreter des Establishments hervorbrachte. Nicht so bei den üblichen Lesern von Karl Mays Büchern – im Gegenteil! Die Beliebtheit Karl Mays unter ihnen war so groß wie eh und je.

Claus Roxin konnte sich in seiner klassischen Studie ›Dr. Karl May, genannt Old Shatterhand‹[5], nicht treffender ausdrücken, als er schrieb: »Es war gelungen. Die Fiktion war Wirklichkeit geworden, …«[6] Karl May ging mit der plötzlichen Publicity, dem plötzlichen Glück und dem plötzlichen Ruhm mit. Er kaufte ein Zuhause, die Villa »Shatterhand.«. Er hätte es sich leisten können zu reisen. Er war Old Shatterhand: Er schuf ihn, führte sein Leben in seinen Büchern. Karl May identifizierte sich mit seinen Helden: »So wurde die Verklammerung von dichterischer Imagination und künstlich geschaffener Realität enger und enger.«[7] Hätte Karl May Deutschland zu dieser Zeit verlassen, wäre er Old Shatterhand geblieben.[8]

Es gibt einige interessante Ähnlichkeiten zwischen Grey Owl und Karl May. Die seltsame Rolle der Väter, der frühe Einfluss der Großmütter in der Kindheit. Die Persönlichkeiten von Archibald Belaney und Karl May sollten als soziale Phänomene behandelt werden, nicht als einzelne pathologische Fälle. Beide stiegen aus der reinen patriarchalischen Kultur aus. Archie Belaney verwandelte sich in Grey Owl. Karl May wurde im Geiste Old Shatterhand.

Grey Owl und Old Shatterhand erreichten anthropologische Verwandtschaftsbeziehungen mit anderen Menschen, zum Beispiel die Aufnahme in einen Stamm, die nicht auf Blutsverwandschaft basierte. Die Auffassung von heute ist anders als die in der Vergangenheit. Auf der Basis des anthropologischen Wissens kann jemand Anspruch auf Verwandtschaft mit oder Abstammung von anderen, fremden Menschen erheben. Grey Owl war in den Objibwa Stamm aufgenommen worden. Old Shatterhand wurde ein Mescalero-Apache. Mit diesem Verständnis waren Archibald Belaney und Karl May in ihrem sozialen Denken ihrer zeitgenössischen Gesellschaft weit voraus.


Der Sturm

»Die Katastrophe traf ihn jäh und mit einem Schlag.« (Hans Wollschläger)[9]

»Heut kehr ich nun ins Vaterland zurück, um jenen alten Weg aufs Neue zu betreten.« (Radebeul, Mai 1903. Karl May.)[10]

Es scheint, Karl May hat die Situation erfasst. Er verstand, dass die beliebten Reiseerzählungen die Angriffe auf ihn auslösten. May antwortete auf zweierlei Weise. Erstens erschienen 1903 seine Erstlingswerke als ›Erzgebirgische Dorfgeschichten‹, ein Buch nach rein örtlichem, deutschen Geschmack. Zwar hatte diese Veröffentlichung im Urheberrechtsstreit seiner Münchmeyer-Romane prozesstaktische Gründe, jedoch hätte er auch einen exotischen Inhalt wählen können –: er tat dies nicht. Dorfgeschichten passen zu einem deutschen Schriftsteller. Wir hören oder lesen nie eine negative Rezension dieses Buchs. Hätte Karl May alle seine Geschichten in diesem Stil geschrieben, wäre er nie ein ›Hochstapler‹ und Schlimmeres genannt worden. Der Grund ist, daß er nicht aus der reinen, deutschen, patriarchalischen Gesellschaft seiner Zeit ausgestiegen wäre.

Als nächstes änderte Karl May seinen Schreibstil in ›Symbolismus«. Er »versenkte« buchstäblich den früheren Karl … in das rothe Meer.[11] Es war zu spät; die Angriffe gegen seine Person wurden zunehmend bösartiger. Fast alle Anklagen basierten auf Rufmordversuchen. Diese Tradition reicht in Deutschland bis zum heutigen Tage.

Karl May wurde zu Lebzeiten ein ›geborener Verbrecher‹, nach dem Tode ein ›Homosexueller‹ genannt, was entweder ein Witz oder ein bewusster Versuch war, um einen der beliebtesten deutschen Schriftsteller zu verleumden. Er wird immer noch in zeitgenössischen Artikeln als ein ›Lügner‹ dargestellt. Es wurden Vorschläge zur geistigen Unausgeglichenheit Karl Mays gemacht.

Geborener Verbrecher‹: 1908 wurde Karl May vom Juristen Erich Wulffen in seinem Buch ›Psychologie eines Verbrechers‹[12][13] ein »geborener Verbrecher« genannt. Selbst wenn Wulffens Ansichten nicht mehr haltbar oder akzeptabel sind, wird Karl May immer noch in zeitgenössischen Schriften über ihn Verbrecher genannt. Heutzutage wäre Karl May wegen seiner Dissoziativen Identitätsstörung, unter der er in den Jahren 1864–1872 litt, behandelt und nicht inhaftiert worden.

