Syberbergs “Karl May”

Kurt Altherr
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Beitrag von Kurt Altherr »

Eben, Marlies, weil Karl May - völlig zu Recht - nicht nachgab, hätte er am 12. April 1910 unbedingt einen Rechtanwalt sich nehmen müssen. Er wußte um die Gefährlichkeit seines Gegners.

Wissen wir sonst, was für ein Mensch Rudof Lebius war? Vielleicht ja ein ganz netter treusorgender Familienvater, ein charmater Gastgeber mit dem man gern ein Glas Rotwein trank?
Zuletzt geändert von Kurt Altherr am 28.9.2007, 13:20, insgesamt 1-mal geändert.
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rodger
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Beitrag von rodger »

dass man sich damit vergnuegen soll.
Davon hab ich auch nichts gesagt …
Fuer uns heute ist das reine Unterhaltung und ein ergoetzliches Hobby
Für mich nicht …

- was da vor 100 Jahren so vor sich ging. Die Welt is voller Erpresser, nur weil's soviele gibt, soll man nun ploetzlich die Schultern zucken
Was man soll, weiß ich nicht. Aber ob wir lachen, weinen, die Schultern zucken, die Augen rollen, mit den Ohren schlackern oder sonst etwas veranstalten, wir werden es nicht ändern.
und sagen: es ist die Norm? Wenn ich so nachdenke ... das tun wir als Menschheit ja eigentlich schon lange ...
„Kann man mit einer Trommel die Verhältnisse in Knulpe ändern ? Oder muß man noch eine Harfe dazunehmen ?“ (Hanns Dieter Hüsch)
sollte 'evolution' nicht eine 'aufwaerts' Bewegung sein?
Dann guck’ mal, was sich in den letzten Jahrtausenden verändert hat. Äußerlichkeiten (äußere Umstände) vielleicht. Ansonsten: nichts.
Erpressung und deren Effekt als 'Norm' zu akzeptieren ist 'devolution' (biol. Entartung).
Ei gucke … naja, etwas aus der Art geschlagen war ich schon immer, meinetwegen … Nenn’s ruhig so. Auf das Wort Entartung pflegt man zwar in Deutschland, wie bei einigen anderen Dingen, üblicherweise mit kollektiver Hysterie zu reagieren, hat neulich der Herr Meisner zu spüren bekommen, aber ich bin da nicht so zimperlich … (Ist schlechtes Wetter oder z.B. die Tatsache, dass es neben Sonnenschein auch Stechmücken gibt usw. zu akzeptieren auch Entartung ?)
Darum hat May auch dem Lebius nicht nachgegeben.
Sisyphos hat auch nicht nachgegeben, und das war auch gut so. Ganz unabhängig vom Ergebnis … (Der Weg ist das Ziel ...)
Dernen
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Beitrag von Dernen »

rodger hat geschrieben:
Dann guck’ mal, was sich in den letzten Jahrtausenden verändert hat. Äußerlichkeiten (äußere Umstände) vielleicht. Ansonsten: nichts.
Schon die Möglichkeit der schmerzlosen Zahnbehandlung ist eine bedeutende Veränderung und alles andere als eine Äußerlichkeit. Ich bin wahrlich nicht fortschrittsgläubig, sehe aber in vielen Bereichen einen Trend zum Besseren, auch wenn es immer wieder Rückschritte der teilweise barbarischsten Art gibt.
marlies

Beitrag von marlies »

