Da geht es um Bewusstheit … in dem Zusammenhang ist auch der Satz „Das Karl-May-Problem ist das Menschheitsproblem“ zu verstehen … Er konnte in sich hineingucken, und daher auch in andere … denn wir sind ja alle aus denselben Stoffen zusammengesetzt, wenn auch in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen …Was sich in jedem Menschen vollzieht, ohne daß er es bemerkt oder auch nur ahnt, das vollzog sich in mir, indem ich es sah und hörte.
Viele würden indes diese Bewusstheit, wenn sie sie denn hätten, schwer aushalten … und gucken daher vorsichtshalber lieber gar nicht erst so genau hin … unbewußt … um nicht sehen, nicht spüren zu müssen …
ich machte diese Beobachtungen mit einer Objektivität und Kaltblütigkeit, als ob es sich nicht um mich selbst, sondern um einen ganz andern, mir vollständig fremden Menschen handle. Und ich lebte das gewöhnliche, alltägliche Leben ganz so, wie jede gesunde Person es lebt, die von derartigen psychologischen Vorgängen nicht angefochten wird.
(Wiedergeburt [vermutlich] nicht wörtlich zu nehmen)Ardistan gegen Dschinnistan […] die eingeborene menschliche Bestie gegen die Wiedergeburt, nach der jeder Sterbliche zu streben hat
Naja, das halten schon einige aus, aber die kompakte Majorität halt nicht … („Es können ja nicht alles kleine König Ödipusse sein“; herrliches Zitat eines [alters]weisen Gesprächspartners vor gut dreißig Jahren).Ob irgend Jemand an meiner Stelle das ausgehalten hätte, das weiß ich nicht, ich glaube es aber kaum.
Man kann May immer wieder neu und mit anderen Augen lesen … bei der ganzen Passage in „Mein Leben und Streben“ habe ich eben bei erneutem Lesen den Eindruck gehabt, es geht einfach um Bewusstsein, Bewusstheit, hingucken, verschiedene Anteile ... schwülstig überhöht mit pathetischen Worten (damit sind nicht die zitierten Stellen gemeint)… vielleicht letzteres (das 'Überhöhen') seitens May gar ganz bewusst, für die Galerie, und mit klammheimlichen Augenzwinkern ? („Des Schneiders Fluch“ usw. !)
Augenzwinkern soll nicht etwa heißen, er habe die Angelegenheit nicht ernst genommen … nur ob die moralsierenden Wertungen, mit denen er sie in besagter Passage herüberbringt, wirklich seinem Empfinden entsprachen, möchte ich bezweifeln.
Hitchcock wurde dieser Tage erwähnt, Stevenson … (von inneren & äußeren Werwölfen mal ganz abgesehen …) Solche gedanklichen Querverbindungen sind das Salz in der Suppe bei der Beschäftigung mit Karl May (u.a. …). Genre- und schubladenübergreifend.
Um solche Dinge (Bewusstheit, Abgründe, hingucken, wahrnehmen, akzeptieren, integrieren‚ 'überwinden' usw.) geht es übrigens in hohem Maße auch in den „Himmelsgedanken“, denen man durchaus „etwas abgewinnen“ (putziges Zitat von Ralf Schönbach auf S. 377 seines Reprintbandes) kann.