Homosexueller‹:[14] Es gibt keine Verdächtigungen gegen Karl May, ein Homosexueller zu sein, vor der Veröffentlichung von Arno Schmidts Buch ›Sitara und der Weg dorthin‹ im Jahre 1963.[15] Schmidt gab sein Buch während des kalten Krieges in den 1960er Jahren heraus. Das Buch führte die Tradition fort, ein öffentliches Vorbild zu diffamieren, mit der Absicht, Karl Mays Bücher für die Eltern der potentiellen Leser inakzeptabel zu machen. Weil Karl May ein sehr erfolgreicher Schriftsteller war, besonders beliebt bei den jungen Leuten, war dies ein Versuch, ihn bei bestimmten Gruppen der deutschen Gesellschaft in Verruf zu bringen. Der Auslöser war Arno Schmidts Abneigung gegen die Verlegerfamilie Schmid des Karl-May-Verlags in Bamberg.

Hitlers Lehrmeister‹: Karl May wurde, nüchtern betrachtet, Hitlers Opfer. Es ist nicht wahr, dass Adolf Hitler die vollständigen Werke von Karl May las, wie es immer noch in der Literatur wiederholt wird. Hitler bekam, als er deutscher Reichskanzler war, die Gesamtausgabe von Karl Mays Büchern geschenkt. In seiner Jugend las Hitler die Indianergeschichten und einige der Orientabenteuer. Hitler las ganz bestimmt nicht ›Und Friede auf Erden!‹ In seiner Oberflächlichkeit überflog Hitler die Abenteuerteile, aber tiefere Vorstellungen von Menschlichkeit berührten ihn nicht im geringsten. Claus Roxin drückte es mit diesen Worten aus: »… wo er [Karl May] endete, in den literarischen Höhen, konnten ihm seine Leser nicht mehr folgen«.[16] Hitler war einer von ihnen, die nicht den edlen Idealen Karl Mays folgen konnten. Dies hielt Hitler nicht davon ab, May in unpassenden Momenten zu zitieren.

Ein Deutscher, der vor Hitler geflüchtet war, Klaus Mann, veröffentlichte 1940 einen Artikel mit dem Titel ›Cowboymentor des Führers‹. Manns emotional gefärbte Sicht erscheint immer noch in der Literatur 1993[17] im folgenden Satz: »Old Shatterhand zitierte ständig die Bibel und behauptete, daß ihm ein göttliches Recht verliehen wurde, minderwertige Rassen auszurotten, und wir wissen, daß Hitler diese Meinung häufig in späteren Jahren vertrat.«

1999 verlieh die Pennsylvania State University, USA, Ben Novak den Doktortitel in Philosophie für seine Studie ›Die dritte Logik: Die Abduktion von Adolf Hitler‹. In seiner Doktorarbeit stellt Ben Novak die These auf, dass Hitlers Verstand nach den Regeln der abduktiven Logik funktionierte, die er von Karl May lernte.

Hochstapler‹: Karl May wird immer noch ein Betrüger, ein Dieb und ein Schwindler genannt. Die Anschuldigungen Kriminalität und Falschheit beziehen sich auf Mays Taten vor 1870.

Liebesaffäre mit einer verheirateten Frau‹: Erwähnt in einer neuen Studie.[18] Diese ›Lupus in Fabula‹[19]-Behauptung »Kriminalitäts – und Vagantenphase Mays als Ausdruck der Persönlichkeitsstörung«[20] ist ein hartes Urteil über den neunzehnjährigen Karl May. Es gab keine solche langdauernde, vollzogene Liebesaffäre mit einer verheirateten Frau. Es existiert der Originalbericht, geschrieben vom direkten Vorgesetzten Mays, eines Eduard Pfützner, dem örtlichen Schulinspektor, vom 7. November 1861 über die ganze Affäre.[21] Es stellte sich heraus, dass der Vermieter von Karl May Alkoholiker war. Nach vierzehn Tagen hatte May genug und zog aus. Die ganze Affäre war trivial. Daraus zu schließen[22] – weil Karl May dieses Ereignis nicht in seiner Autobiografie erwähnte – dass May Bewusstseinsstörungen nicht nur im Alter, sondern auch schon in seiner Jugend hatte, was bedeuten soll, dass Karl May ein gestörtes Moralbewusstsein hatte, ist boshaft und haltlos.[23]

Narzisstische Persönlichkeit‹: Hans Wollschläger lieferte uns ein Anwendungsbeispiel Freudscher Psychoanalyse, ziemlich kenntnisreich zu seiner Zeit (1972), jedoch heute kaum mehr akzeptabel.[24]

Pathologischer Lügner‹: »… er [Karl May] leugnete regelmäßig in immer neuen Varianten.«[25] Viele kreative Schriftsteller verwenden, um sich auszudrücken, die Erzählung in der ersten Person (der sogenannten ›Ich‹-Form). Conan Doyles Geschichten sind in der ersten Person verfasst. Alle Conan-Doyle-Geschichten werden so geschildert, als ob sie wahr wären. Die Geschichten sind so lebhaft erdacht, dass die Leute glaubten, Sherlock Holmes würde wirklich existierten. Diese Legende hält sich sogar bis zum heutigen Tage aufrecht. Und doch gibt es kaum jemanden, der Sir Conan Doyle einen Lügner nennen würde.