Ich frage: wenn er ein so 'netter' Mensch war (das passt irgendwie nicht zusammen - treusorgend und Erpressung), warum ging er auf 'kaputtmachen' auf May los - war er allein? (Und wahrscheinlich auf andere die bezahlten ... und als Zusatz ... da gab es natuerlich unterliegende Gruende fuer sein Verhalten - ich bin ganz sympathetisch zu seinem Fall - sein Vater mag ihn wahrscheinlich auch missbraucht haben als Kind, was weiss ich ... davon gibts Millionen sogar irgendwo in meiner eigenen Familien 'background'). Fuer die Sicherheit seines Vaterlandes? Um seiner liebenden Frau zu imponieren? I don't think so ... nur fuer's Geld.
Ich habe kein Interesse an Lebius' Leben, nur an May's Leben (oder der geschichtlichen Zeitspanne die man als sein Leben bezeichnet) und am Effekt den Lebius' Erpressung auf May (den lebenden) ausuebte; und der immediate Effekt war: der Beginn der Zerstoerung eines Lebens, gesundheitlich, finanziell, emotionell, usw. Er machte sich nicht das geringste Gewissen (etwas das uns nach traditioneller Meinung Einiger uns von Vierbeinern und anderen fuehlenden Wesen die als 'Tiere'* bezeichnet werden hervorheben sollte) darueber wieviel Schaden er dem lebenden May antat - er machte sich allerdings Gedanken WIE er May am meisten Schaden zufuegen konnte. Er verschwendete sein Leben mit 'Zerstoerung eines Anderen'. Das Warum und Wieso in Lebius' Leben, wie gesagt interessiert mich nicht (ausser es sollte sich herausstellen dass er dazu angestiftet wurde - irgendwie mahnte mich der Syberberg Lebius an einen bezahlten 'Assassin') - nur was sein Verbrechen in May's Leben hinterliess (nicht was sich daraus posthumous entwickelte - das ist so eine persoenliche Sache des Interesses). Ob das fuer uns heute ein positives / amuesantes / langweiligies / unverstaendliches Resultat hervorbrachte mit dem 'Spaetwerk' ist unsere heutige Ansichtssache zu der wir ein Recht haben - (auch ich bin der Meinung das das Phenomen Lebius dem May die noetige Verzweiflung gab ueber sein Bisheriges hinauszuwachsen) - es aendert am Verbrechen nichts (!). (Und ja, May war 'daemlich' genug ohne Rechtsanwalt auf's Gericht zu gehen, denn Lebius war tatsaechlich gefaehrlich ... @ rodger --- auch Stechmuecken sind gefaehrlich, und sogar toedlich - ich kann akzeptieren dass sie existieren aber darf mich gegen deren Stich wehren - im Moment wo sie mich stechen wollen ists mir egal was man davon profitiert in 100 Jahren.)

*ob da jemals ein Fall war wo ein 'Tier' ein anderes erpresst hat? In diesem Sinne habe ich eigentlich die 'Ratten' beleidigt indem ich Lebius mit ihnen verglich :lol: ...

****

>>>>Dann guck’ mal, was sich in den letzten Jahrtausenden verändert hat. Äußerlichkeiten (äußere Umstände) vielleicht. Ansonsten: nichts.<<<<

(Auch meine Meinung - drum gucke ich die News in der Glotze nicht mehr an ... zum K... - die alle aehneln dem Syberberg Lebius)
Na ja, in dem Falle koennen wir ja alle 'aufgeben' nach was besserem Ausschau zu halten, und uns die Lebiuse unserer Welt zum Vorbild nehmen, denn anscheinend war May's 'Edelmensch' halt doch nur 'Phantasie' eines 'Vielschreibers' ... (Etwas zynisch, ich weiss ... no apologies) ... Mensch sein heisst noch lange nicht dass man alles verbrecherische - das Miese im Menschen - jedem Menschen (auch mir) - als 'na-ja-so-ist-es-halt' ansehen muss.
Auch Hitler (oh je ich kann schon wieder den Kommentar voraussehen) hat der Menschheit einen Riesengefallen getan mit der Shock-Therapy (Catalyst for change), jedoch 'in the process of doing so' ungeheuerliche Verbrechen begangen.
Wie gross auch immer der 'impact' vom Phenomen Lebius war, der 'impact' kam von dem Verbrechen - Erpressung. Die 'generic' Frage kommt auf: Warum braucht es ein 'Verbrechen' fuer 'change' weg von 'Verbrechen'? Und wieder- und wieder- und wiederholt so? Ist die Menschheit tatsaechlich unfaehig von der Vergangenheit zu lernen? Irgendwo haengt da die Nadel auf der Schallplatte - Groundhogday.

Vielleicht war Lebius nicht nur das Verbrechen/Phenomaen/Ratte das May auf die naechste Stufe katapultierte, sondern ein Spiegel unserer (der Menschheit) 'Daemlichkeit', unserer Unfaehigkeit die Konsequenzen unserer geplanten Verbrechen zu erwerten - im Grossen wie im Kleinen.

Zusatz: Ich verneine nicht dass 'Verbrechen' zur Menschheit (so wie sie jetzt existiert) gehoeren - auch ich mit meiner verklaerten Ansicht ueber May (:lol:) kann sehr wohl erkennen dass 'Menschheit' 'Mensch sein' das 'gute' wie das 'boese' beinhaltet, das heisst noch lange nicht dass ich das 'boese' auch als 'gutes' ansehen muss, weil dann gaebe es wirklich nur noch 'gutes' und Gefaengnisse und andere Strafen (fuer was?) waeren dann ueberfluessig - hello Jack the Ripper, du Erloeser.

