Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

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rodger
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von rodger »

Hermann Wohlgschaft hat geschrieben:Karl May war der [...] Meinung, dass z.B. der Konfuzianismus oder der Taoismus mit dem Christentum im Grunde identisch seien.
Er war nicht der Meinung, daß sie "identisch seien", sondern daß sie [alle], jeweils auf ihre Weise, das gleiche auszudrücken versuchen, in Bildern, Gleichnissen ...
Man müsse die einschlägigen Texte (z.B. den Koran oder das Tao-te-king) nur richtig lesen um ihre inhaltliche Übereinstimmung mit den christlichen Lehren zu erkennen.
So ist es.
Ich meine, hier hat es sich unser Mayster etwas zu leicht gemacht.
Ich mache mit ... :D Es ist einfach. 8)

(Da fällt mir, das am Rande, das schöne Bild von Christus über den Dächern von Damaskus wieder ein, Quelle hin, Quelle her, das Bild ist schön und angemessen, darum geht es, nicht um "Korrektheit" der Überlieferung o.ä. ...)
Hermann Wohlgschaft
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Ganz so einfach ist es nicht. :wink: Das Markus-Evangelium z.B. meint nicht einfach dasselbe wie das Johannes-Evangelium. Verschiedene Texte innerhalb des Koran meinen wahrscheinlich (ich kenne mich da weniger aus als in der Bibel) auch nicht unbedingt dasselbe. Aber die Gemeinsamkeiten z.B. zwischen zentralen biblischen Aussagen und zentralen Aussagen anderer Religionen sind wichtiger als die Unterschiede. Diese Einsicht könnte eine gute Grundvoraussetzung für den interreligiösen Dialog sein. Das Ziel dieses Dialogs wäre eine Einheit in der Vielfalt, eine Verständigung trotz bleibender Differenzen in manchen Details. Wenn ich ihn recht verstehe, hat auch Karl May dies so (oder zumindest so ähnlich) gesehen.
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WalterJoergLangbein
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von WalterJoergLangbein »

"Zwischen Himmel und Hölle/ Karl May und die Religion".... wollte mir eben das Buch bestellten. amazon hat's im Angebot.... für 199 Euro (einhundertneunundneunzig!)... Ein wenig viel.. Wer es schon hat, kann sich freuen!

Walter
Hier schreibe ich regelmäßig und gern: http://www.ein-buch-lesen.com Manchmal auch über Karl May....
Hermann Wohlgschaft
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Es handelt sich hier um zwei verschiedene Sammelbände, die beide denselben Untertitel "Karl May und die Religion" tragen. Der eine Band scheint extrem teuer zu sein, der andere ist extrem billig zu haben - was aber nichts über die inhaltliche Qualität besagt. :wink:
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WalterJoergLangbein
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von WalterJoergLangbein »

Das ist mir schon klar, dass das zwei verschiedene Bücher sind... das eine ist mir aber zu teuer...

Walter
Hier schreibe ich regelmäßig und gern: http://www.ein-buch-lesen.com Manchmal auch über Karl May....
Hermann Wohlgschaft
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Mit Bernhard Langs Beitrag bin ich in allen wesentlichen Punkten einverstanden. Im übrigen bin ich sehr angenehm überrascht, dass B. Lang sich mit Karl May beschäftigt und noch dazu mit einem so positiven Ergebnis.

Bernhard Lang ist ein angesehener Theologie-Professor, bekannt vor allem als Mit-Autor des Standard-Werks "Der Himmel. Eine Kulturgeschichte des ewigen Lebens" (Insel-Verlag 1996). Als alleiniger Verfasser hat er in der Reihe "Wissen" (C.H. Beck, München 2003) das sehr lesenswerte Taschenbuch "Himmel und Hölle. Jenseitsglaube von der Antike bis heute" herausgebracht.
Rene Grießbach
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von Rene Grießbach »

Helmut hat geschrieben:
Helmut hat geschrieben:
Karl Mays "Himmelsgedanken" verdienen es mitsamt den eingestreuten Aphorismen, hundert Jahre nach dem Tod des Dichters neu entdeckt zu werden. Wer meint, seine Reimereien seien längst veraltet, verkennt nicht nur vieles zeitlos Gültige in ihnen, sondern auch manch bleibendes Aktuelles, wie noch ein letztes Zitat - aus dem Gedicht "Des Waldes Seele" - belegen mag: "Hör auf, hör auf, die Wälder zu zerstören, / sonst wirst mit ihnen du auch untergehen!" Gerade mit Blick auf unsere durchindustrialisierte, immer hoch technologerische Welt, in der der Mensch selbst immer mehr mit Maschinen zu verschmelzen droht, meine ich zu Karl May ungeachtet aller denkbaren Vorbehalte: Nie war er so wertvoll wie heute!
Dies ist der letzte Absatz von "Werner Thiede : Old Shatterhand zielte mit Brille, Karl Mays menschliche und mystische Seite."
Prof. Dr. theol. Werner Thiede ist Pfarrer und apl. Professor für Systematische Theologie an der Universität Erlangen-Nürnberg, theologischer Referent beim Regionalbischof in Regensburg und Publizist.