Kein Glaube wird der Tatsache geschenkt, dass Karl May ein Künstler, ein kreativer Schriftsteller mit einer großen Vorstellungskraft war. Während seines Lebens machte er eine geistige Entwicklung durch, vom Verfassen beliebter Romane, um sich selbst eine Existenz aufzubauen und seinen Lebensunterhalt zu verdienen, hin zum Schreiben philosophischer und symbolischer Bücher. Wie so viele kreative Künstler hatte Karl May die Fähigkeit, sich von seiner Umgebung loszulösen und in seiner eigenen Welt zu leben. Dies führte gelegentlich zu einer merkwürdigen Kombination von Distanzierung und werbewirksamen Auftritten.

Die Verbrechen von Winnetou und Co‹: Ein vielleicht ironisch geschriebenes Buch von Florian Kann[26], aber immer noch im Sinne einer negativen Einstellung zu Karl May. Es war sicher nicht Karl Mays Absicht, Winnetou als einen Straftäter darzustellen. Jedoch – hundert Jahre, in denen »Karl Mays Verbrecherlaufbahn«[27] immer wieder wiederholt wurde, hinterließen in der deutschen Tradition ihre Spuren.

Außer den Jahren 1862–1874 (mit Ausnahme der sogenannten Stollberg-Affäre[28]) kam Karl May nie in Konflikt mit dem Gesetz. Das ist eine Spanne von 12 Jahren, während der er größtenteils an Dissoziativer Identitätsstörung litt, gegen 39 Jahre gesetzestreuen Lebens!

Beliebte Schriftsteller werden zu ›Literaten‹. William Shakespeare, Conan Doyle, Charles Dickens, Jane Austin – alle schrieben für die Öffentlichkeit. Heutzutage gibt es literarische Gesellschaften, die sich auf ihre Werke begründen. Die Auffassung, dass ein Schriftsteller immer noch nach seinem persönlichen Leben beurteilt wird, nimmt sehr ab. Wir sollten nicht nur das Leben des Künstlers bewerten, sondern vielmehr sein Lebenswerk. Jedoch vom Jahr 1900 bis zum Jahr 2000, also seit hundert Jahren, lesen wir in der deutschen Literatur über Karl May, er war ein geborener Verbrecher, Betrüger, Knastbruder, anmaßender Snob, pathologischer Lügner, Hitlers Lehrmeister, ein Homosexueller, Psychopath, eine bizarre Persönlichkeit, ein Geistesgestörter. Kein gutes Beispiel, dem man folgen kann! Man fragt sich, warum die Bücher von Karl May immer noch so beliebt und auflagenstark sind.


War Karl May geistesgestört?

Freud betrachtete Kreativität als Neurose. Es wurden mehrere Studien in der Vergangenheit geschrieben, die Karl May als eine narzißtische Persönlichkeit nach der reinen Freudschen Lehre beschrieben. Sogar die romantische Ansicht zu Kreativität des englischen Schriftstellers Robert Burton in seinem 1621 erschienenen Buch ›Die Anatomie der Melancholie‹, worin er behauptete, »alle Dichter sind verrückt«, war etwas weniger bösartig und beleidigend.

Nach Ansicht einiger Autoren der Gegenwart sollte die Schnelligkeit des Denkens und erhöhte Energie eine Form des geistigen Ungleichgewichtes sein. In Literatur, Dichtung und Autobiographie haben viele Schriftsteller sich auf ihre eigenen Erfahrungen mit Geisteskrankheit bezogen, wie die Psychologin Kay Redfield Jamison von der John-Hopkins-Universität es in ihrem Buch ›Manisch-depressive Erkrankung und Kreativität‹ tat. Jamison ist selbst manisch-depressiv und beschreibt ihren langen Kampf mit der Krankheit. Ähnliche Bücher wurden in den 1980er Jahren populär, wie zum Beispiel Elizabeth Wurzells Bericht über ihre Depression ›Prozac Nation‹, Joanne Greenbergs ›Ich habe Dir nie einen Rosengarten versprochen‹, Jennifer Dawsons ›The Ha-Ha ‹, Janet Frames ›An Angel at my Table‹, oder Kate Millets ›The Loony Bin Trip‹, um ein paar zu nennen. Solche Literatur kann kaum wissenschaftliche Forschung genannt werden.