PS >>>Ei gucke … naja, etwas aus der Art geschlagen war ich schon immer, meinetwegen … Nenn’s ruhig so.<<< ... ich hatte dich nicht als 'entartet' empfunden oder bezeichnet (na sowas) ... what made you think that? :wink: Ich sprach von 'Erpressung' oder die 'Akzeptierung von Erpressung als die Norm' als 'devolution' und da 'devolution' ein Englishes Wort war schaute ich es kurz nach weil ich nicht ganz sicher war dass es das was ich meinte auch besagte, und u.A. stand da auch 'biol. Entartung' -- das Gegenteil von Evolution (das Gegenteil der aufwaerts Kurve in der Entwicklung eines Organisms).)
Kurt Altherr
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Beitrag von Kurt Altherr »

Da Marlies gerade Adolf Hitler erwähnte - er war übrigens bekennender Karl-May-Fan - so sagte dieser, wie Ralf Harder in seinem Artikel "Mißbraucht im Dritten Reich" zitiert:

"Ich (Hitler) lese, da ich erst sehr spät nachts einschlafen kann, zur Zeit eine ganze Reihe der Karl-May-Bände... Wissen Sie, ich halte von dem Karl May sehr viel. Was haben die Schulmeister ihn doch angegriffen, statt zu erkennen, wieviele positive Werte seine Bücher enthalten. Ein echter Jugendschriftsteller, wie jeder andere Schriftsteller, - May schreibt ja auch für die Erwachsenen - muß eine reiche Phantasie besitzen, anständige Gesinnungen vermitteln und zeigen, was Lebenstüchtigkeit bedeutet. Vor allem aber muß er Humor haben. Und den besitzt Karl May in ebenso hohem Maße wie die Gabe der plastischen Anschaulichkeit." (Hans -Severus Ziegler: Adolf Hitler aus dem Erlebten dargestellt, Göttingen 1965, S.76.)

"Nette Sätze" eines der größten Verbrecher der Weltgeschichte.
marlies

Beitrag von marlies »

Dass die Menschheit immer noch gaert mit 'solchen' Verbrechern (er ist nur einer in einer langen Reihe - ich habe ihn erwaehnt weil er das griffbereiteste Beispiel war fuer mich in dem Text oben) ist eigentlich ein Armutszeugnis fuer unsere (der Menschheit) eigene Evolution. 'Die Menschheit' ist eher bereit fuer ein 'Verbrechen' eine Entschuldigung zu finden (es musste halt so sein) als Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft, und vor allem die MenschLICHkeit, das was uns ein klein bisschen von der Ratte unterscheidet, zu foerdern.
Wenn man es so ansieht dann ist die Tatsache dass es einen Lebius 'brauchte' um es May zu ermoeglichen sich weiterzuentwickeln, das eigentliche Verbrechen, ein Ver-brechen an unserer Evolution, individuell und im Ganzen.
Ich bin sicher dass auch Pol Pott, oder Nero, oder Pinochet nette Saetze zusammenflicken konnten.
:wink:
Zuletzt geändert von marlies am 28.9.2007, 2:19, insgesamt 1-mal geändert.
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rodger
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Beitrag von rodger »

Schon die Möglichkeit der schmerzlosen Zahnbehandlung ist eine bedeutende Veränderung und alles andere als eine Äußerlichkeit. Ich bin wahrlich nicht fortschrittsgläubig, sehe aber in vielen Bereichen einen Trend zum Besseren, auch wenn es immer wieder Rückschritte der teilweise barbarischsten Art gibt.
Die Errungenschaften der Technik (fällt unter äußere Umstände) haben sich verändert, der Mensch nicht (wie sollte er auch ...).
war May's 'Edelmensch' halt doch nur 'Phantasie
Freilich. Der Mensch lebt nun mal in der Polarität. Er kann wachsen und reifen, indem er eben das erkennt, aber er kann sich schlecht zweiteilen und die eine Hälfte wegwerfen.
Ist die Menschheit tatsaechlich unfaehig von der Vergangenheit zu lernen?
Ja. Mechanismen sind Mechanismen, die kommen immer wieder.

Im übrigen, auf alles mag ich gar nicht mehr eingehen [...]. Manchmal sind der Worte wirklich genug gewechselt.