Helmut
Auch der erste Absatz dieses Textes ist (mehr als) erwähnenswert:
Seit über hundert Jahren hat die Öffentlichkeit ein Bild von Karl May, das ihm weitestgehend kaum gerecht wird. Es ist verzerrend geprägt worden nicht nur von fleißigen Gegnern, sondern auch von kräftigen Bearbeitungen seiner Werke durch Verleger - und nicht zuletzt von oberflächlichen Verfilmungen seiner bekanntesten Roman. Die Komplexität seiner Gestalt ist darüber oft aus dem Blickfeld geraten.
Helmut

Der Text von Werner Thiede, "Old Shatterhand zielte mit Brille", enthält eine wirklich engagierte Würdigung des Bandes "Himmelsgedanken". Schon das allein - und man mag zu dem Gedichtband stehen wie man will - macht den Text innerhalb des Sammelbandes lesenswert.
Hermann Wohlgschaft
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Der evangelische Theologe Werner Thiede hat zum 100. Todestag Karl Mays eine ganze Reihe sehr schöner Essays publiziert, darunter in der Herder-Korrespondenz und im Deutschen Pfarrerblatt. Auch seinen Beitrag im EZW-Sammelband finde ich sehr gelungen. Herzlichen Dank, lieber Herr Thiede!
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rodger
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von rodger »

Rene Grießbach hat geschrieben:man mag zu dem Gedichtband stehen wie man will
Ein sehr wesentliches, wenn nicht das wesentlichste, Werk Mays. Leider bis heute von allen Seiten verkannt. Aber was heißt leider, so ist es halt bei sowas ... (Thomas Mann erhielt den Nobelpreis für die 'Buddenbrooks', Mark Twain ist wegen 'Tom Sawyer' bekannt, Jack London gilt als Abenteuerschriftsteller ... Warum soll es Karl May anders ergehen, Winnetou und Old Shatterhand, ein insgesamt relativ unwesentlicher Teil des Werks, aber das ist es halt was bleibt in den Augen der breiten Mehrheit ...)
Rene Grießbach
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von Rene Grießbach »

... was übrigens mich persönlich betrifft - ich lese in "Himmelsgedanken" ganz gern mal das eine oder andere. Die Aphorismen hab ich, glaub ich, alle schon mehr oder weniger oft gelesen und mir so meine Gedanken drüber gemacht, bei den Gedichten wirds wohl noch einige geben, die ich noch nicht - zumindest gründlich - gelesen habe.
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rodger
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von rodger »

Kommentiert sind sie alle hier

www.himmelsgedanken.npage.de

(wobei die Kommentierung gelegentlich etwas fragmentarisch oder auch kryptisch ausfallen / empfunden werden mag ...)
Rene Grießbach
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von Rene Grießbach »

Anhand einiger May-Texte aus verschiedenen Schaffensperioden wird in
"Wie ist der Himmel doch so nah" Gericht und Erlösung in den Schriften Karl Mays von Andreas Ohle und Markus Schmidt tiefgehend theologisch behandelt, wie sich Strafgerechtigkeit Gottes, Gesetz und Evangelium und Erlösung erfüllen.
Für mich persönlich etwas kompliziert geschrieben, womit wir aber wieder zu Helmuts Benennung der Zielgruppe des Sammelbandes, im engeren Sinne ("für Theologen"), kommen dürften.

Eine Passage allerdings gibt es, an der ich etwas länger hängenblieb und die ich daher auch benennen möchte.
Auf Seite 106/107 lesen wir:
Allerdings gehen Mays Visionen einer erlösenden Liebe über grundlegende Inhalte lutherischer Theologie hinaus. So gibt der heidnische Priester, den May eher als evangelischen Pfarrer (...) vorstellt, ein fragwürdiges Statement ab:
"Ich sagte ja schon: Nicht das Wort, sondern das lebendige Beispiel wirkt und erhebt."
Offen gestanden verstehe ich nicht, warum diese Sichtweise als fragwürdig kritisiert wird und daher bin ich an diesem "fragwürdig" hängengeblieben.
In meinen Augen ist die Sichtweise des Malayenpriesters korrekt. Getreu der Regel, dass das Kriterium der Wahrheit die Praxis (und nicht das Wort) ist.
Hermann Wohlgschaft
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Die Bemerkung des Malaienpriesters scheint mir insofern etwas "fragwürdig" als "Wort" und "Beispiel" gegeneinander ausgespielt werden. Für Luther - und auch aus katholischer Sicht - gehören das gute (helfende, aufbauende, tröstende, u.U. auch mahnende) Wort und das gelebte Beispiel untrennbar zusammen.

Im christlichen Verständnis hat das "Wort", als "Wort Gottes", stets eine eminente Bedeutung. So lauten ja die ersten Sätze des Johannes-Evangeliums: "Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist." (Joh 1, 1-3)
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rodger
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von rodger »

Wobei da "das Wort" nicht wirklich für das Wort als Wort stehen muß, sondern eine Art Platzhalter sein kann für etwas anderes, eben nicht zu benennendes ... (das hab' ich mir nicht ausgedacht sondern mal gelesen; ich weiß im Moment nicht mehr wo.)
Hermann Wohlgschaft
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Re: Neuer Sammelband über "Karl May und die Religion"

Beitrag von Hermann Wohlgschaft »

Natürlich gibt es auch leere Worte, also hohles Geschwätz. "Der Worte sind genug gewechselt, nun lasst uns endlich Taten sehen."
Das "Wort" im Sinne des Johannes-Evangeliums meint aber etwas ganz anderes. Es gibt Worte, die BEWIRKEN, was sie sagen. Wenn ich zu einem Menschen sage "Ich liebe dich" und wenn ich das auch wirklich so meine, wie ich es sage, dann BEWIRKT dieses Wort etwas. Es schafft eine neue Wirklichkeit (vorausgesetzt allerdings, dass der Adressat dieses Wortes die Liebe annimmt und erwidert). Das "Wort" im Sinne des Evangelisten Johannes könnte jederzeit ausgetauscht werden durch "Liebe". Denn "Gott ist die Liebe" (1 Joh 4, 8.16) - ein Zitat übrigens, das sich bei Karl May öfter findet.
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