Kay Jamison hat in ihren zwei Büchern ›Touched With Fire‹, und ›Manisch-depressive Erkrankung und die künstlerische Veranlagung‹ eine lange Liste von Schriftstellern, Komponisten und Musikern, Dichtern und Künstlern zusammengestellt, die ihrer Ansicht nach unter der manisch-depressiven Erkrankung litten. Jamisons Meinung wird sicher von ihrem eigenen Gesundheitszustand beeinflußt. Fast jeder auf ihrer Liste wurde »mit Feuer berührt«, dass heißt, er litt an Depressionen, war suizidgefährdet oder wurde manisch.

Jedoch musste sogar Jamison akzeptieren: »Es wäre falsch, jeden als manisch-depressiv zu bezeichnen, der ungewöhnlich gebildet, energiegeladen, empfindsam, launisch oder exzentrisch ist.«

Gibt es tatsächlich eine Verbindung zwischen künstlerischer Kreativität und Geisteskrankheit? Die meisten Künstler sind nicht geistesgestört, und die meisten geistesgestörten Leute sind keine Künstler. Ernsthafte Forschung ist betrieben worden, und die Ergebnisse sind sehr umstritten. Arnold M. Ludwig versuchte mit seinem Buch ›The Price of Greatness‹,[29] die Fehler von vorherigen Studien zu vermeiden. Ludwig glaubt, dass Menschen in vielen Berufen, einschließlich Sport, Politik und Wirtschaft äußerst kreativ sind. Es liegt nur daran, dass Leute in künstlerischen Berufen mehr beobachtet worden sind und auch weil Künstler in der Lage sind, ihre Gefühle öffentlich oder in ihren Werken auszudrücken, dass die Aufmerksamkeit auf sie gelenkt wurde.

Einige der letzten Forschungsunterlagen, wie ›Kreativität und Geistesgestörtheit‹: Überzahl bei Schriftstellern und ihren Verwandten ersten Grades"[30] beschrieben einen höheren Anteil an Geisteskrankheiten, überwiegend Gefühlsstörungen mit einer Tendenz in Richtung der manisch-depressiven Unterart. Nur 30 kreative Schriftsteller wurden untersucht, was diese Studie überhaupt nicht repräsentativ macht.

Da 1999 die These aufgestellt wurde, Karl May habe an manisch-depressiver Erkrankung gelitten,[31] wollen wir uns einige der für diese Krankheit relevanten Merkmale ansehen. Die manisch-depressive Erkrankung ist eine Geistesstörung, die Episoden von schweren Wahnvorstellungen und Depressionen umfasst. Für diejenigen, die von der Krankheit betroffen sind, ist es äußerst schmerzlich und störend. Es kann hilfreich sein, sich die verschiedenen Stimmungszustände der manisch-depressiven Erkrankung als ein Spektrum oder fortlaufenden Bereich vorzustellen. An einem Ende steht schwerwiegende Depression, die in gemäßigte Depression übergeht, dann kommen leichte und kurze Stimmungsstörungen, die viele Leute ›den Blues‹ nennen, dann normale Stimmung, darauf Hypomanie (eine sanfte Form der Manie) und dann Manie.

Depression und die manisch-depressive Erkrankung sind die zwei Hauptarten depressiver Erkrankung, auch bekannt als affektive Störungen oder Stimmungsstörungen, weil sie in erster Linie die Gefühle einer Person beeinflussen. Andere Bezeichnungen sind Depression (unipolar) und die manisch-depressive Erkrankung (bipolar disorder). Es gibt verschiedene Formen der manisch-depressiven Erkrankung wie Dysthymie, eine Art chronischer, gemäßigter Depression, Zyklothymie oder manisch-depressive Erkrankung, in der die Zyklen – Stimmungsschwankungen – nicht ganz so schwerwiegend sind, und Hypomanie, ein gemäßigteres Syndrom als die ausgewachsene Manie.

Wenn sie unbehandelt bleibt, tendiert die manisch-depressive Erkrankung dazu, sich zu verschlechtern, und die Person erfährt Episoden voll ausgeprägter Manie und klinischer Depression. Die Krankheit ist von Stimmungsschwankungen von tiefer Depression bis zur Manie charakterisiert. Es gibt eine relativ schlechte langfristige Prognose für viele mit dieser Krankheit. Während der Depression verlangsamt sich der Verstand bis zu dem Punkt, dass er praktisch wertlos ist. In einem manischen Zustand kommen die Ideen zu schnell, und es gibt zu viele von ihnen. Überwältigende Verwirrung ersetzt die Klarheit zu denken. Die Person wird böse, reizbar, ihre Stimmung hört auf, amüsant zu sein. Sie beginnt, andere Leute zu erschrecken, und wird unkontrollierbar. Schädliche Folgen der Krankheit sind die Zerstörung von persönlichen Beziehungen, die Unfähigkeit, den üblichen Beruf auszuführen, Arbeitsverlust, impulsives oder leichtsinniges Benehmen, Alkohol- oder Drogenmissbrauch und Selbstmordgefahr. Karl Mays vermutete manisch-depressive Erkrankung wäre unbehandelt gewesen, da zu seiner Zeit keine wirksame Behandlung (Lithiumkarbonat) verfügbar war.