*

Noch einmal: Lebius hat Karl May in hohem Maße das gespiegelt, was der selber auch ganz genau so in sich trug. Der eine war, wenn man so will, nicht besser als der andere. Karl May ist gleichsam sich selbst begegnet, bzw. Anteilen seiner selbst, mit denen er nun aufs unangenehmste konfrontiert wurde. Walther Ilmer hat das sehr schön erkannt. Auch wenn das einigen Leuten in KMG-Kreisen nun überhaupt nicht in den Kram passt (Herr Bartsch berichtete von aufgebrachten Menschen auf der Busrückfahrt nach Ilmers Vortrag).


>Gebt Liebe nur, gebt Liebe nur allein< durchzieht als Motto die ganze Erzählung. Wieder und wieder lässt May sein von diesen Worten getragenes Gedicht im Text erscheinen, wird nicht müde, es den Menschen auf Erden ans Herz zu legen. Er selbst gab keine Liebe. Er gab Täuschung, Betrug, Verrat. Im Manuskript war er der Biedermann, der Vermittler einer alles Irdische wohlgefällig einenden Philosophie; wenn er in den Spiegel sah, starrte ihm der >Kupferstecher Hermes< entgegen, der im Angesicht der Leipziger Thomaskirche, dem Wahrzeichen der Gottesmacht, schimpfliche Büberei beging an arglosen Mitmenschen.

(Walther Ilmer über „Et in terra pax“ und den Scheidungskrieg, in „Hehres Anliegen im Zwielicht“, Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 2002, S. 61)


Und für alle, die sich immer mangels Vogelperspektive an irgendwelchen Einzelaspekten festbeißen: da ging es keineswegs allein um die unerfreulichen Dinge in Zusammenhang mit der Ehescheidung. Sondern eben um etwas, was Karl May sehr gut kannte, von sich selber (Verrat, „schimpfliche Büberei“, wie immer man es nennen mag).

Das heißt nun alles nicht, dass er nicht AUCH die anderen Anteile in sich hatte … Schwarz oder Weiß ist nicht. Schwarz UND Weiß. Und alles dazwischen.

(Vorsichtshalber: auch dieser Beitrag stellt ausschließlich meine persönliche Meinung dar).
Zuletzt geändert von rodger am 28.9.2007, 16:50, insgesamt 2-mal geändert.
marlies

Beitrag von marlies »

Interessant was Syberberg's Lebius so alles heraufbeschwoeren kann. Da geb ich dir recht - die May und Lebius Figuren waren wirklich die zwei Brennpunkte.
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rodger
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Beitrag von rodger »

Daß der - wirklich sehr sehenswerte - Film, den man vorher lange Zeit nicht im Handel bekommen konnte bzw. einzeln gar nicht, jetzt in Berlin zur Ausstellung erhältlich ist, ist übrigens sehr lobenswert. Dank denen, die das, im Zusammenhang mit der Ausstellung, ermöglicht haben. Man sieht, sowas geht, wenn man will.

:wink:

Ich muß ihn mir mal wieder ansehen. Als ich das gestern wieder las, wie der Moog (Gerlach) da die Treppe raufgeht usw., sah ich es direkt wieder vor mir. Das ist Mays Thema. Geisterschmiede. Real erlebt. Sehr unangenehm, aber hilfreich und notwendig. Ich will jetzt nicht schwülstig oder pathetisch werden aber an so kurzen prägnanten Sprüchen wie "Wen Gott liebt, den züchtigt er" ist schon etwas dran, man muß es nur richtig verstehen. Etwas bodenständig-irdischer ausgedrückt könnte man auch z.B. "Wer mich meines Widerstandes beraubt, beraubt mich meiner Kraft" oder mit Hemingway "Die Welt zerbricht jeden. Und nachher sind manche an den zerbrochenen Stellen stark" sagen.
marlies

Beitrag von marlies »

What doesn't kill you makes you stronger! Aber Vorsicht gegenueber der Verherrlichung von Gewalttaten (jeder Art) sollte geuebt werden von allen Menschen - auch gegenueber denen welche mit der Zunge veruebt werden.
:wink:
(Auch das ist jetzt generell gesprochen und nicht auf jemand specific ausgerichtet! :wink: auch ich kann fauchen wenn ich's noetig finde. :wink: )