Die manisch-depressive Erkrankung ist wiederkehrend. Ein Lebensdiagramm von Stimmungssymptomen und Lebensereignissen aufzubauen, ist für eine Diagnose dieser Krankheit notwendig. Solch ein Diagramm zeigt abschwächende Schwankungen der Stimmung durch manische Episoden, gekennzeichnet von anormaler Euphorie und Reizbarkeit, bis zu Abschnitten von Depression. Langanhaltende Traurigkeit, Reizbarkeit, Ärger, Sorge, Erregung, Angst, Pessimismus, Gleichgültigkeit, Verlust an Energie und anhaltende Lethargie, die Unfähigkeit, sich während der Depression zu konzentrieren – rasende Gedanken und Sprechweise, eine Flut von Ideen, schlechtes Urteilsvermögen, leicht abzulenken, Verwirrung während der Manie machen jede ernsthafte kreative Tätigkeit im Laufe der Zeit fast unmöglich. Den Beweisen nach, die wir haben, zum Beispiel die gleichbleibende, stetige Produktion von vernünftigen Geschichten aus Karl Mays Feder über Jahre hinweg, gibt es keine Hinweise auf manisch-depressive Krankheitsanzeichen.

Es hat einen Denkansatz gegeben, dass ganz bestimmte Ereignisse im Leben von Karl May Symptome seines anormalen Benehmens waren. Während Karl Mays ›Jahren des Triumphs‹ (1893–1899), kam er wirklich mit der plötzlichen Bekanntheit, ausgelöst durch die Veröffentlichung seiner Geschichten in Buchform, zurecht. Karl May identifizierte sich mit seinem Helden Old Shatterhand. Eventuell naiv hatte er (da die spätere Zerstörung der Negative dafürspricht) 101 Bilder von sich in den Kostümen von Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi zu Werbezwecken aufnehmen lassen. Eine angeregte Diskussion mit Baron Vittinghoff-Schell im Februar 1898[32] kann kaum ein Beweis geistiger Instabilität von Karl May sein. Die Gewohnheit Karl Mays, plötzlich ohne seine Ehefrau auszugehen[33], oder Einzelheiten über Emma und Karl Mays Besuche bei Fehsenfeld (Verleger seiner Bücher), überliefert durch Pauline Fehsenfeld, sind typischer für die eheliche Disharmonie der Mays als für eine Geistesstörung. Dazu gehört auch die Äußerung von May in seinem Brief an Fehsenfeld von 1893: »meine gegenwärtige gegen früher hochgradig gesteigerte Nervosität … infolge häuslicher Zerwürfnisse … daß ich oft nach der Wand über meinem Schreibtisch sehe, wo der geladene Revolver hängt« – ist mehr ein Ausdruck der Frustration und versteckter Schrei nach Hilfe, als ein Zeichen krankhafter Depression.

Eine Fehldeutung eines klaren pathologischen Syndroms als einen psychischen Zustand erschien in einer Studie über Karl May.[34] Mays genaue Beschreibung seines körperlichen Schmerzes im Jahre 1910, vielleicht verursacht durch Bronchialkrebs mit Metastasierung zur zervikalen Wirbelsäule bei einem über Jahrzehnte starken Raucher, wie es Karl May war, oder durch eine chronische Blei/Cadmium-Vergiftung[35], wird auf Manisch-Depressivität zurückgeführt: »Außerdem verhindern mich brutale Körperschmerzen, in der Weise zu schreiben, wie ich möchte. … Schmerzen, unaufhörliche, fürchterliche Nervenschmerzen, die des Nachts mich emporzerren und am Tage mir die Feder hundertmal aus der Hand reißen!«[36]

Karl Mays Verhalten und Äußerungen von May bis Juli 1897, als er durch Deutschland und Österreich reiste, öffentliche Vorträge und informelle abendliche Treffen mit seinen Bewunderern abhielt, könnten nur mit Auftritten heutiger Popstars verglichen werden. May verfiel dem Zauber seines Ruhms und verhielt sich dementsprechend vor seinen Zuhörern. Es scheint keinen Zweifel an der Tatsache zu geben, dass Karl May, der sich erlaubte, sich auf der Welle seiner Beliebtheit treiben zu lassen und sich mit seinem Helden zu identifizieren, die Grenze der Glaubwürdigkeit überschritt.

Karl May hatte die Fähigkeit, gleichzeitig an zwei oder mehr Themen zu arbeiten. Dies war eine seit langer Zeit bestehende Arbeitsweise, die er schon während der Münchmeyer-(Kolportage-)Zeit[37] eingeführt hatte. Viele Schriftsteller können sich bei Nacht besser konzentrieren. Dies ist einfach eine Gewohnheit, nicht ein Zeichen von Manie. Hitler und Stalin gingen in der Regel erst in den frühen Morgenstunden zu Bett. Merkwürdigerweise gibt es kaum eine Erwähnung in der Literatur, wann Karl May aufstand.

Die Anekdote, wie Karl May seine Sujetsuche 1898 in Gartow betrieb, ist anmutend.[38] May schwamm immer noch auf der Woge seines Erfolges. Seine Großzügigkeit, mit der er Leute für ihre Dienstleistungen entlohnte, wurde vor und nach Gartow dokumentiert. Sie war sicher kein Zeichen von Manie, sondern der Menschenliebe von Karl May. Mit Augenmerk auf die Werbewirksamkeit sandte Karl May, um seinen Lesern zu zeigen, das er wirklich reiste, die vielen Postkarten aus Übersee nach Deutschland. Er organisierte seine Öffentlichkeitsarbeit selbst. Vor hundert Jahren wurde dies nicht als die Tat eines Irren angesehen.

Es gibt zwei Mythen aus dem Leben von Karl May, die einer näheren Betrachtung und dem letzten Stand der Forschung nicht standhalten. Dies sind die zwei Berichte über Mays anormales Benehmen, einmal in Padang, das zweite Mal in Istanbul.[39] Die Diagnose »psychotische Episoden« wurde gestellt und wurde nachher Teil der Forschungsgeschichte zu Karl May.

Klara May berichtete über zwei Episoden von Mays anormalem Verhalten, die erste in Padang, die zweite in Istanbul. Die Originalversion stammt von Hassan, dem arabischen Diener, der Karl May nach Padang begleitete. Außer Verständigungsschwierigkeiten zwischen Klara und Hassan neigte Hassan dazu, seine Rolle und den Gesundheitszustand seines Herrn zu übertreiben, und Klara war nur zu bereit, unkritisch anzunehmen, was er sagte.

Wenn wir uns das Reisetagebuch von Karl May ansehen,[40] finden wir eine Lücke zwischen dem 12. November 1899 (letzter Eintrag) und dem 23. November 1899 (nächster Eintrag). Jedoch ist die Fahrkarte für die Rückreise von Padang nach Port Said am 22. November 1899 ausgestellt worden. Karl May musste seine Abreise vor diesem Datum vorbereiten. Er erwähnte auch Ausflüge zum umliegenden Land, die er zu dieser Zeit unternahm. Die Tagebucheinträge von Karl May vor dem 12. November und nach dem 23. November 1899 sind ziemlich logisch, ohne jedes Zeichen einer Geistesstörung.

Den einzigen Verweis darauf, dass er sich unwohl fühlte, erwähnte Karl May im Tagebuch am 18. Dezember 1898: »Ich war schwer krank, fast ein Skelett …«[41] Das lässt mehr auf den Zustand schließen, unter dem Waller in ›Und Friede auf Erden!‹ litt – die Ruhr.[42]

In Istanbul begann die Reisegesellschaft, die aus Klara und Richard Plöhn, Emma und Karl May bestand, müde und von der Hitze angegriffen zu werden. Richard Plöhn wurde ernsthaft krank. Missverständnisse oder Gefühlsausbrüche konnten unter solchen Umständen erwartet werden. Klara May besaß sicher ein Gespür für die farbige Beschreibung von Ereignissen und es scheint, sie verwendete es dieses Mal.

Im Buch ›In Fernen Zonen‹ schreiben Ekkehard Bartsch und Hans Wollschläger unter dem 5. Juli 1900: »Istanbul. Auf welchen Zeitraum der von Klara überlieferte psychische Zusammenbruch Mays ›in Konstantinopel‹ … zu datieren ist, muß leider offen bleiben.«[43] Es waren einfach keine Tage übrig im Tagebuch für die acht Tage, in denen Karl May sich wie ein Irrer benommen haben sollte. Es gibt tägliche Eintragungen von Karl May – außer am 5. und 6. Juli 1900 – geschrieben in klarer Ausdrucksweise ohne Anzeichen irgendeiner Geistesstörung.

Und dennoch ist diese unbegründete Geschichte, die von Hassan und Klara May stammte, in einer neuen Studie[44] als Beweis des seelischen Zustands von Karl May einbezogen. Es wird so dargestellt, als wäre sie Teil seiner manisch-depressiven Erkrankung trotz der Tatsache, dass der Begriff der ›Psychose‹ nicht diagnostisch ist.

Karl May wäre nicht in der Lage gewesen, konsequent Jahr für Jahr so viele Bücher in einer logischen Folge zu schreiben, hätte er an der manisch-depressiven Erkrankung gelitten. Die Qual und geistige Unordnung einer wirklichen Psychose macht einen disziplinierten, kreativen Ausdruck unmöglich. Wie bei jeder Person von öffentlichem Interesse wurden Ereignisse aus Karl Mays Privatleben fehlinterpretiert, übertrieben, verzerrt und mehr als einmal die falsche Erklärung geboten.