Ja die Szene mit der Treppe kam auch mir als der Vergleich mit Ardistan und Jinnistan vor ... ganz unten sagte er zu der Frau Muenchmeyer das wegen dem 'niemand gewinnt' (von wegen dem Haufen Geld das sie wollte - niedriger, schnoeder Mammon), und mit jedem Tritt aufwaerts ging er auch philosophisch aufwaerts bis hin zum '...weil ich ihn liebe' (und hier waere es wieder irgendwie passend diese Liebe zu definieren - die Ebene derselben ... aber eben, in den naechsten paar Tagen muss ich mich um was anderes kuemmern, und bis dann ist der rote Faden weg).
Das war dann halt der Unterschied zwischen dem Gerlach charakter der ueber die Verhaeltnisse nachdachte (auch dem seinen inneren Verhaeltnis zwischen seiner Pflicht als Muenchmeyer's Anwalt und seinem 'Gewissen' gegenueber May), und dem Lebius charakter der einfach nur primitiv-instinktiv, wie ein Aasgeier, auf sein 'Opfer' drauflos hackte.

Dies hier ist fuer mich interessant:
>>>Er selbst gab keine Liebe.<<< ... man muss das lernen, von den Eltern, den Lehrern, der Umwelt in der man aufwaechst. Ich lernte das auch nicht, es wurde mir (meistens) verwehrt (ich verstehe die Umstaende - die gehoeren nicht hierhin), WIE man Liebe zeigt und gibt muss gelernt werden (nicht via Schulbuch, sondern via 'erhalten'). Auch mir wurde, und wird immer wieder der Vorwurf gemacht dass ich 'unfuehlend' sei, 'arrogant' sei, dem Mitmenschen kein Mitgefuehl entgegenbringen kann, Liebe nicht zeigen und geben kann - fuer mich direkt korrelativ zu meiner Erziehung.
So wenn man sagt: 'Er selbst gab keine Liebe.' dann beinhaltet das auch '...weil er nicht wusste wie...'.

havagoodweekend 'ya all!
:wink:
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rodger
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Beitrag von rodger »

So wenn man sagt: 'Er selbst gab keine Liebe.' dann beinhaltet das auch '...weil er nicht wusste wie...'.
Th' is clear ... überhaupt verabschiedet man sich am besten von Wertungen ...

Andererseits hatte er aber auch wiederum ein ganz großes Herz ... wirklich nicht so ganz einfach, er vereinigte in sich die Extreme. Der Mensch hat das Zeug zum Heiligen und zum Schurken in sich, heißt es; Karl May war wohl so ein Präzedenzfall.

Ich lese gerade die Bände von Cornelia Panzacchi, in denen wird es manchmal auch sehr krass deutlich, das mit der fehlenden Liebe, z.B. im ersten Band auf S. 270 f. und im zweiten S. 73 ff., das ist hervorragend, die Frau hat offenbar wirklich sehr gut verstanden, was es mit Karl May auf sich hat (wenngleich ich ihr auch nicht unbedingt durchgehend folgen kann oder mag).

(Ist mir zum Zitieren = Abtippen zu lang, muß man sich schon besorgen, da es vermutlich auch nicht im Netz steht.)
Zuletzt geändert von rodger am 28.9.2007, 16:41, insgesamt 1-mal geändert.
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wolf
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Beitrag von wolf »

marlies hat geschrieben:So wenn man sagt: 'Er selbst gab keine Liebe.' dann beinhaltet das auch '...weil er nicht wusste wie...'.
Oder aber auch: "Die anderen wussten nicht die kleinen Fingerzeige der 'Liebe geben' zu 'lesen'!"

So ist die Art und Wahrnehmungsweise von Liebe geben und Liebe empfangen doch von Mensch zu Mensch unterschiedlich.

Wir sind schließlich alle Individuen - und das 'Gott sei Dank!'


Gruß Wolfgang
"Alles Große wirkt still, bescheiden und geheim. Was Aufsehen erregt, betrachte man mit Mißtrauen." (Karl May)
marlies

Beitrag von marlies »

Good morning ... while I check my emails ...
kam mir in den Sinn ueber Nacht ... die einzige 'tangible' Liebe die May erfuhr war das 'Maerchenerzaehlen' der Grossmutter ... was hat er gegeben? 'Maerchenerzaehlen'.
Ich persoenlich (!) sehe May's 'Maerchenerzaehlen' als ein ganzes Leben Liebe geben in seiner 'Art und Weise' damit.
Und noch was ging mir durch den Kopf als ich nicht schlafen konnte ... >>>mechanism sind mechanism<<< ja schon, aber auch die muessen variiert und immer und stetig verbessert werden sonst setzt Stagnation ein (in der evolution) und das heisst 'extinction'.
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rodger
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Beitrag von rodger »

Natürlich hat Karl May AUCH jede Menge Liebe gegeben, ganz großes Herz, sagte ich ja. Aber manchmal halt überhaupt nicht.