Als die Freudsche Psychoanalyse in Mode war, wurde Karl May als eine narzisstische Persönlichkeit beschrieben. Heute wird die These ›Geistesgestörtheit‹ aufgestellt. Die Werke von Karl May sind das beste Kriterium für die Beurteilung seines Geisteszustands. Kein Irrer würde schaffen, was Karl May mit seinen Büchern tat. Karl May war einfach – Karl May.

 


  

Anmerkungen
 

[1] ›The Collected Works of Grey Owl‹, Chapters Publishing Ontario Canada 1999.

[2] Kenneth Brower: ›Grey Owl‹, in: The Atlantic (monthly), Vol.265, No.1, January 1990, pp.74–84.

[3] Virtual Saskatchewan – Grey Owl: http://www.virtualsk.com/current_issue/grey_owl.html

[4] Grey Owl – Kurzinhalt: http://www.greyowl.de/home.html

[5] Claus Roxin: ›Dr. Karl May, genannt Old Shatterhand‹, in: Jb-KMG 1974, Hamburg 1974, S.15–74.

[6] »Es war gelungen – Die Fiktion war Wirklichkeit geworden …«, wie Anm. 5, S. 16.

[7] »So wurde die Verklammerung von dichterischen Imagination und künstlich geschaffener Realität enger und enger«, wie Anm. 6, S. 20.

[8] Claus Roxin kam zu einem ähnlichen Schluss: »[Wenn Karl May] – vielleicht gar im Ausland – gelebt hätte, waren seine ›Antezedentien‹ weit weniger ins Gerede gekommen«, wie Anm. 5, S. 33.

[9] »Die Katastrophe traf ihn jäh und mit einem Schlag.« – Hans Wollschläger: »Die sogenannte Spaltung des menschlichen Innern, ein Bild der Menschheitsspaltung überhaupt«, Jb-KMG 1972, Hamburg 1972, S.11-92. – Das Zitat befindet sich auf Seite 54.

[10] Karl May im Vorwort zu: ›Erzgebirgische Dorfgeschichten‹, Dresden-Niedersedlitz, 1903.

[11] »… den früheren Karl: Der ist mit großer Ceremonie von mir in das rothe Meer versenkt worden, mit Schiffsteinkohlen, die ihn auf den Grund gezogen haben.« Zitiert nach Roxin, wie Anm. 6. S. 64. – [In einem Brief von Karl May vom 15. September 1899 während seiner Orientreise]

[12] Erich Wulffen: ›Psychologie des Verbrechers‹, Berlin-Lichterfelde 1908.

[13] Es war Lebius in seinem Brief an den Opernsänger Selma von Scheidt, der Karl May einen »geborenen Verbrecher« nannte.

[14] Der Künstler Rudolph Karl Alexander (Sascha) Schneider (1870–1927) gehörte während der schwierigen Jahre nach 1905 zu Karl Mays Freunden. Sascha Schneiders sexuelle Ausrichtung war homosexuell. Daraus schlossen amateurhafte Pseudopsychoanalytiker auf die sexuelle Orientierung von May. Um den Ruf von Karl May zu schädigen, erwähnten solche Leute – ohne Tatsachenbeweise, die diese Behauptung unterstützen würden, Mays Aufenthalt im Gefängnis, seine Scheidung, die Beliebtheit von Mays Büchern unter den Jugendlichen, sogar Mays finanzielle Unterstützung der Kinder seiner Schwester, als Zeichen der Homosexualität Mays. Das war natürlich reine Erfindung. Auf diese Weise deuteten sie die Homosexualität und Pädophilie von May an. Arno Schmidt fabulierte in seinem Buch arglistig weiter.

[15] Arno Schmidt: ›Sitara und der Weg dorthin‹, Fischer Verlage (second edition) 1998.

[16] Prof. Dr. Claus Roxin – im Gespräch mit Dr. Dieter Lehner,  22.7.1999 – Forum Interview.

[17] F.C. McKenzie: ›Inside Adolf‹, Beaver Publishing House, Victoria (Australia) 1993, p.18.

[18] Johannes Zeilinger: ›Autor in Fabula‹, Dissertation Universität Leipzig, 1999.

[19] Karl May: ›Die verwünschte Ziege‹, in: ›Weltspiegel. Illustrirte Zeitschrift zur Unterhaltung und Belehrung für Jedermann‹, Dresden 1878, S. 730.

[20] Wie Anm. 16,  2.5.2.: »Kriminalitäts- und Vagantenphase Mays als Ausdruck der Persönlichkeitsstörung."

[21] Mitteilungen der Karl-May-Gesellschaft, Nr.119, März 1999, S. 43.