Ob das mit der Großmutter übrigens wirklich so war oder er sich da etwas schöngeredet hat, eine Phantasie, wie er es gerne gehabt hätte, können wir auch getrost offen lassen.

*

Ein paar Beispiele für das, was ich mit „Mechanismen“ meinte:

Die Sache mit dem Barrabas in der Bibel; die Welt will betrogen sein, da hat sich nichts verändert. Kann man z.B. auch im „Großinquisitor“ von Dostojewski nachlesen.

Ausbrechen niederster Instinkte, Gewaltexzesse usw. in Kriegen: heute völlig unverändert wie eh und je. Null Entwicklung.

Das auf Dauer Assimiliertwerden anfangs idealistischer Gemeinschaften von einer egalisierenden Umgebung, nicht nur in der Politik zu beobachten.
(gleichsam automatisch, ganz von selbst, man könnte auch von „freiwillig“ sprechen, aber - „freier Wille“ … ?)

Wir segeln immer nach Kythera, sagte Borges.

Oder schau Dir gewisse Sendungen (die meisten …) auf RTL an oder geh’ in der Fußgängerzone oder in der Straßenbahn Menschen angucken, wenn das das abendländische Endergebnis ist … da zeigt sich, wie „herrlich weit gebracht“ der Mensch es hat in Jahrtausenden mit „Kunst und Kultur“, Aufklärung, „Erziehung des Menschengeschlechts“ usw. und was letztlich erreicht wurde: nichts.

Aber das ist alles nun keineswegs ein Grund, kafkaesk zu verzweifeln, ich sehe es eher wie Karl Kraus (bzw., versuche das): die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.

„Einmal würde ich das Lachen lernen“ heißt es am Schluß eines der wesentlichsten Texte des Schriftstellers, den sich einer unserer Forenkollegen „verbitten muß“, wie er kürzlich mitzuteilen geruhte, und der (neben Karl May) einer meiner Lieblinge ist …

Ich hab’ noch mehr so Spüch’ auf Lager, z.B.: „Mit der Hoffnungslosigkeit beginnt der wahre Optimismus. Der Optimismus dessen, der nichts erwartet“ (Sartre)

*

Carpe diem.

:wink:
marlies

Beitrag von marlies »

>>>Null Entwicklung<<<

so sind wir verdammt in alle Ewigkeit das zu sein was wir eigentlich verachten? Ad nauseum? Das 'Niedrige' 'Kriegerische' kommt heraus wenn wir entweder provoziert werden oder durch 'Erpressung' dazu verleitet werden, individuell oder als Ganzes (auch 'Pflicht zum Vaterland' rhetorik ist 'Erpressung'). Woher kommt der 'Ruf zur Waffe'? Etwas ausserhalb des threads ... I know ... but - Absolute power corrupts absolutely! Wie schon eher gesagt ... da haengt die Nadel auf der Schallplatte - irgendwo sind wir defekt wenn wir uns ueber dies nicht hinausentwickeln koennen.

Auch ich habe einen Spruch: 'Mit der Erkennung (Erkenntnis?) kommt die Besserung' (oder so aehnlich). Auch scheinbar unueberbrueckbare Mechanismen haben ihren 'failsafe' 'switch'. Auch unsere scheinbar unveraenderliche 'Natur' kann und wird sich im Laufe der Zeit aendern / aendern muessen, dafuer sorgen wir selber - wir graben die Falle so tief bis wir nicht mehr hinauskoennen, dann haben wir keine andere Wahl - entweder 'go the way of the Dodo' oder aendern und aus der Falle rausklettern. Wir sind nicht die erste Zivilisation die das erfuhr.

Zurueck zu Syberberg (obwohl diesda sehrwohl mit dem May-Gerlach-Lebius Dreieck zu tun hat) der Film ist ganz sicher eines der besten May-portrayals und die Szene mit Gerlach zur Treppe hinauf gab meiner eigenen Arbeit eine zusaetzliche Dimension -- was wiederum zeigt wie wichtig solch ein Forum ist. :wink:
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