[22] Wie Anm. 16, 2.5.2.: »… seine [Mays] Abweichung von der normalen Kognition sich wie ein roter Faden durchs Leben zog, stabil bis ins Alter blieb … nicht nur in der Jugendzeit, auch im Alter hatte diese Störung …«

[23] Moral insanity – das Fehlen normaler kognitiver Funktion – ist eine Art Persönlichkeitsstörung, bei der die Person, während sie im übrigen normal zu sein scheint, ein Verhaltensmuster zeigt, das auf ein fehlendes Gewissen hinweist – wie zum Beispiel lügen, stehlen, rauben, sogar morden – ohne jegliches Schuldgefühl. Denken wir beispielsweise an eine Charles-Dickens-Figur wie Fagin, oder eine von Shakespeare wie Iago. – In den 1920er Jahren schlug ein deutscher Psychologe, Kurt Schneider, eine Klassifizierung vor, die mehr oder weniger unverändert beibehalten wurde und das Herzstück des Kapitels über Persönlichkeitsstörungen in der Klassifizierung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bildet. Die Ausgabe von 1992 unterteilt die Krankheit in acht Typen. Die Klassifizierung der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung (DSM-IV) verteilt sie sinnvoller auf drei ›Gruppen‹. Karl May passt in keine dieser Kategorien.

[24] Vgl. Hans Wollschläger: »Die sogenannte Spaltung des menschlichen Innern, ein Bild der Menschheitsspaltung überhaupt«, wie Anm. 9.

[25] Wie Anm. 16, 2.5.2.: »… er leugnete regelmäßig in immer neuen Varianten.«

[26] Florian Kann: ›Der Fall Karl May‹, Eichborn Verlag 1999.

[27] ›Karl Mays eigene kriminelle Bilanz‹ in SVZ-on line: Deutschland/Welt ›Verbrechen von Winnetou and Co.‹ http://www.svz.de/newsdw/DWVermischtes/26.03.99/anwalt/anwalt.htm

[28] Drei Wochen Arrest (1. – 22. September 1879) wegen Amtsanmaßung. Dieses Urteil ist, wie der Strafrechtler Erich Schwinge zweifelsfrei nachgewiesen hat, eine Fehlentscheidung. Die Akten sind erhalten. May hat keineswegs eine Amtshandlung vorgenommen. Karl May wollte die Todesumstände des trunksüchtigen Onkels seiner künftigen Frau, Emma Pollmer, untersuchen.

[29] Arnold M. Ludwig; ›The Price of Greatness‹, The Guilford Press 1995.

[30] NC Andersen: ›Creativity and mental illness: prevalence rates in writers and their first-degree relatives‹, Am J Psychiatry 1987; 144:1288–1292.

[31] Wie Anm. 16, 2.6.4.

[32] Wie Anm. 16, 2.6.3.

[33] »[Ich] tat, was ich schon jahrelang in solchen Fällen zu tun gewohnt war, ich war still, nahm den Hut und ging.« In: Karl May: ›Mein Leben und Streben‹, Freiburg [1910], S. 247.

[34] Wie Anm. 16, 2.6.4.

[35] »Auch ist May ein starker Raucher, als Kettenraucher verbraucht er nur ein Zündholz am Tag.« In: Volker Griese: ›Karl May – Stationen eines Lebens Eine Chronologie seiner Reisen‹, Sonderheft der Karl-May-Gesellschaft Nr.104/1995; unter dem Datum 9 April 1897.

[36] ›Mein Leben und Streben‹, wie Anm. 31, S. 299f.

[37] »… seine [Mays] erstaunliche Fähigkeit, parallel bemerkenswerte Texte zu schreiben«. In: Ralf Harder: Karl May und seine Münchmeyer Romane, Ubstadt 1996, S. 236.

[38] Erich Heinemann: ›Dr. Karl May in Gartow‹, in: Jb-KMG 1971, Hamburg 1971, S. 259–268.

[39] Ekkehard Bartsch und Hans Wollschläger: ›Karl Mays Orientreise 1899/1900‹. In: ›In Fernen Zonen‹, Bamberg · Radebeul 1999, S. 42.

[40] Wie Anm. 37, S. 130f.

[41] Wie Anm. 37, S. 133.

[42] Karl May: ›Und Friede auf Erden!‹, Freiburg 1904, S. 399: »Waller hatte allerdings ein fast leichenhaftes Aussehen. Das Gesicht war zum Erschrecken eingefallen. Ich sah das Skelett eines Kopfes vor mir, und die Hände bestanden auch nur bloß aus Knochen, um welche sich die Haut in lockeren Falten legte.«  – S. 603: »Es war Dysenterie, mit fürchterlichem Verfall der Körperkräfte.«

[43] Wie Anm. 37, S. 214.

[44] Wie Anm. 17, 2.6.4.

  


  

Karl May aus medizinischer Sicht

Karl May – Forschung und Werk